Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Ausschau hält, stehst du auf dem Felsen und winkst ihr zu. Das wird eine Riesenüberraschung!»
    «Super, Miss Claythorne, das wird toll!»
    Jetzt hatte sie es gesagt. Morgen! Hugo wollte nach Newquay fahren. Wenn er zurückkam – würde alles vorüber sein.
    Ja, aber gesetzt den Fall, es wäre nicht so? Gesetzt den Fall, es ginge schief. Was, wenn Cyril noch rechtzeitig gerettet würde. Dann, ja, dann würde er sagen: «Miss Claythorne hat gesagt, ich darf… » Und was dann? Ein Risiko muss man eingehen!
    Wenn es zum Schlimmsten kam, würde sie es schon durchstehen. «Wie kannst du nur so frech daherlügen, Cyril? Das habe ich nie gesagt!» Ihr würde man glauben. Cyril erzählte häufig irgendwelche Geschichten. Er war kein ehrliches Kind. Natürlich würde Cyril Bescheid wissen. Aber das machte nichts… und außerdem würde schon nichts schief gehen. Sie würde so tun, als ob sie hinter ihm herschwimmt, aber sie würde zu spät kommen… Niemand würde auch nur vermuten, dass…
    Ob Hugo einen Verdacht hatte? Hatte er sie deswegen so sonderbar und irgendwie abwesend angeschaut?… Hatte Hugo es geahnt?
    War er deshalb nach der polizeilichen Untersuchung so überstürzt verschwunden?
    Er hatte den einzigen Brief, den sie ihm geschrieben hatte, nie beantwortet…
    Hugo…
    Vera wälzte sich ruhelos im Bett. Nein, nein, sie durfte jetzt nicht an Hugo denken. Es tat zu weh! Das alles war vorbei, vorüber und vorbei… Sie musste Hugo vergessen.
    Weshalb hatte sie heute Abend plötzlich geglaubt, Hugo sei bei ihr im Zimmer?
    Sie starrte zur Decke, auf den großen schwarzen Haken in der Mitte des Zimmers.
    Dieser Haken war ihr vorher nie aufgefallen.
    Der Seetang hatte daran gehangen.
    Sie zitterte, als sie sich an die feuchtkalte Berührung erinnerte, die ihren Hals gestreift hatte.
    Der Haken an der Decke gefiel ihr nicht. Er zog den Blick auf sich, übte eine unheimliche Faszination aus… ein großer, schwarzer Haken…
     

V
     
    Exinspektor Blore saß auf der Bettkante.
    Seine kleinen, rot umränderten und blutunterlaufenen Augen blickten hellwach aus dem massigen Gesicht. Er sah aus wie ein wilder Eber, der sich zum Angriff bereitmachte. Ihm war nicht nach Schlafen zumute.
    Die Bedrohung kam jetzt ganz nah… Sechs von zehn.
    Trotz seines Scharfsinns, seiner Vorsicht und Gerissenheit war dem Richter das Schicksal der anderen nicht erspart geblieben.
    Blore schnaubte mit einem Gefühl wilder Genugtuung. Was hatte der alte Knacker noch gesagt?
    «Wir müssen sehr vorsichtig sein…»
    Selbstgerechter, aalglatter alter Heuchler. Saß zu Gericht und fühlte sich dabei wie Gott der Allmächtige. Jetzt hatte er dafür die Quittung gekriegt… für ihn war jetzt Schluss mit «vorsichtig sein».
    Jetzt waren sie nur noch vier. Das Mädchen, Lombard, Armstrong und er selbst.
    Schon bald würde es wieder einen von ihnen erwischen… Aber nicht ihn, William Henry Blore. Dafür würde er schon sorgen!
    (Aber der Revolver… Was war mit dem Revolver? Der Revolver war und blieb ein Problem!)
    Mit zerfurchter Stirn saß Blore auf dem Bett. Er kniff die kleinen Augen zu und dachte über das Problem des Revolvers nach…
    In der Stille konnte er die Uhren unten schlagen hören.
    Mitternacht.
    Er entspannte sich etwas und riskierte sogar, sich auf dem Bett auszustrecken. Aber er zog sich nicht aus.
    Er lag auf dem Bett und dachte nach. Ging die ganze Geschichte noch einmal von vorn bis hinten durch, methodisch und akribisch, wie er es früher im aktiven Polizeidienst getan hatte. Was sich am Ende bezahlt machte, war Gründlichkeit.
    Die Kerze brannte nieder. Als er sich vergewissert hatte, dass die Streichhölzer in Griffweite lagen, blies er sie aus.
    Seltsamerweise empfand er die Dunkelheit als beunruhigend. Es war, als würden in seinem Kopf längst vergessene Urängste wach und kämpften in seinem Bewusstsein um die Vorherrschaft. Gesichter segelten durch die Luft – das Gesicht des Richters, grotesk von grauer Wolle gekrönt – das kalte, im Tod erstarrte Gesicht von Mrs. Rogers – das verzerrte, purpurrote Gesicht von Anthony Marston.
    Und noch ein Gesicht – blass, bebrillt, mit einem kleinen strohblonden Schnurrbart.
    Ein Gesicht, das er irgendwann schon einmal gesehen hatte – aber wann? Nicht hier auf der Insel, nein, das lag viel länger zurück.
    Komisch, zu diesem Gesicht fiel ihm kein Name ein… ein ziemlich dümmliches Gesicht im Grunde – der Kerl sah wie ein Trottel aus.
    Aber ja! Die Erinnerung kam

Weitere Kostenlose Bücher