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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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schweinische Zeitschrift
dringelegen – die jedoch wohl kaum von der Reisingerin gestammt hatte. Aber von
uns war sie auch nicht.
    Mit seinem Altpapier in der Hand sah ich dem Rosenmüller zu, wie er
wie ein wild gewordener Faun umhersprang. Im nächsten Moment rannte er schon
auf mich zu, grapschte mir mit hochrotem Gesicht die Zeitungen aus der Hand,
wobei ein Blatt in der Mitte zerriss, und knüllte sie wüst zusammen. Wie eine
Salzsäule stand ich mit dem verbliebenen Papierfetzen in der Hand da.
    Â»Es freut mich, dass Ihnen der letzte Gottesdienst so gut gefallen
hat«, sagte er schließlich atemlos zu Großmutter. Zu mir sagte er nichts. Ich
war auch noch viel zu beeindruckt von der rasanten Müllentsorgung, um
irgendetwas zu kommentieren. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss ins
Pfarrbüro und etwas kopieren.«
    Ein klein wenig hoffte ich, dass er uns nicht die Hand reichte. Ich
hatte nämlich keine Lust, jemandem die Hand zu schütteln, der eben einen Beutel
mit Leichenteilen entsorgt hatte. Aber er schien sich seiner beschmutzten
Finger bewusst zu sein und sagte nur mit verkniffener Miene »Auf Wiedersehen«.
Wir nickten huldvoll und sahen ihm zu, wie er wieder im Haus verschwand. Ich
schaute auf den Papierfetzen, den ich noch in der Hand hielt. Ich ließ ihn zu
Boden segeln und erntete einen strengen Blick von Großmutter. Also bückte ich
mich seufzend und steckte das Papier in die Hosentasche. Bestimmt würde ich es
jetzt mitwaschen. Dann hakte Großmutter sich bei mir unter und ging wortlos zum
Auto.
    Eine Weile tuckerten wir schweigend und in Gedanken versunken durch
den Ort.
    Â»Ein bisserl komisch ist er ja schon«, sagte sie schließlich.
    Bisserl war untertrieben. Wobei ich dabei nicht den Müllbeutel
meinte. Das fand ich kein bisschen komisch. Denn es passierte doch häufig, dass
man sein Hackfleisch vergammeln ließ und dann noch drei Tage im Mülleimer
aufhob. Das roch dann halt etwas streng. Ich musste schon wieder grinsen.
    Â»Was ist?«, fragte Großmutter misstrauisch.
    Â»Die Schuhe waren cool«, sagte ich.
    Â»Ah, geh, Mädl. Die Schuhe sind was für a Weib.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Aber cool war das trotzdem.
    Vor dem Meierbeck parkte gerade der Schorsch, der sich in seiner
Mittagspause ein Brezensemmerl gekauft hatte. Großmutter ging in die Bäckerei,
und ich ergab mich meinem Schicksal. Der Schorsch hatte sich nämlich ein neues
Auto gekauft. Das war nur gut so, denn jetzt, wo er profimäßig mit Leichen zu
tun hatte, musste er schon etwas hermachen. Er stand sehr gerne neben seiner
Karosse, sonnte sich in ihrem Glanz, erzählte etwas von Reifen und Zoll und
klappte die Motorhaube hoch. Seine Augen begannen dann zu glitzern wie die
Metalliclackierung. Sechs Zylinder.
    Â»Tolles Auto«, sagte ich vorsichtshalber zur Begrüßung. Man wusste
nie, wann ich das nächste Mal eines Mordes verdächtigt werden würde. Da war es
vielleicht von Nutzen, wenn man das Glitzern eines Wagendachs bewundert hatte.
Und Schorsch würde sich denken, ich weiß noch, die Lisa, die hat die sechs
Zylinder richtig gut gefunden. So jemand kann niemanden umgebracht haben.
    Ich sagte brav »toll« und starrte in das unergründliche Gewirr von
Schläuchen. Der Kare, der sich auch beim Bäcker was geholt hatte, blieb stehen
und fand es ebenfalls toll. Er hatte kein neues Auto, dafür aber zu viele
Aufkleber auf seinem alten. Der eine, »Abschlepp-Kare.de«, war der absolute Wahnsinn.
Und daneben hatte eine frühere Freundin geklebt: »Ich bremse auch für Kobolde.«
Aber das hatte sie nur deswegen gemacht, weil sie ein Schild überkleben musste.
Mit der Aufschrift: »Ich bremse auch für Frauen.«
    Mehr als »toll« fiel mir zur Huldigung des Autos nicht ein. Die
Leberkässemmel vom Kare roch so appetitlich, dass mein Magen seinen
Sechs-Zylinder-Motor übertönt hätte.
    Â»Ich muss noch zum Metzger«, erklärte ich meine unerklärliche Eile
und hoffte, dass Großmutter auch alleine nach Hause finden würde. Aber noch
mehr Informationen zu seinem neuen Auto hätten mich auf der Stelle
niedergestreckt.
    Ich hatte mich zu früh gefreut. Denn in dem Moment kam die
Ernsdorferin senior mit ihrem Gehwagerl um die Ecke, und neben ihr schritt ihr
Sohn. Sie sahen beide aus, als hätten sie den totalen Börnaut. Die Ernsdorferin
fuhr sich

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