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Und da kam Frau Kugelmann

Und da kam Frau Kugelmann

Titel: Und da kam Frau Kugelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minka Pradelski
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wieder an die Spitze der vorbeimarschierenden Soldaten setzten. Die hätten ausgesehen, als seien sie Vorboten der Hölle, bloß als Menschen verkleidet. Sie seien gekommen so wie zu Moses Zeiten in Ägypten, um die Juden zu versklaven und umzubringen. Und als Mirele die Augen schloss, hat sie mit ihrem inneren Auge genau gesehen, dass diesmal kein Gott da sein würde, um sie rettend durch das geteilte rote Meer zu führen, sondern dass alle, die ihr lieb und teuer waren, gemeinsam mit ihr in einem großen Meer von brennendem Feuer versinken würden.
    Und als Mira die Augen wieder öffnete, war sie kein Kind mehr, sie war genauso groß wie vorher, sie hatte dieselben Augen, dieselben Haare, dieselbe Stimme, aber sie fühlte sich so schrecklich alt, als sei sie der älteste Mensch der Welt, tausend Jahre älter als Methusalem.

Willkommen, meine Herren, in Bendzin
    Als sie in Bendzin einmarschierten, wohnte ich wieder bei Frau Smigrod. Ich war Anfang August nach Bendzin zurückgekehrt, um mir mit Nachhilfestunden etwas Geld für das künftige Studium in Prag zu verdienen. Der Monat August war sehr heiß, und am Abend, am dritten September, hatte es sich nur wenig abgekühlt. Als sie am frühen Morgen einmarschierten, war es noch frisch und kühl. Die deutschen Soldaten hatten bestimmt nicht bemerkt, dass sie durch eine Geisterstadt liefen. Alle Türen verriegelt, die Tore verschlossen, die Menschen verschwunden, die Rufer, die Schnorrer, die Lastenträger, die Kutscher, die Straßenverkäufer, die Lebensmittelhändler – alle, die auf der Straße ihr Brot verdienten, harrten hinter verschlossener Tür.
    Marysia Teitelbaum durfte Keitusch an diesem Morgen nicht ausführen. Gegen den Willen der Eltern hat sie ganz in der Frühe die Tür einen Spalt geöffnet und den Pudel hinausgelassen. Herrenlos lief er durch die leeren Gassen, aber als sie einmarschierten, war er längst wieder zurückgekehrt. Sonst war es totenstill auf der Malachowskiego, als die Frontsoldaten einmarschierten. Nur eine törichte ältere Frau und ein aufgeregtes blondes junges Mädchen mit langen dicken Zöpfen standen auf der Straße, um die Deutschen zu begrüßen, und das waren Frau Smigrod und ich.
    Es war genau der Morgen, an dem ich nach Zawiercie zurückfahren wollte, weil die Eltern wegen des Kriegsausbruchs beunruhigt waren. Nach Zawiercie konnte man mit dem Zug fahren, und ich wollte frühmorgens hin, damit die Eltern sich nicht noch den ganzen Tag über sorgen mussten. Schon in der Frühe, als wir aufstanden, hörten wir das Rattern der Motorräder, der Lastwagen und der schweren Kettenfahrzeuge, die die Kanonen zogen. Als ich zum Fenster herunterblickte, sah ich die Soldaten, so viele hatte ich noch nie auf der Malachowskiego gesehen.
    Ich wollte einen günstigen Moment abwarten, einen großen Abstand zwischen den Soldaten, um dann auf die andere Straßenseite zu laufen, die Bahn zu erwischen und nach Hause zu fahren. Frau Smigrod begleitete mich vor die Tür, sie half mir beim Koffertragen. Die Soldaten sind ohne Unterbrechung weitermarschiert, einer nach dem anderen, und wir haben bewegungslos eine Stunde dagestanden. Da fing Frau Smigrod plötzlich an, die Soldaten zu begrüßen. Sie kannte nur Helden und Verführer aus meinen deutschen Schulbüchern, in denen sie in meiner Abwesenheit schmökerte, und ihr gefielen die Soldaten in ihren geschniegelten Uniformen, die tellergroßen Helme auf den Köpfen, alle gleich angezogen, die Stiefel poliert, das Gewehr in der rechten Hand, in der anderen den Blechkasten mit Munition, alles so diszipliniert. Sie hätte ihnen am liebsten ein Stück von ihrem Käsekuchen zum Stärken gegeben, der war wieder besonders gut, weil sie den nach dem Donnerstagsrezept gebacken hatte, um mir und meinen Eltern eine Freude zu machen.
    ›Willkommen, meine Herren, in Bendzin‹, hat Frau Smigrod gesagt, und weil ihr keiner antwortete, hat sie es immer lauter gerufen, bis die Nachbarn es hinter dem verschlossenen Fenster hörten und uns zuriefen, wir sollten schnellstens wieder nach oben in die Wohnung verschwinden, bevor sie anfangen würden zu schießen.
    Sie haben aber nicht geschossen, ich habe in Bendzin keinen Schuss gehört. Vier volle Tage ist es so friedlich geblieben. Nur die polnischen Offiziere und die schwer beladenen Soldaten waren verschwunden, keiner wusste wohin. Ich habe meinen Eltern von einem Nachbarn, der in Zawiercie ein Geschäft hatte, ausrichten lassen, dass der Krieg nicht so

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