Und bitte für uns Sünder
Schaukel.
Die gabâs auch noch.
»WeiÃt du jetzt schon, wer der im Kistl ist?«, fragte GroÃmutter,
während sie wieder Richtung Haus ging.
Was für eine selten dumme Frage. Hatte sie noch nicht mitbekommen,
dass ich erst wusste, was die Polizei herausbekommen hatte, wenn es alle in der
Metzgerei, beim Friseur und beim Bäcker wussten?
»Nein«, erwiderte ich ärgerlich. Das war eines der Hauptprobleme in
meiner Beziehung. Dass Max der Meinung war, Privates und Berufliches trennen zu
müssen. Wer machte denn so etwas?
»Aber wir haben uns überlegt, ob die Knochen nicht vom alten
Langsdorfer sein könnten. Der ist jetzt schon seit sechs Wochen auf den
Bahamas«, erklärte ich etwas besser gelaunt. »Das wär doch ein Ding.«
»Sulawesi«, verbesserte mich Anneliese.
»Gran Canaria«, ergänzte GroÃmutter und drehte sich doch noch einmal
um. »Und wie kommen seine Knochen von Gran Canaria hinter die Erntedankkrone?
So ein Schmarrn. Was du dir wieder ausdenkst.«
»Weil er eben gar nicht auf den Bahamas war«, erklärte ich
augenrollend. GroÃmutter war wirklich schwer von Begriff. »Seine Knochen liegen
schon seit sechs Wochen hinter der Erntedankkrone.«
»Vor sechs Wochen habe ich ihn aber beim Metzger gesehen«,
verbesserte mich GroÃmutter. »Und da hat er noch ganz frisch ausgâsehn. Ah,
geh. Was ihr euch wieder ausdenkt.« Sie schnalzte nicht einmal mit der Zunge,
sondern steckte mit viel Geraschel einen Brief in die Schürze.
»Das sagst jetzt du. Vielleicht ist er gleich am nächsten Tag
gestorben, und dann hat die Resi sofort erfunden, dass er nach Rio de Janeiro
wollte.«
»Gran Canaria.«
»Sulawesi«, sagten GroÃmutter und Anneliese gleichzeitig.
»Mir hat er aber selber gesagt, dass er nach Gran Canaria wollte«,
beharrte GroÃmutter. »Dann müsste er ja schon gewusst haben, dass er noch am
selben Tag stirbt und seine Tochter ihn nicht beerdigen lassen will.«
Ich grinste heimlich, und auch Anneliese strahlte eine gewisse
Zufriedenheit aus.
»Vielleicht istâs auch die Frau vom Troidl«, gab ich zu bedenken.
GroÃmutter machte Tststs und schüttelte den Kopf.
»Das meint jedenfalls die Metzgerin«, redete ich mich heraus.
»Die Frau vom Troidl ist zu den Fischer-Chören gegangen«, sagte sie.
»Oder zur Biermösl Blosn.«
So ein Schmarrn. Biermösl Blosn. Da war doch keine Frau dabei.
»Ich muss jetzt heim«, sagte Anneliese grinsend und drückte mir die
Kaffeetasse in die Hand. »Und das mit den Eltern vom Max, das würde ich mir
echt überlegen.«
Einen Pfiefkaas würde ich machen. »Was ist mit den Eltern vom Max?«,
wollte GroÃmutter wissen.
O nein.
»Nix«, antwortete ich wortkarg.
»Wo kommen die denn her?«, bohrte GroÃmutter nach.
Das wollte sie jetzt bestimmt gar nicht wissen.
»Bestimmt von da oben«, mutmaÃte sie, »so wie der spricht.«
»Seine UrgroÃmutter kommt aus Bayern«, erklärte ich ihr,
verheimlichte aber die Tatsache, dass diese UrgroÃmutter eine fahrende
Schaustellerin gewesen war, die nicht nur in Bayern gelebt hatte, sondern
überall, wo man Geld verdienen konnte. Und ob die katholisch gewesen war, war
auch nicht überliefert, und ob und wie sie verhütet hatte. Gut, dass Max da
jetzt nicht zuhörte.
Anneliese grinste und winkte mir kurz zu. Ich winkte ihr zurück, und
nur mein voreiliges Versprechen hielt mich davon ab, ihr den Stinkefinger zu
zeigen.
Nach dieser etwas unerfreulichen Mittagspause setzte ich mich
eine halbe Stunde vor meinen Laptop und schrieb ein bisschen Quatsch, den ich
dann wieder löschte. Danach beschloss ich, mir ein wenig Inspiration für den
Artikel zu besorgen und mir einen Krapfen zu kaufen. Ich kam nicht bis zum
Meierbeck, weil sich vor dem Schmalzlwirt eine kleine Menschentraube gebildet
hatte. Ich machte eine Vollbremsung. Nicht etwa aus Neugier, sondern weil es
meine Pflicht als Journalistin war, den Gründen für Menschentrauben
nachzugehen. Man konnte nie wissen, ob es nicht eine gute Schlagzeile hergab.
Etwas, das alle in unserem Ort, im Nachbarort oder in ganz Deutschland wissen
wollten. Vielleicht war es sogar etwas so immens Wichtiges, dass selbst andere
Galaxien die Ohren spitzen würden.
Das mit den anderen Galaxien lieà ich wieder fallen, als ich den
Kreiter erregt schreien hörte.
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