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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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flüsterte ich schließlich, als er noch immer nichts
kapierte. »Er hat sich verlaufen.«
    Â»Ach so«, sagte Max schließlich heldenhaft. »Er hat sich verlaufen.«
    Â»Na ja. G’laufen is der nimmer«, widersprach der Metzger. »Der ist
ja so langsam gangen, dass d’ gemeint hast, der fällt rücklings um.«
    Max sah verzweifelt aus.
    Â»Seit er so krank worden ist, ist er halt die letzten Jahr richtig
zamgangen«, fügte die Metzgerin erklärend hinzu. »Mit dem Parkinson ist das
halt ein rechtes Kreuz.«
    Und mit denen Preißn, die nichts verstanden, auch. Wie übersetzte
man denn, dass jemand »zusammengegangen« ist. Eingelaufen? Geschrumpft?
    Â»Frühers, da hat der g’fressen wie ein Schlauderer. Aber dann war’s
halt aus mit dem Appetit«, schmückte der Metzger aus. Genau gesagt klang es
mehr nach Appatit, vielleicht weil er für Max etwas hochdeutscher sprechen
wollte.
    Â»Nicht so wichtig«, erklärte ich Max. »Der Ernsdorfer, der war halt
krank.«
    Die Metzgerin sah wirklich böse aus, dass ich ihre Aussagen so unter
den Tisch kehrte. Und Max sah auch ein bisschen böse aus, weil ich so wenig
engagiert übersetzte.
    Â»Und die Ernsdorfers, die haben ja so aufpasst. Dass nix is«, fügte
die Metzgerin hinzu.
    Â»Wie die Haftlmacher ham die aufpasst«, nickte der Metzger.
    Â»Die haben ständig ihren Opa bewacht«, erklärte ich. Oder mit
Pornoheftln ruhiggestellt.
    Â»Des kannst doch ned gneißen, dass so ein alter Mann abhaut«,
bestätigte die Metzgerin.
    Â»Das kann man ja nicht ahnen, dass sich so jemand vom Acker macht«,
erklärte ich und fügte schnell hinzu: »Zwei Leberkässemmeln«, bevor Max auf
Bayerisch bestellen konnte, und verbesserte mich dann schnell: »Vier …«
    Â»Und die Knochen, von wem sind die jetzt?«, bohrte die Metzgerin
nach. Ich spitzte die Ohren. Wenn ich das gefragt hätte, hätte mich Max nur
geküsst und mir schweinische Sachen ins Ohr geflüstert. Ich hoffte für ihn,
dass er das Gleiche nicht mit der Metzgerin machte.
    Â»Den Sektionsbericht haben wir noch nicht«, wich Max aus. Dumme
Ausrede. Bestimmt hatte er schon inoffiziell etwas von dem Rechtsmediziner
gehört. Der hatte ihm vielleicht schon längst gesteckt, dass der Ernsdorfer und
der Knochenkistlmensch von demselben fiesen Serienmörder umgebracht worden
waren.
    Eine Weile starrte ich schweigend auf die Leberkässemmeln.
    Ein Serienmörder. Vielleicht musste ich mich doch auf diese
Möglichkeit konzentrieren. Ein Serienmörder in unserem friedlichen kleinen
Dorf.
    Die Metzgerin sah unzufrieden aus, vielleicht, weil ich so unhöflich
auf die Semmeln starrte.
    Â»Ist denn in den letzten Jahren jemand verschwunden?«, wollte Max
wissen.
    Â»Bei uns, da verschwindt gar nix«, antwortete der Metzger undeutlich
und warf mir einen bösen Blick zu.
    Â»Bei uns verschwindet niemand«, übersetzte ich, während Max mir nur
einen schrägen Blick zuwarf, der sagen sollte, dass er ja nicht komplett
bescheuert sei.
    Â»Die Frau vom Xaver«, räumte die Metzgerin ein, und jetzt galt der
böse Blick des Metzgers ihr. »Na, ist doch wahr«, verteidigte sie sich. »Plötzlich
war s’ weg.«
    Aber wenn man mit dem Troidl Xaver und seinem aus dem Leim gehenden
Schuhkastl zusammenleben musste, dann war das die einzig richtige Entscheidung.
Wenn man nicht in der Nervenheilanstalt landen wollte. Seit ich bei meinen
Ermittlungen im Organistenmordfall beim Troidl zu Hause gewesen war, hatte ich
verstärkt den Eindruck, dass er sein ganzes mieses Karma deutlich verbessern
könnte, wenn er sich von diesem alten, grässlichen Schuhkastl trennen würde.
    Â»Die Frau vom Xaver«, wiederholte Max zögernd und sah wieder mich
an.
    Â»Troidl«, erklärte ich.
    Â»Die ist aber nicht als vermisst gemeldet«, wandte er ein.
    Die vermisste ja auch niemand.
    Â»Die ist durchgebrannt«, erklärte der Metzger böse. »Mit so einem
G’schwollschädel.«
    Â»Ein … ähm … Großkopferter«, übersetzte ich, was zwar kein
Hochdeutsch war, aber um das Wort einem Preißn zu erklären, hätte ich einen
Schulaufsatz schreiben müssen. »… ein G’schwollschädel halt.«
    Â»Einem Sänger«, widersprach die Metzgerin, »oder einem Dichter. Des
war kein

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