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Und dann der Tod

Und dann der Tod

Titel: Und dann der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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es hingeworfen hatte, als sie Josie genommen und Emily in den Arm gelegt hatte.
    Bess ging weiter ins nächste Zimmer, das ergreifende Spuren der Menschen aufwies, die hier gelebt hatten. Ein Kruzifix aus Holz über dem Bett. Fotos von einem lächelnden älteren Paar auf dem Nachttisch. Josies Großeltern? Waren sie auch tot?
    Nicht darüber nachdenken. Sie war aus einem bestimmten Grund hierhergekommen. Sie fing an zu suchen. Kein Zettel mit einer Nachricht. Kein anderes Anzeichen, daß Emily hiergewesen war. Bess empfand tiefe Enttäuschung. Sie hatte gewußt, daß sie nichts erwarten durfte; dennoch hatte sie die vage Hoffnung gehegt, daß Emily immer noch in Tenajo wäre.
    Nein, sie mußte das Baby genommen haben und losgelaufen sein, wie Bess es ihr gesagt hatte.
    Aber Josie war in Estebans Händen gewesen. Und das war nur möglich, wenn Esteban Emily festgenommen und getötet hatte.
    Oder Kaldak. In der kurzen Zeit, die sie ihn kannte, hatte er bewiesen, daß er zu allem fähig war.
    Nein, sie durfte die Möglichkeit, daß Emily tot war, nicht einmal in Betracht ziehen. Allein der Gedanke daran versetzte sie in Panik. Emily war entkommen.
    Aus dem Nebenraum kam ein Geräusch. Ein Wimmern. Josie wurde endlich wach.
    Bess kniete neben der Couch nieder. Josies große dunkle Augen waren geöffnet, und sie lächelte.
    »Hallo«, flüsterte Bess. »Hier bin ich wieder. Und was mach ich jetzt mit dir?«
    Josie gluckste.
    Bess streichelte die Wange des Babys, die sich weich und samtig anfühlte. »Wo hast du Emily verloren? Bei ihr wärst du viel besser aufgehoben. Sie hat viel mehr Ahnung von Babys als ich.«
    Josie streckte die Hand aus, packte eine Strähne von Bess’
    Haaren und zog daran.
    Bess lachte leise. »Ach zum Teufel, wir werden es schon schaffen. Wir müssen nur überlegen, was wir als nächstes tun.«
    Und wem man vertrauen konnte.
    Sie wechselte Josies Windeln und sah sich dann nach etwas zu essen um. In einem der Schränke fand sie einige ungeöffnete Gläser Babynahrung. Sie machte eins auf und schaffte es, Josie die Hälfte des Breis zu verabreichen, bevor die Kleine anfing, mit ihrem Essen herumzuspielen.
    »Keine Spielereien«, sagte Bess. »Das hier ist eine ernsthafte Angelegenheit.« Sie hob Josie auf die Arme und trug sie hinaus auf die Veranda. Sie blickte in die Berge. War Emily irgendwo in diesen Bergen und versuchte, die Küste zu erreichen?
    Gott, sie konnte es nur hoffen.
    Sie war in Versuchung, selbst in die Berge zu flüchten. Warum eigentlich nicht? Sie besaß ein gutes Orientierungsvermögen und reichlich Erfahrung mit rauhen Gegenden. Vor drei Jahren hatte sie in Afghanistan festgesessen und sich bis zur pakistanischen Grenze durchgeschlagen. Sie hatte gute Chancen, es bis zur Küste zu schaffen.
    Ich würde Sie finden.
    Nur zu, Kaldak.
    Josie wimmerte, und Bess lockerte ihren Griff wieder, der unbewußt fester geworden war. Nein, das war nicht der richtige Zeitpunkt zu fliehen. Allein über die Berge zu marschieren war eine Sache, aber ein Baby durch die Wildnis zu schleppen war etwas ganz anderes. Sie trug Verantwortung und durfte nicht unbedacht handeln.
    Sie würde abwarten und später entscheiden. Kaldak wußte vielleicht nicht, wo Emily war, aber er wußte mehr als sie über das, was in Tenajo geschehen war.
    Sie ging die Stufen der Veranda hinunter und schlug den Weg zum Dorfplatz ein.
    Als sie den Brunnen erreichte, kam Kaldak mit einem glänzenden metallenen Aktenkoffer aus der Taverne. »Das hat ja nicht lange gedauert«, sagte er.
    »Sie ist nicht da. Sie haben gewußt, daß sie nicht da sein würde.«
    »Ich hielt es für unwahrscheinlich. Genau wie Sie.« Er warf einen Blick auf Josie. »Sie ist aufgewacht. Wie geht’s ihr?«
    »Gut. Ich habe sie gefüttert und gewickelt; es könnte ihr nicht bessergehen.«
    »Da waren Sie ja gut beschäftigt.« Er war in Gedanken.
    »Haben Sie Geld gefunden?«
    »Nein«, erwiderte sie empört. »Ich habe auch nicht danach gesucht.«
    »Ich habe auch keins gefunden.« Er überquerte die Straße und ging zum Kaufladen. »Warten Sie hier.«
    Die Toten berauben. Er war ja noch schlimmer, als sie befürchtet hatte.
    Mit nachdenklicher Miene kam er ein paar Minuten später aus dem Laden. Er hatte offenbar nichts gefunden. Gut so.
    »Alles Geld, das Sie hier finden, gehört den Verwandten dieser armen Leute.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es gehört mir.« Er stieg die Stufen zur Kirche hinauf.
    Sie folgte ihm. »Mein Gott, was machen Sie da?

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