Und bitte für uns Sünder
aus, als würde sie sich denken, jetzt, wo der alte
Bürgermeister weg ist, da hätten sie auch wieder mehr Zeit, um einmal gründlich
die Kirche zu putzen.
»Dass die ihn ned eingâsperrt ham«, schlug sie vor. »Das is ja wohl
klar, dass er weg ist. Man kann ja ned ewig aufpassen.«
»Vielleicht ist er ja entführt worden«, schlug ich vor. »Bestimmt
werden sie jetzt erpresst.«
»So ein Schmarrn«, behauptete GroÃmutter. »Kein Mensch entführt
jemanden, der Alzheimer hat.«
»Vielleicht wurde er doch ermordet«, machte ich einfach weiter. »Von
demselben, der den Knochenkistlmann ermordet hat.«
Ein Serienmörder. Bei diesem Mordfall würde der Schorsch einen
Profiler anfordern müssen.
»Ah, geh«, sagte GroÃmutter und sah wieder in ihre
Bedienungsanleitung.
»Wieso ah, geh? Vielleicht war es ja die Ernsdorferin, die hatte es
ohnehin schon lange satt, ihren Schwiegervater zu pflegen.« Man musste nur dran
denken, wie empört sie über die Rentenerhöhung gesprochen hatte. Da lag ein
Mord ganz nahe.
»Ah, geh«, GroÃmutter schnalzte mit der Zunge. »Den hat gar keiner
ermordet. Der hat sich halt nimmer ausâkennt.«
Und dann haben sie ihn ermordet. Genau meine Rede.
»Und pass auf, dass dâ nicht an meinen Energiekegel hinrumpelst«,
empfahl sie mir noch. »Der war teuer.«
Energiekegel? Kraftlos sackte ich in mich zusammen.
»Was ist das denn, ein Energiekegel?«, murrte ich schlechtlaunig.
»Da sind Edelsteine drin«, behauptete GroÃmutter. »Und ganz viel
Energie vom Astro-Gabriel.«
Astro-Gabriel. Was das nur wieder für ein Schmarrn war.
»Und für was soll das gut sein?«
»Sind dir noch nie diese weiÃen Streifen am Himmel aufgâfallen?«,
wollte GroÃmutter wissen. »Die sind ganz schlecht für die Gesundheit. Und wenn
man den Energiekegel aufstellt, dann vergehen die.«
»Die Kondensstreifen, von den Flugzeugen?«, fragte ich resigniert.
»Und wenn die Ernsdorferin so einen Energiekegel gehabt hätte, dann
wär ihr Mann bestimmt nicht weg.«
Oder er wäre schon lange weg.
»Des wird uns noch lang nachhängen«, erklärte GroÃmutter mit
Grabesstimme. »Des nimmt kei gutâs End ned.«
Kapitel 4
Bevor ich wieder in die Arbeit ging, drehte ich noch eine
Gassirunde im Dorf, und zwar im Eiltempo. Nicht dass ich aus Versehen auf den
Ernsdorfer stieÃ.
Nach hundert Metern kam mir ein daytonagrauer Audi entgegen. Max! Er
blieb neben mir stehen und lieà sein Seitenfenster herunter.
»Na, Holde«, sagte er mit einem breiten Lächeln, »hast du gerade was
vor?«
Ich versuchte mich an einem Schlafzimmerblick und blinkerte ein
wenig mit den Augen.
»Ich lasse mich gerne überzeugen«, erklärte ich und sah mich
vorsichtshalber um, nicht dass GroÃmutter hinter mir stand.
»Okay«, nickte er begeistert. »Gehst du mit mir eine Leberkässemmel
essen?«
Oje. Ich hatte an etwas ganz anderes gedacht.
»Eine Gratis-Leberkässemmel«, köderte er mich, »und du sagst mir â¦Â«
»Was?«, fragte ich misstrauisch.
»Du übersetzt?«, schlug er vor und grinste.
Ich lieà mich breitschlagen. Ich hatte zwar eben erst gegessen, aber
ich wollte verhindern, dass sich Max so richtig blamierte. Erst kürzlich hatte
er angefangen, gelegentlich bayerische Wörter in sein Vokabular einzubauen. Das
war vielleicht peinlich. Ich hatte ihn hin und wieder unter dem Tisch getreten,
damit er aufhörte, in seinem eigenen Interesse.
Der Laden war total leer, was für eine Befragung ein bisschen
ungünstig war. Aber da ihm sowieso keiner etwas erzählt hätte, war es egal, wie
viele Leute hier herumstanden.
»Und? Habts ihn schon?«, wollte der Metzger wissen, sah Max aber
nicht direkt an, sondern sortierte die Beinscheiben um.
»Gefunden. Den Ernsdorfer«, flüsterte ich und unterdrückte ein
Grinsen.
»Nein. Leider«, gab Max etwas zerknirscht zu.
»Mei. Der alte Ernsdorfer«, sagte die Metzgerin mit einem
freundlichen Lächeln, »der hat sich halt im Wald vergangen. Da braucht man doch
nicht die Kripo belästigen.«
Max bekam riesige Augen. Ich versuchte ihm mit Augenblinkern
klarzumachen, dass der Ernsdorfer kein Kinderschänder sei.
»Ihr habts doch eh so viel zu tun«, schmeichelte sie sich ein.
»Verlaufen«,
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