... und dann bist du tot
und wenn das nicht gelang, würde die hiesige Polizei ihn aufspüren. In Kürze würden sie auch irgendwie herausfinden, wo Lally und Hugo hingefahren waren. Möglicherweise erfuhren sie zwischenzeitlich auch, dass Lallys Schrittmacher gar nicht von Hagen stammte. Im Moment war alles andere unwichtig.
Doch irgendwo im Schnee oder in der Sonne, am Meer oder tief im Herzen des Landes oder vielleicht sogar in einer großen Stadt saß oder wanderte oder schwamm oder aß oder tanzte Lally vielleicht in der Zwischenzeit - vielleicht war sie sogar in einer Höhe von zehn- oder zwanzigtausend Metern über den Wolken. Und seine Schwester hatte nicht den leisesten Verdacht, dass der Fremdkörper in ihrer Brust, das winzige Ding, das mit ihrem Herzen verbunden war und sie am Leben halten sollte, sie stattdessen töten könnte.
21. Kapitel
Freitag, 22. Januar
D er Commander war für seine Verhältnisse relativ verständnisvoll.
»Ich gebe Ihnen die nächsten Stunden, Duval.«
»Es könnte etwas länger dauern, Sir.«
»Wollen Sie den Fall abgeben?«
»Nein.«
»Dann gebe ich Ihnen die nächsten Stunden Zeit.«
Joe war fix und fertig. Die Starre war inzwischen längst verflogen, und seine Nerven lagen blank. Während seiner Suche nach Lally war es ihm gelungen, nicht allzu viele Leute anzuschreien, denn er wusste, dass diese Neuengländer frostig und stur sein konnten, wenn man sie vor den Kopf stieß. Als er endlich am frühen Donnerstagabend mit Dr. Sheldon sprach, war dieser so schockiert, dass Joe einen Moment fürchtete, er könne selbst einen Herzanfall erleiden. Aber dann hatte sich der Arzt wieder aufgerappelt und versprochen, Dr. Lucas Ash, den Kardiologen, sofort aufzuspüren.
Es war zehn Uhr, ehe Joe wieder von ihm hörte.
»Es tut mir Leid, Mr. Duval«, sagte Sheldon.
Joes Magen krampfte sich zusammen. »Es ist ein Hagen.«
»Nein, das nicht. Es tut mir Leid, dass ich keine Neuigkeiten für Sie habe. Dr. Ash ist nicht im Lande und nicht erreichbar.«
»Warum zum Teufel nicht?«
»Weil er irgendwo zwischen einer Tagung in Los Angeles und einem Kongress in Honolulu unterwegs ist.«
»Und was ist mit seinem Büro?«
»Das Büro hat heute um sechs Uhr geschlossen und das Wochenende früher eingeläutet. Und sein Anrufservice verweist dringende Fälle an einen anderen Arzt.«
»Er muss doch Mitarbeiter haben, eine Sekretärin zum Beispiel. Jemand muss doch Zugang zu seinen Akten haben, sodass wir herausfinden können, was er Lally eingebaut hat. Wo zum Teufel ist denn Ashs Büro?«
»In Pittsfield, aber bis Montagmorgen ist dort niemand.«
»Und was ist mit dem Krankenhaus, in dem Dr. Ash die Implantation vorgenommen hat?«
»Das ist das Taylor-Dunne in Holyoke. Dort habe ich es schon versucht.« Dr. Sheldon hörte sich erschöpft an. »Sie sagten mir, dass Dr. Ash immer seinen eigenen Vorrat an Schrittmachern benutze. Leider weiß ich im Moment nicht, was wir sonst noch tun könnten, bis er in Honolulu angekommen ist und in seinem Hotel eingecheckt hat, Lieutenant.«
Da Joe Toni Petrillo noch immer nicht erreichen konnte, entschloss er sich, die vom Commander zugestandenen Stunden etwas auszudehnen und den ersten Flug am Freitagmorgen von O’Hare nach Albany in New York zu nehmen und dann die 90. Straße in Richtung Südosten nach Stockbridge einzuschlagen. Es war Mittagszeit, als er vor Lallys Haus ankam und mit seinem Ersatzschlüssel die Tür aufschloss. Dort im Wohnzimmer stand Toni Petrillo und goss die Blumen seiner Schwester, ohne sich die geringsten Sorgen zu machen.
»Wo warst du?«
»Auch hallo, Joe.« Toni war einen Meter sechzig groß, hatte lockiges blondes Haar, unschuldige blaue Augen und rundliche Wangen. Sie legte gegenüber Lallys großem Bruder immer ein unbekümmertes Verhalten an den Tag, um die übergroße Vernarrtheit zu verbergen, die sie seit ihrer Kindheit für ihn hegte.
»Ich habe seit fast vierundzwanzig Stunden versucht, dich zu erreichen.«
»Wirklich?« Toni war überrascht. »Ich war zu Hause, jedenfalls, wenn ich nicht in Hugos Cafe oder hier war.«
»Und warum gehst du dann nicht ans Telefon?«, fragte Joe aggressiv, der sofort zum Thema kam. »Wo sind sie?«
»Du meinst sicher Lally und Hugo?« Toni stellte die Kupferwasserkanne auf das Sideboard. Nijinskij schlängelte um ihre Knöchel herum und rieb sich an ihnen.
»Tu nicht so schlau, Toni. Wo sind sie?«
»Im Urlaub.«
»Das weiß ich, aber wo?«
»Warum? Was ist los?« Langsam, aber sicher bekam
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