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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Anscheinend hatten sie beim Sperrmüllabholen
versehentlich das neueste Kunstwerk vom Hans mitgenommen.
    Â»Jahrelang holen’s kein Sperrmüll ned!«, brüllte er aus voller
Kehle, »und nur weil die ganzen alten Weiber ned zum Recyclinghof fahren
wollen, passiert uns des!«
    Ich stellte mir die Kathl vor, wie sie auf dem Weg zum Recyclinghof
hin und her schwankte, weil der alte Sessel so ungünstig auf dem Gepäckträger
ihres orangenen Klapprads zu transportieren war.
    Großmutter stand direkt neben dem Kreiter und war ganz furchtbar
wütend. Sie war eine vehemente Befürworterin des Sperrmüllholens und deswegen
persönlich beleidigt. Wir hätten zwar nie und nimmer irgendetwas auf die Straße
gestellt, um es abholen zu lassen, denn wir hoben grundsätzlich alles Gerümpel
auf. Man wusste ja nie. Aber im Prinzip fand es Großmutter besser, wenn alles
abgeholt wurde und sie nicht zum Recyclinghof fahren musste. Ich hoffte nur,
dass sie nicht auf die Idee kam, öffentlich das Wort Recyclinghof
auszusprechen. Denn bei ihr hörte sich das so ähnlich an wie Rekäklinghof. Und
das wäre mir etwas peinlich gewesen.
    Großmutter kam aber gar nicht richtig zu Wort, weil der Kreiter und
der Anton Spreitzer herumschrien wie am Spieß. Der Anton Spreitzer, muss man
wissen, ist eigentlich Förster und der Papa vom Schorsch. Und seit er in Pension
gegangen war, übernahm er ständig ehrenamtliche Aufgaben. Wie zum Beispiel
Sperrmüllabholen vom Kreiter. Wieso sich der Kreiter so aufregte, verstand ich
jedoch nicht ganz. Er hatte immer gewirkt, als wäre er heilfroh, wenn endlich
einmal jemand käme und die Kunstwerke vom Hans abholte. Und hätte er nicht so
viel Schiss vor seiner Frau, hätte er bestimmt schon längst alles mit seinem
Claas eingeplättet, nur damit er keine geflügelten Betonmischer neben seinem
gefliesten Mülltonnenhäusl stehen sehen musste. Und jetzt bekam er cholerische
Anfälle! Er schrie sogar den armen Schorsch an, der gar nichts dafür konnte,
dass sein Vater Kunst von Schrott nicht unterscheiden konnte.
    Â»Wir ham deinen Krampf ned mitg’nommen!«, schrie der Spreitzer mit
hochrotem Kopf. »Wie oft soll i des noch sagen?«
    Â»Gestern war’s noch da! Und heut is weg!«, schrie der Kreiter
zurück.
    Â»Dann wird’s halt jemand g’stohlen ham!«, schrie die Spreitzer
giftig.
    Â»Wer sollt denn so was stehlen?«, fragte der Troidl ungerührt.
»Vielleicht hast es in die Scheune?«
    Und bist darübergefahren. Das sagte der Troidl natürlich nicht, aber
so etwas konnte beim Kreiter leicht einmal vorkommen.
    Â»Da zahl ich Steuern, dass mir nix mehr übrig bleibt. Und die
Polizei schreitet nicht ein!«
    Ich ließ den Mund offen stehen. Er hatte tatsächlich gesagt, dass
die Polizei nicht einschreitet.
    Â»Des hätt ma für viel Geld verkaufen können!«, brüllte er weiter.
    Verkaufen? Er wollte diese Machwerke verkaufen?
    Â»Verkaufen?«, fragten ungefähr fünf Männer gleichzeitig.
    Â»Des is Kunst!«, brüllte sich der Kreiter weiter in Rage.
    Â»Was soll des sein?«, brüllte der Spreitzer ehrlich empört zurück.
    Â»Dreizehntausend Euro!«, schrie der Kreiter. »Mindestens! Und du
holst es mit deinem greißlichen Transporter ab!«
    Der Spreitzer erwiderte nichts, denn er bekam den Mund einfach nicht
mehr zu. Das konnte man eigentlich nur so interpretieren, dass sich der Kreiter
beim letzten München-Aufenthalt verlaufen hatte und versehentlich im Haus der
Kunst gelandet war. Und da war er bestimmt begeistert, was man alles geboten
bekam und dass der Unterschied zu der Kunst von seinem Sohn gar nicht so groß
war.
    Â»Nicht schlecht«, hatte er bestimmt zu seinem Sohn gesagt. »Nicht
schlecht. Des verkauf ma. Teuer.«
    Angesichts des rasant gestiegenen Verständnisses für wahllos
zusammengeschütteten Müll sah ich schon einen richtigen Kunstwahn auf uns
zukommen. Vielleicht würde demnächst das Schuhkastl vom Troidl in einer
Sonderausstellung zu bewundern sein.
    Unser Pfarrer Daschner tat sein Bestes, um die Emotionen zu glätten,
und redete leise und beruhigend auf den Kreiter ein. Der Troidl kannte hingegen
keine Hemmungen. Er trompetete ziemlich laut zum Schmalzlwirt hinüber, dass
sich der Kreiter nicht wundern müsse. »Mir ham s’ schon ein nagelneues Radl
mitg’nommen.

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