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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Autofahrt war schlimmer als jeder Drohbrief.
    Â»Wir können um den heiligen Ignaz froh sein«, seufzte die
Langsdorferin neben mir und klopfte mit den Fingern an die Autoscheibe, als
wüsste ich nicht, wann ich abzweigen musste. Ich stand schon mit laufendem
Motor vor ihrem Gartentürl, da erzählte sie noch von den ganzen angenehmen
Begleiterscheinungen des heiligen Ignaz, den richtigen Wunderheilungen. Die
Resi hatte so eine schwere Nebenhöhlenentzündung gehabt. Kaum war sie in der
Kirche gewesen – wie weggeblasen. Und die Rosl hatte über Stechen in der Brust
geklagt. Das war weg, wie’s Würstl vom Kraut. Ein einziger Gottesdienst plus
zwei Rosenkränze, schon war das Stechen in der Brust weg. Ich war kurz davor,
sie zu fragen, wieso das nicht viel früher passiert war, schließlich mussten
diese Knochen hier schon seit Jahrhunderten ihr Dasein fristen, wenn sie dem
heiligen Ignaz gehörten. Aber ich traute mich dann doch nicht, denn das war
bestimmt blasphemisch.
    Â»Wir müssen jetzt halt alle zusammenhalten«, hatte die Langsdorferin
gesagt, nachdem ich sie mit viel Ächzen und Stöhnen wieder aus meinem Auto
draußen hatte. Man hatte ihr deutlich angesehen, dass sie sich gerade dachte,
dass es eine Schande sei, was ich für ein Auto fahre. »Da muss halt dann jeder
mitmachen«, sagte sie noch sehr anzüglich, während ich ächzend ihr Gehwagerl aus
dem Auto wuchtete.
    Mitmachen. Ich war große Klasse in der Erfindung von Ausreden.
Vielleicht sollte ich mich jetzt, wo es dem Daschner so schlecht ging, wirklich
mal sozial engagieren. Während ich nach Hause fuhr, überlegte ich mir diverse
Möglichkeiten, mich in die Gemeinde einzubringen. Vielleicht sollte ich auch
Kuchen backen. Allerdings bestand die Gefahr, dass danach keiner mehr scharf
darauf war, dass ich mich einbrachte.
    Als ich in unsere Straße einbog, ärgerte ich mich darüber, nicht
aufs Mittagessen verzichtet zu haben. Ich hätte am liebsten wieder Gas gegeben,
aber die Sorge, meine Großmutter könnte irgendwelche Töpfe auf dem Herd haben,
ließ mich anhalten. Direkt vor unserem Gartentürl standen nämlich der Kreiter,
der Schmalzlwirt, der Loisl und der Troidl. Die steckten seit dem Knochenfund
ständig zusammen und heckten etwas aus. Wieso sie hier standen und mir
entgegensahen, wusste ich nicht, aber es war vollkommen klar, dass es nichts
Gutes bedeuten konnte.
    Ich versuchte mir einzureden, dass sich von denen sowieso keiner so
richtig mit mir unterhielt. Beim Kreiter zum Beispiel war das auch wirklich gut
so. Denn jedes Mal, also wirklich jedes Mal, schaffte er es nach kurzer Zeit,
dass ich dastand, als wäre ich blöd, ungebildet und frei von jedem gesunden
Menschenverstand. Das kann er so perfekt, einem die Worte im Mund verdrehen,
dass man sich nach fünf Minuten fragt, was er da redet, nach weiteren fünf
Minuten ist man sich nicht mehr sicher, was man selbst gesagt hat, und nach
spätestens den nächsten fünf Minuten ist man überzeugt davon, dass man wirklich
doof ist.
    Der Schmalzlwirt ist sozusagen der große Hemmschuh bei meinen
journalistischen Missionen, weil er mir gegenüber äußerst unkommunikativ ist
und ständig einen roten Kopf bekommt, wenn ich ihn etwas frage.
    Tja. Meine größte Sorge war aber der Troidl. Nicht, weil mich seine
Erzählungen so langweilten, sondern weil ich einfach ungern neben ihm zum
Stehen kam. Seit er älter wurde, bekam er am Hals nämlich so Falten. Und kaum
wusch man sich ein paar Wochen nicht, schon saß der schwarze Dreck da drin.
Wegschauen, könnte man empfehlen. Aber ums Hinschauen ging es weniger als um
den Geruch. Was so roch, wusste ich auch nicht. Entweder die ungewaschene
Wäsche. Oder die ungewaschene Haut. Oder. Na ja. So genau wollte ich das
eigentlich auch nicht wissen.
    Und über den Loisl brauchte man gleich gar nicht zu reden. Um mit
Großmutters Worten zu sprechen, er war ein b’suffans Waagscheitel.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als auf die vier zuzugehen, weil sie
wirklich direkt vor unserem Garten standen. Während ich sie betrachtete, kamen
mir die abstrusesten Gedanken. Irgendwie schon komisch, wie sehr die sich in
die Heilige-Knochen-Theorie verrannten. Und das ganz ohne zu wissen, ob es
wirklich alte Knochen waren. Könnte ja auch ein verrückter Fremder sein, der
zufällig im Orgelaufgang gelandet war. Wenn man

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