Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
näher darüber nachdachte,
musste man fast zu dem Schluss kommen, dass die vier irgendetwas mit den
Knochen zu tun und vor allem etwas zu verbergen hatten. Etwas ganz Schlimmes,
so wie sie sich in letzter Zeit reinhängten. Vielleicht hatten sie jemanden
umgebracht und in den Orgelaufgang gestellt. Und jetzt vertuschten sie das
alles und behaupteten, es wären heilige Knochen. Je mehr man das den Leuten
einredete, desto unauffälliger. Meist war das ja ein Selbstläufer. Kaum waren
alle Rosenkranztanten überzeugt von den heiligen Knochen, schon fiel ihnen ein,
dass die Knochenkiste da schon immer gestanden haben musste.
    Vielleicht fanden sie mich auch nur zu neugierig, schrieben hin und
wieder einen anonymen Brief, um mich dann ganz unkompliziert im Biotop vom
Kreiter zu ersäufen. Ich hatte plötzlich irrsinnig viel Spucke im Mund. Wie ich
meinen Hund kannte, würde er sich lieber verdrücken, als mir beizustehen, während
ich umgebracht wurde.
    Â»Wie war jetzt des genau?«, empfing mich der Kreiter gleich mit
einer Frage, ohne sich mit lästigen Begrüßungen aufzuhalten. »Mit dene
Knochen?«
    Â»Genau?«, fragte ich. Ich hatte so viel Spucke im Mund, dass ich
nicht mehr als ein Wort hervorbrachte. Hatte ich es doch gewusst! Sie lauerten
mir hier auf, um herauszubringen, ob ich ihnen bereits auf die Schliche
gekommen war. Wenn ich heil aus dieser Sache herauskommen wollte, dann durfte
ich nichts zugeben.
    Â»Ja. Wie du sie g’sehn hast, ’s erste Mal.«
    Ein weiteres Mal hatte ich sie nicht zu Gesicht bekommen. Und das
Einzige, was mir in lebhafter Erinnerung war, war mein Steißbein, das
»sakrisch« wehgetan hatte, um mit den Worten vom Schmalzlwirt zu sprechen. Ich
hatte als Erstes gar keine Luft gekriegt.
    Und dann die Arbeit, diese ganzen kleinen Knöchelchen einzusammeln.
Und die Rosl, die dumme Kuh, die gar keine Anstalten gemacht hatte, uns zu
helfen, daran konnte ich mich blendend erinnern.
    Â»Haben die Knochen vielleicht geleuchtet?«, fragte der Schmalzlwirt.
    Â»Geleuchtet?« Seit wann leuchten denn Knochen? Ich war so verblüfft,
dass ich wieder schlucken konnte.
    Â»Blau vielleicht?«, setzte der Loisl hinzu, und alle sahen ihn
kopfschüttelnd an.
    Â»Da hat nix geleuchtet«, sagte ich fest, und bis jetzt kapierte ich
auch nicht, was sie von mir wollten.
    Â»Vielleicht ja doch. Ein bisserl«, sagten der Kreiter und der
Schmalzlwirt unisono.
    Â»Vielleicht hatte die Großmutter eine Eingebung. Grad in dem
Moment«, schlug der Troidl vor. Alle sahen mich erwartungsfroh an.
    Â»Nein. Hatte sie nicht«, antwortete ich böse, plötzlich frei von
jeder Angst.
    Die einzige Eingebung hatte nämlich ich gehabt. Und zwar, dass es
das Beste gewesen wäre, die Kiste mit den Knochen gleich wieder ungeöffnet
hinter die Erntedankkrone zu schieben. Dann hätten wir das ganze Schlamassel
nämlich nicht.
    Â»Aber sagen könntest es doch«, schlugen mir der Kreiter und der
Schmalzlwirt unisono vor.
    Â»Des hat halt ein bisserl geschimmert«, erklärte der Kreiter.
    Â»Durch die Ritzen von dem Kistl durch«, setzte der Schmalzlwirt
dazu. »So ein bisserl orange. Und da hast du dir denkt …«
    Nur nicht aufmachen, hätte ich mir gedacht.
    Â»Und dann hatte deine Großmutter eine Eingebung«, sagte der Troidl
zufrieden.
    Â»Eingebung«, wiederholte ich wie ein Papagei. Wem sollte ich denn so
einen Schmarrn erzählen? Kein Mensch bekam eine Eingebung beim Anblick eines
alten Kistls. Und jeder, dem ich von orange oder blau leuchtenden Knochen
erzählen würde, würde mich für komplett verrückt halten.
    Â»Und da sah sie den heiligen Ignaz«, erklärte der Kreiter mit viel
Pathos. »… wie er …« Er runzelte die Stirn, weil ihm auf die Schnelle nichts zu
der Eingebung einfiel und weil er sowieso sehr wenig Ahnung von Eingebungen
hatte.
    Der Schmalzlwirt grinste breit. »Da stand er dann, der heilige
Ignaz, genau vor dem Altar unserer Kirche, mit ausgebreiteten Armen,
raufg’schaut hat er, zum Himmel …«
    Â»Und dann hat er gerufen«, fügte der Kreiter hinzu.
    Â»Ihr spinnts ja«, sagte ich böse. »Wir haben gar nicht bis zum Altar
hingesehen. Und den heiligen Ignaz hat die Oma sowieso noch nie gesehen.«
    Großmutter sah nämlich bei ihren Eingebungen grundsätzlich nie
irgendwelche Personen. Wenn, dann hörte

Weitere Kostenlose Bücher