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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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der Fensterscheibe. Immerhin, ich
wirkte nicht allzu sehr verstümmelt. Ich konnte durchaus heute noch ein Date
mit meinem Schatz ausmachen. Vielleicht musste ich mir noch dreimal die Haare
waschen, damit ich nicht nach dem Standard-Bärbel-Haarfestiger roch und mir die
Haare nicht ständig wie elektrisiert abstanden. Aber sonst gab es keine
weiteren Verluste.
    Bärbel beobachtete mich grimmig hinter der Fensterscheibe. Nun gut.
In den nächsten fünf Jahren würde ich hier nicht wieder als Kundin auftauchen.
Und bis dahin hatte sie hoffentlich vergessen, dass ich mich nicht ihrem
Modediktat zu beugen gedachte.
    Die kurze Stippvisite in der Redaktion war ziemlich unerfreulich
gewesen. Mein Chef fand, dass ich mich jetzt mit Hochdruck um die
Ernsdorfer-Hintergrundstory kümmern sollte. Und der Kare konnte sich gar nicht
beruhigen, weil er es so unglaublich lustig fand, dass am Mittwoch ein Artikel
über die Ernsdorfer-Suche in der Zeitung zu finden war, wo doch die Suche schon
am Samstag stattgefunden hatte.
    Â»Vielleicht solltest den Wetterbericht schreiben«, schlug er mir
vor. »Das ist dann zwar keine Vorhersage mehr, wenn das Wetter vom Dienstag am
Donnerstag drinsteht …« Er hatte sich gar nicht mehr einkriegen können über
diesen tollen Witz.
    Â»Und, was hat jetzt der Ernsdorfer g’sagt?«, wollte er noch wissen.
Danach hatte ich beschlossen, dass mich ein Gericht bestimmt freisprechen
würde, wenn ich dem Kare in dieser Situation einen Stuhl über den Kopf zog.
Stattdessen entschloss ich mich, einfach irgendjemand zu interviewen und danach
zu Hause wieder einmal nach dem Rechten zu sehen. Zornig packte ich meine
Umhängetasche.
    Als ich sah, dass Max gerade vor der Metzgerei einparkte,
überkam mich ein plötzliches Verlangen nach Bierschinken, und ich stellte mein
Auto direkt neben seins.
    Â»Hallo, meine Süße«, sagte er und gab mir einen herzhaften Kuss auf
die Lippen. »Nach was riechst du denn so penetrant?«
    Bärbels Haarfestiger. In meinem Bauch begann es zu kribbeln, weil
seine Lippen ein paar Sekunden zu lange auf meinen blieben.
    Â»So riechen Frauen, die in ihrem Job was vorwärtsbringen«,
behauptete ich. Immerhin wusste ich jetzt von dem Ernsdorfer-Gutschein, was
auch immer das heißen mochte. »Und nach was riechst du?«, fragte ich nach.
    Â»Leberkässemmel«, sagte er ganz routiniert bayerisch.
    Ich verdrehte die Augen und deutete mit meinem Kopf zur Metzgerei.
»Der Informationsgehalt da drinnen ist gerade überdurchschnittlich hoch. Vielleicht
solltest du noch ein paar mehr essen.«
    Â»Ja, das hatte ich vor. Ich habe schließlich dazugelernt«, gab er
grinsend zu verstehen.
    Sehr gut. Ein voller Bauch war prinzipiell kein Grund zum
Schwächeln, wenn man vor einer Metzgerei stand, und vor allem nicht, wenn die
Rosl, die Langsdorferin und die Kathl dort gerade einkauften.
    Â»Und, wisst ihr schon, wer der Knochenkistlmann ist?«, bohrte ich
weiter.
    Er schüttelte den Kopf und legte mir kurz den Arm um die Hüfte.
    Â»Und den Ernsdorfer?«, fragte ich ungeniert, da er gerade abgelenkt
war. »Habt ihr den schon gefunden?«
    Â»Auch nicht«, flüsterte er mir ins Ohr, während seine Hand auf
meinem Hintern blieb.
    Â»Vielleicht liegt der bald auch in einer Knochenkiste«, schlug ich
liebenswürdig vor. »Hattest du nicht mal vor, dich profilermäßig fortzubilden?«
Dann könnten wir vielleicht herausbekommen, ob das ein Serienmörder war oder
nicht.
    Hatte er natürlich nicht. Bevor ich nur noch ans Küssen denken
konnte, drückte ich die Tür zur Metzgerei auf.
    Â»Den finden die eh nicht mehr«, erklärte die Rosl gerade sehr
bestimmt, als wir die Tür aufdrückten. »Der ist doch schon lange tot.«
    Ich warf Max einen bedeutungsvollen Blick zu.
    Â»Wennst mich fragst, die Ernsdorfers, denen hat’s halt einfach
gereicht. Und dann …«
    Sie unterbrach sich selbst und drehte sich zu uns um. Schade. Jetzt
hatte sie Max gesehen und wollte bestimmt nichts mehr sagen.
    Â»Scharfrichter gibt ihm Busserl …«, sagte sie nur noch
bedeutungsvoll. Ich kannte den Rest des Satzes, der ging nämlich so weiter:
steckt den Kopf zum Schlingerl rein. Und vom Henker einen Kuss zu bekommen war
eine unangenehme Sache. Diese Möglichkeit hatte ich mir noch gar nicht so genau
überlegt – dass die Ernsdorfers den alten

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