Und dann der Tod
Josies Zustand stabilisiert. Eine Stunde später öffnete sie die Augen.
»Sie lächelt«, flüsterte Bess staunend.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß sie leben will.« Kaldak berührte sanft die Wange des Babys. »Manche Dinge sind vorherbestimmt.«
»Ich bin nicht in der Stimmung zu philosophieren. Ich weiß noch nicht, ob sie überhaupt jemals einen Schritt machen kann.«
Aber Erleichterung und Freude durchströmten sie. Zumindest lebte das Baby.
»Dr. Caudill hat gesagt, für Verletzungen des Rückgrats ist Dr. Harry Kenwood am Johns Hopkins der beste Mann«, erklärte Kaldak. »Ich habe einen Lufttransport organisiert, mit dem wir morgen früh dorthin gebracht werden.«
»Wirklich?«
»Und jetzt, denke ich, sollten Sie etwas essen.« Er rümpfte die Nase. »Und duschen. Sonst bekommt Josie noch einen Rückfall, wenn sie wach genug ist, um an Ihnen zu schnuppern.«
»Ich wundere mich, daß Sie es überhaupt all die Stunden bei mir ausgehalten haben«, erwiderte sie mit spitzer Zunge.
»Für mich war es eine Übung in Disziplin.« Er wandte sich von ihr ab. »Gehen Sie duschen. Ich werde die Krankenschwester hereinschicken, damit sie nach Josie sieht, und Ihnen was zu essen und frische Kleider besorgen.«
»Warten Sie.«
Er warf ihr einen Blick zu.
»Emily.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe zu unseren Leuten in Mexico City Kontakt aufgenommen. Bisher keine Nachricht.
Aber wenn sie zu Fuß ist, kann es sein, daß sie die Küste noch nicht erreicht hat.«
»Dann muß ich zurück, um sie zu suchen.«
»Nein.« Die prompte, harsche Abfuhr schreckte sie auf.
Diesen Ton hatte er seit Tenajo nicht mehr angeschlagen.
»Ich werde sie nicht im Stich lassen.«
»Niemand sagt, Sie sollen sie im Stich lassen.« Er schaute das Baby an. »Wollen Sie Josie verlassen, bevor Sie wissen, in welchem Zustand sie ist?«
Sie folgte seinem Blick. Kaldak hatte ihre Zerrissenheit richtig eingeschätzt. »Sie wissen genau, daß ich das nicht will. Aber ich muß hin. Sie können Josie mit zu –«
»Sie wollen sie mir überlassen? Auf dem ganzen Weg hierher durfte ich sie doch kaum mal anfassen.«
»Ich kann Emily nicht dort lassen.«
»Herrgott noch mal, Esteban wird Sie kassieren, sobald Sie nur einen Fuß auf mexikanischen Boden setzen.«
»Ich werde zur Botschaft gehen und –«
»Nein, wir werden später darüber reden. Lassen Sie mich darüber nachdenken. Vielleicht finde ich eine Lösung.«
Sie sah ihm nach, als er ging. Wenn er dafür eine Lösung hätte, könnte er Salomon Konkurrenz machen, dachte sie müde.
Andererseits war es ihm gelungen, sie aus Mexiko herauszubringen, und er hatte Josie gerettet, indem er ein Krankenhaus gefunden hatte. Vielleicht konnte er dieses Wunder ja auch bewerkstelligen.
Zwei Stunden später klopfte er an die Tür der winzigen Kabine, die ihr zugeteilt worden war. »Kommen Sie. Wir gehen zur Funkstation. Es ist mir gelungen, jemanden über Funk zu bekommen.«
Stirnrunzelnd ging sie neben ihm her. »Wen?«
»Yael Nablett. Er ist einer meiner Kontaktleute in Mexico City.«
»CIA?«
»Nein. Israelischer Geheimdienst. Die arbeiten bei bestimmten Aktionen mit uns zusammen.«
»Bei dieser auch?«
»Vor allem bei dieser.« Er zögerte einen Moment. »Ich kann Sie nicht zurückgehen lassen, Bess. Sie würden zuviel Aufsehen erregen.«
»Also gut. Und was spricht dagegen, der mexikanischen Regierung mitzuteilen, daß sie reingelegt worden ist?«
»Bisher kann noch niemand etwas über Tenajo wissen. Es könnte zu einer scheußlichen Gegenreaktion auf seiten von Esteban führen.«
»Nicht, wenn die Polizei ihn vorher schnappt.«
»Unwahrscheinlich. Er hat Informanten auf jeder Ebene des Regierungsapparats. Außerdem ist er nicht allein. Wir können nicht sicher sein, daß sie nicht losschlagen, sobald Esteban festgesetzt wird.«
»Wer würde losschlagen?«
»Habin, ein palästinensischer Terrorist mit Stützpunkt in Libyen. Außerdem kommen Sie wahrscheinlich sowieso nicht bis zur Polizei. Sie stehen wahrscheinlich auf Estebans Abschußliste. Es gibt da eine Menge Abschaum, der sich bei dem guten Oberst lieb Kind machen möchte.«
»Also muß ich Emily da erst recht rausholen.«
Er wandte den Blick von ihr ab. »Möglicherweise schafft sie es allein. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht?
Wenn sie es geschafft hat, Esteban zu entkommen, dann hat sie schon ein gutes Stück geschafft.«
»Sie weiß nichts von Esteban.«
»Ist sie intelligent?«
»Natürlich ist
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