Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
Wir
sitzen da bestimmt drinnen. In Marderscheiße.
    Und apropos Marderscheiße, hatte der Drohbrief wirklich mit den
aktuellen Geschehnissen zu tun? Der Mörder hatte halt gar keine Lust, dass ihn
irgendwelche Journalistinnen verfolgten und all seine Pläne auffliegen ließen.
Wenn also die Ernsdorfers ihren Opa umgebracht hatten, dann hatten sie bestimmt
auch den Drohbrief geschrieben. Ein bisschen eigenartig, dass die so eine
schlechte Rechtschreibung hatten. Aber vielleicht war das auch die beste
Tarnung überhaupt. Bestimmt hat der Ernsdorfer zu seiner Frau gesagt, kleb noch
ein h rein, dass jeder meint, den Brief hat ein
Blödl geschrieben.
    Ich würde mich jedenfalls nicht von so einem blöden Drohbrief
beeinflussen lassen. Einen Pfiefkaas werd ich machen, würde der Schmalzl sagen.
Ich lass mir doch ned sagen, was ich tun darf und was ned! Und das würde ich
auch nicht machen!
    Ich starrte weiter auf die Hinterlassenschaften des Marders. Obwohl
jedes Stück Marderscheiße bestimmt angenehmer war, als in einem Ort mit dem
Schmalzl, dem Kreiter und dem Metzger zu wohnen, die seit den Knochen
anscheinend komplett durchgeknallt waren.
    Ich kniff wieder einmal die Augen zusammen. Eigentlich glaubte ich
nämlich nicht, dass sie durchgeknallt waren. Normalerweise waren die vier
ausgesprochen bodenständig, vernünftig und frei jeder religiösen Eingebung.
Deswegen war es auch ganz schön gruselig, mit anzuhören, was sie sich
knochenkistlmäßig ausdachten.
    Ich blieb so lange sitzen, bis mein Popo kalt war und ich um meine
Mutterbänder und meine Blase bangen musste. Dann packte ich meine Tasche und
ging durch das Gestrüpp zurück auf den Weg. Die schräge Sonne beleuchtete eine
Truppe Mückenmännchen, die ihr wohlgeordnetes Ballett ausführten. Immer hinauf
und hinunter, wie winzige Lichtpunkte in einem dunklen Wald. Bestimmt total
sexy für so Mückenweibchen.
    Während ich zwischen den Mücken dahinstapfte, die sich nur träge ein
paar Zentimeter wegbequemten, schwirrten noch Heiligenideen durch meinen Kopf.
Wunderheilungen. Marienerscheinungen. Die Rosl hatte in letzter Zeit nämlich
mehr Marienerscheinungen als notwendig. Vielleicht als Ausgleich zu dem ganzen
Ignaz-Gerede.
    Etwas verwirrt blieb ich einen Augenblick stehen. Komischerweise
hatte Großmutter keine Gotteseingebung. Stattdessen hatte sie in letzter Zeit
immer ihre steile Stirnfalte.
    Â»So ein Schmarrn«, hatte sie schon öfter mürrisch gesagt. »Des wird
ein Heiliger g’wesen sein.«
    Ich ging weiter, ebenfalls mit einer steilen Stirnfalte, auch wenn
ich dadurch meiner Großmutter immer ähnlicher wurde. Großmutter war unglaublich
anfällig für Heilige, Wallfahrten und Gebeine jeder Art. Und um ehrlich zu
sein, beunruhigte es mich, dass sie so negativ auf den Heiligenfund reagierte.
Mal abgesehen davon, dass sie es bestimmt lieber gesehen hätte, wenn wir nicht
um die heiligen Knochen gestritten und sie im ganzen Orgelaufgang verteilt
hätten. Das hatte vielleicht gedauert, bis wir die ganzen kleinen Fingerknöchelchen
eingesammelt hatten. Ich möchte lieber nicht wissen, wie viele heilige
Knöchelchen noch unter der Erntedankkrone lagen.
    Wochenende. Jetzt war aber erst einmal Wochenende. Und die vom
Fernsehen würde ich ignorieren.
    So ganz stellte sich das Wochenendgefühl allerdings nicht ein,
denn kurz bevor ich in unsere Straße einbiegen konnte, sah ich dort die alte
und die junge Ernsdorferin stehen und erregt miteinander reden. Die zwei wollte
ich jetzt einmal gar nicht treffen. Allerdings wollte ich auch nach Hause. Ich
blieb erst stehen und beobachtete die zwei, aber sie hatten anscheinend keine
Lust weiterzugehen. Ich schwang mein Bein über den Gartenzaun vom Laschinger.
Der war das nämlich gewöhnt, dass ich bei ihm in den Garten einstieg. Da kam
man ganz einfach vom Garten der Laschingers in den Garten von Reisingers und
von dort direkt zu unserem Komposthaufen. Tief in der Hocke watschelte ich im
Entengang hinter der Thujenhecke der Laschingers entlang, bis ich so nahe an
den Ernsdorfers dran war, dass ich ihnen zuhören konnte.
    Â»Nein, des sag ich ihnen jetzt«, sagte die Ernsdorferin böse. »Die
meinen, sie können mit uns machen, was sie wollen.«
    Â»Ah, geh, Mama«, sagte ihre Schwiegertochter verzweifelt.
    Diese Verzweiflung kannte ich. Die bekam ich nämlich immer, wenn
Großmutter

Weitere Kostenlose Bücher