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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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nicht einmal wissen, ob es der heilige Ignaz ist.«
    Â»Die hängen die Bayern-Fahne wegen dem Ignaz raus?«, fragte ich
fassungslos und wusste in dem Moment, dass sämtliche Rosenkranztanten, außer
der Kathl und der Großmutter, ihre gebügelten Vatikanfahnen in den
Geranienkästen stecken hatten. Nur der Loisl hatte vermutlich die Nerven, eine
Fahne mit Bierwerbung rauszuhängen. Aber eigentlich alles ganz logisch.
Schließlich war es die ganze Zeit um Bierfilzln gegangen, da konnte man dem
Loisl natürlich nicht begreiflich machen, wieso man eine Vatikanfahne zum
Fenster raushängen musste. Im nächsten Moment bereute ich schon die Frage.
Nicht, dass jemand mitbekam, dass ich schon wieder neugierig war.
    Â»Ah geh«, sagte die Kathl, genau wie es meine Großmutter gesagt
hätte. »Doch nicht wegen dem Ignaz. Sondern wegen diesem Pro Sieben.«
    Pro Sieben? Was hatte ein Fernsehsender mit dem Vatikan zu tun?
    Â»Die kommen doch heute. Und dann gibt’s beim Schmalzlwirt eine
Pressekonferenz.«
    Eine heilige Pressekonferenz, das war ja unglaublich. Immerhin hatte
ich jetzt verstanden, was die Anweisungen vom Kreiter, dem Schmalzlwirt und dem
Troidl hatten bezwecken sollen. Wenn die Knochen schon einmal geleuchtet
hatten, konnte man denen vom Fernsehen eine schöne Geschichte erzählen. Einfach
nur Knochen hinter der Erntedankkrone, das war schon etwas mickrig.
    Aber wieso wusste ich nichts davon? Eigentlich hätte ich das in der
Redaktion erfahren müssen. Der Kare, dieser Sack. Die coolen Aufträge an Land
ziehen und mir nichts davon erzählen! Ich beschloss, dass ich zu Recht extrem
beleidigt war. Vielleicht sollte ich mir wirklich überlegen, den Beruf zu
wechseln. Oder mir wenigstens vom Kare Tipps geben lassen, wie man es schafft,
seine Kollegen derart über den Tisch zu ziehen.
    Es war irrsinnig leise. So fern von menschlichen Geräuschen,
dass ich für einige Zeit meinte, ich wäre allein auf der Welt oder zumindest
hier im Wald. Ich setzte mich auf meine Tasche und hörte das Geräusch eines
zerbrechenden Kugelschreibers. Aber es war mir egal, denn die Sonne schien mir
warm ins Gesicht. Ich blinzelte mit halb geöffneten Lidern in die Sonne. Das war
bestimmt gesund, da schüttete man bestimmt jede Menge Endorphine aus und
bildete Vitamine. Und Stoffe, die gegen Depressionen halfen.
Stimmungsaufhellende Mittel hatte ich momentan wirklich nötig. Allein der
Gedanke an die von Pro Sieben verbrauchte schon alle Endorphine, die mein
Körper auf Lager hatte. Und wenn man in einem Dorf lebt, wo die Hälfte der
Bevölkerung spinnt und noch dazu will, dass man selbst mitmacht, braucht man
mehr Endorphine, als man an einem Sonnentag produzieren kann.
    Ich kniff die Augen zusammen, bis ich nur noch regenbogenfarbige
Strahlen sah, die sich zur Sonne bündelten und sich vor meinen Augen bunt
auffächerten und einen dichten strahlenden Vorhang bildeten. Wenn man dann eine
Weile saß, merkte man, dass man doch nicht alleine war. Man hörte irgendeine
Kröte rufen. Ein einsamer Spinnenfaden wehte neben mir im Wind.
    Hier im Wald saß ich gerne, da hatte ich auch fast keine Angst. Ich
schaute mich zwar bei jedem Knacksen um, ob hinter mir der nächste anonyme
Brief lag. Oder irgendein größeres totes Tier. Oder der Ernsdorfer.
    Fast noch schlimmer war die Vorstellung, durch unseren Ort zu
schleichen, so ganz ohne Fahne war man der totale Außenseiter. Nicht einmal
meine alte Sinalco-Fahne hatte ich dabei.
    Aber ich wollte meine Gedanken nicht mit so etwas vergeuden. Die
Knochen waren bestimmt nicht heilig. Viel dringender war das Problem mit dem
Serienmörder. Und so bedeckt, wie sich Max bezüglich der Knochen hielt, hatte
das bestimmt etwas zu bedeuten. Denn sie wussten sicher schon einiges. Auch
wenn sie die Identität noch nicht geklärt hatten. Ich schloss eine Weile die
Augen und versuchte mir vorzustellen, was außer einem Serienmörder noch infrage
kam. Die Ernsdorfers hätten natürlich sozusagen das mit dem Knochenkistlmann
nutzen und so als Trittbrettfahrer ihren Opa um die Ecke bringen können. Das
ist jetzt eine gute Möglichkeit, hat vielleicht die Ernsdorferin gesagt. Da
meint dann die Polizei, dass irgendein Serienmörder am Werk ist.
    Ich starrte böse auf den gelben Huflattich neben mir. Direkt daneben
lag Marderscheiße. Igitt, hätte Anneliese jetzt gesagt. Stell dir das vor.

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