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Und da kam Frau Kugelmann

Und da kam Frau Kugelmann

Titel: Und da kam Frau Kugelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minka Pradelski
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Zweierreihe, ging unbekümmert schwatzend, als habe man nichts Böses im Sinn, die Treppe hinunter, den Schustern und Schneidern zuwinkend, mit strammer Brust beim Hakoach vorbei, riskierte einen kurzen Blick auf die Bendziner Tänzerinnen, lief in fester Formation an den Geschäften der Freunde und sogar an denen der Eltern vorbei, hier und dort freundlich grüßend, lief herunter bis zu dem kleinen, unschuldigen Fluss, der sein schwarzes Wasser in sanften Kurven an Bendzin vorbei in andere kleine Städte führte. Das letzte Paar aus der Formation drehte sich um, erkundete die rückwärtige Lage, und auf ein verabredetes Zeichen löste sich die Formation sternförmig auf. Einige liefen zum Irrenhaus der armen Leute, um den bärtigen König Salomon zu belauschen, andere wagten sich ganz in die Nähe des schiefen Napoleon, der sich immerfort zum Kaiser krönte. Andere wieder ließen sich friedlich am Fluss nieder, wieder andere spielten Nachlaufen im Gebüsch, aber nur ganz wenige wagten sich ins dunkle Wasser und schwammen von Ufer zu Ufer und niemals zu weit weg. Um eine bestimmte Uhrzeit traf man sich wieder und ging in einer so strengen Ordnung wieder zurück, dass man auf beiden Seiten der Straße mit dem Lineal einen Strich hätte ziehen können, ohne mit dem Bleistift zu verrutschen. Man marschierte zurück zur Schule und beteiligte sich mit Unschuldsmiene am Unterricht, so als habe es nie eine selbstverordnete Freistunde gegeben.
    Bei uns haben gute und schlechte Schüler gleichermaßen die Schule geschwänzt. Meist erkannte der schlaue Gonna die Gunst des Augenblicks zuerst, ließ jedoch die Gelegenheit ungenutzt verstreichen. Erst wenn er sah, dass zwei andere Klassenkameraden dabei waren, schloss er sich als Dritter an. Mehr als drei Schüler haben sich in der Regel nie aus einer Klasse entfernt. Sie schlichen lautlos während der Pause davon. Oft genug wurde aus Übermut sogar das Klassenbuch mitgenommen. Am Fluss genossen sie eine Schulstunde lang ihre gestohlene Freiheit, heckten neue Streiche aus, rauchten, ließen es sich gut gehen. Ich habe mich lange Zeit nicht an den Fluss hinuntergetraut, obwohl ich während des ganzen letzten Schuljahres, in der Fünften schon, ganz große Lust hatte zu schwänzen. Bei mir wäre es noch nicht einmal aufgefallen, ob ich tatsächlich schwänzte oder ob etwa der olle Vorstadtzug, mit dem ich seit neustem frühmorgens aus dem Städtchen Zawiercie kam – wohin wir von Bendzin verzogen waren –, wieder mal Verspätung hatte oder etwa gar nicht fuhr.
    Bis zur fünften Klasse aber habe ich den Schulschwänzern aus den höheren Klassen immer sehnsüchtig nachgesehen. Als ich mich das erste Mal hinunter an den Fluss wagte, war es genau eine Woche nach Purim. An das Datum kann ich mich so gut erinnern, weil mein kleiner Bruder Heniek eine Woche vor Purim geboren wurde. Über die Geburt von Heniek war ich ganz schön wütend, denn ich hatte schon drei ältere Brüder und wünschte mir ein Schwesterchen, und angesichts dieses mickrigen Zwergs, der seitdem ständig bei uns war und uns mit seinem Geschrei schon die Purim-Festlichkeiten bei den Großeltern verdorben hatte, fand ich mich erwachsen genug, mir meinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen und auch mal wie die großen Schüler zu schwänzen. Ich beschloss, vor der ersten Stunde hinauszugehen, ganz wie eine reife Schülerin. Ich musste blitzschnell handeln, ehe ein anderer mir zuvorkam.
    Mein wilder Bruder, der David, hat sehr oft die Schule geschwänzt. Als er mich das erste Mal am Fluss beim Schwänzen ertappte, wollte er seinen Augen nicht trauen, dass ich, die brave Bella, auch da war. Ich bin ihm gleich bei meinem ersten Ausflug unten am Wasser in die Arme gelaufen. Er gehörte zu den Mutigen, die wilde Kanufahrten und Mutproben in den trüben Wellen veranstalteten. Er hatte aber ein wachsames Auge auf das Ufer. Vor Aufregung habe ich ihn erst gar nicht gesehen, sonst hätte ich mich im Gebüsch versteckt. Zu mir gekommen bin ich erst, als ich seinen festen Griff auf meinem Arm spürte. Er warnte mich und drohte mir, dass er mich auch verpetzen würde, wenn ich etwa dem Vater erzählte, wo ich ihn getroffen hätte. Am Abend, als er mich schon schlafend glaubte, hörte ich durch die angelehnte Tür, wie er den Eltern erzählte, dass ich, anstatt zum Unterricht zu gehen, mich am Fluss herumtriebe. Das habe er aus den unteren Klassen erfahren.
    Die Eltern haben mich dann schweren Herzens in der Woche zu Frau Smigrod in

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