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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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total paranoid an
Massenmörder geglaubt hatte. Ich zog meinen Notizblock aus der großen
Umhängetasche. Der Serienmörder. Ein Knochenkistl-Serienmörder. Aber das wollte
ich unbedingt noch zurückhalten, bis ich zumindest den Hauch eines Beweises für
meine Vermutung hatte.
    Â»Vielleicht war’s der Moosbauer«, sagte Großmutter undeutlich und
kam mit einer Packung Nudeln zurück in die Küche.
    Mein Stift, der schon über dem Papier geschwebt hatte, sank
entkräftet auf die Tischplatte. Endlich hatte ich ein akzeptables Thema für
einen Artikel zugeteilt bekommen, und dann erzählte mir Großmutter so einen
Krampf. Ich malte einen wirren Kreisel auf das Stück Papier vor mir. Vermutlich
war meine Serienmörderidee der gleiche Quatsch wie der Moosbauer.
    Â»Und wer bittschön ist der Moosbauer?«
    Â»Na ja, du weißt schon. Der da in der Kurve wohnt, dort beim Stangl.
Dem sein Enkel hat mich immer mitg’nommen, wenn ich in die Stadt g’musst hab.«
    Â»Welche Kurve?« Und welcher Stangl?
    Â»Na ja, wennst rausfährst und dann kurz bevor du abbiegen musst.«
    Prima Beschreibung.
    Â»Da, wo halt der Rosl ihr Opa g’wohnt hat. Weißt doch. Da in der
Kurve.«
    Â»Nein«, gab ich zu.
    Â»Ah geh. Du kennst doch der Rosl ihren Opa.«
    Nein. Dafür war ich hundert Jahre zu jung.
    Â»Was ist jetzt mit dem Moosbauer?«
    Â»Na ja, der hat allaweil so g’schaut. Als wär er nicht ganz normal.«
    Â»Und mit dem bist du mitg’fahren?«, wollte ich streng wissen.
    Â»Nein. Nicht mit dem Moosbauer, sondern mit dem Buben vom
Moosbauer.«
    Â»Aber der Moosbauer ist doch dann bestimmt schon zweihundert Jahre
alt«, wandte ich verzweifelt ein.
    Â»Ah geh. Der ist doch ned zweihundert. Der ist halt dreißig Jahr
älter als ich.«
    Eben.
    Â»Und der hat so g’schaut«, wiederholte sie sich. »Da müsstest nur
nachschauen, bei dem Moosbauer.«
    Ich sagte gar nichts mehr.
    Â»Wenn du’s nicht machst, dann mach’s halt ich«, erbot sie sich.
    Â»Nicht nötig«, widersprach ich. »Ich schau dann schon nach. Was
willst du denn mit den Nudeln?«, fragte ich misstrauisch. »Ich dachte, es gibt
Suppe?«
    Großmutter warf mir einen bösen Blick zu. »Weilst mich halt
stocknarrisch machst, mit deiner ständigen Fragerei.« Sie verschwand wieder in
der Speisekammer.
    Tolle Fragerei, wenn man lediglich erfuhr, dass es in der Steinzeit
mal einen Kerl gegeben hatte, der durchgeknallt gewesen war. Wenn ich halt
etwas Anständiges herausbekäme, beispielsweise, dass der Ernsdorfer schwul ist.
Und außerdem Bestechungsgelder kassiert hat, vom Schmalzlwirt zum Beispiel.
Damit jede Gemeinderatssitzung nur beim Schmalzlwirt stattfand.
    Hm.
    Andererseits war der Schmalzl unser einziger Wirt, und sich woanders
die Birne zuzudröhnen war etwas schwierig, besonders, wenn man sich hinterher
nicht mehr in der Lage sah, mit dem Auto nach Hause zu fahren.
    Â»Und was anderes fällt dir nicht ein?«, fragte ich lautstark nach,
weil Großmutter immer noch in der Speisekammer war.
    Â»Der alte Ernsdorfer, der war ja in der Politik, so als
Bürgermeister«, erläuterte sie weiter, als sie wieder in die Küche kam.
Schwupps, drehte sie den Herd wieder auf volle Pulle. »Da ist man schnell
unbequem für alle möglichen Leut.«
    Hm. Das klang logisch. Der Ernsdorfer hatte sich nämlich seinerzeit
für eine Müllverbrennungsanlage starkgemacht, direkt dort, wo der Loisl seine
Felder hat. Wenn man bei den Unkrautbrachen überhaupt von Feldern sprechen
mochte.
    Â»Ich kann des schon auch machen«, erklärte sie mir, »zum Moosbauer
gehen und dem ein bisserl auf den Zahn fühlen. Wenn dir des hilft. Für deine
Zeitungsg’schichten.«
    Oje. Konnte sie nicht weiter an den KGB glauben? Es war viel einfacher, wenn sie mir erläuterte, dass eine geplante
Müllverbrennungsanlage auf den Loislschen Feldern den Vorläufer von mobilen
Raketenrampen darstellte. Damit konnte ich richtig gut umgehen. Aber
stattdessen so ein Krampf mit dem über hundertjährigen Moosbauer – wer auch
immer das sein mochte –, der vielleicht den fünfundachtzigjährigen Ernsdorfer
entführt haben könnte.
    Vor allem musste ich verhindern, dass Großmutter aus lauter
Hilfsbereitschaft zu ermitteln begann.
    Â»Wennst mich brauchst«, sagte Großmutter

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