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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Fenster fliehen. Es war zwar relativ hoch, aber darunter befand sich freundlicherweise ein Blumenbeet.
    Sie setzte sich, griff nach ihrem Tagebuch und begann mit flüssiger, klarer Schrift zu schreiben.
    Man musste sich die Zeit vertreiben.
    Plötzlich hielt sie in der Bewegung inne und lauschte. Sie hatte ein Geräusch gehört, das wie zerbrechendes Glas klang. Von irgendwo da unten schallte es zu ihr hoch.
    Angestrengt lauschte sie, aber das Geräusch kam nicht wieder.
    Ihr war, als hörte sie heimliche Schritte, das Knarren der Treppe, Kleider, die raschelten – nichts Bestimmtes, sodass sie diese Geräusche, wie schon Blore vor ihr, ihrer Fantasie zuschrieb.
    Aber jetzt hörte sie andere, viel realere Geräusche. Im Erdgeschoss liefen Menschen hin und her, man hörte Stimmengemurmel. Dann kam jemand energisch die Treppe herauf – Türen wurden geöffnet und wieder geschlossen, Geräusche von Schritten auf dem Dachboden. Und noch mehr Geräusche von dort.
    Schließlich lief jemand den Gang entlang. Und Lombards Stimme fragte: «Alles in Ordnung, Vera?»
    «Ja. Was ist passiert?»
    Blore antwortete: «Lassen Sie uns herein?»
    Vera ging zur Tür, zog den Stuhl weg und entriegelte die Tür. Sie öffnete. Beide Männer waren außer Atem, ihre Schuhe und Hosenbeine waren völlig durchnässt.
    «Was ist passiert?»
    «Armstrong ist verschwunden… », sagte Lombard.
     

VII
     
    «Was?» Veras Stimme klang wie ein Schrei.
    «Hat sich praktisch in Luft aufgelöst», sagte Lombard.
    «Genau so», schnaubte Blore. «In Luft aufgelöst, wie bei einem billigen Zaubertrick!»
    «Unsinn!», widersprach Vera. «Er versteckt sich irgendwo.»
    «Nein. Tut er nicht», knurrte Blore. «Es gibt auf dieser Insel kein Versteck. Die ist kahl wie die Sahara. Und draußen scheint der Mond. Es ist taghell. Er ist unauffindbar.»
    «Bestimmt ist er zum Haus zurückgelaufen», sagte Vera.
    «Daran haben wir auch gedacht. Wir haben das Haus durchsucht. Sie müssen uns gehört haben. Ich sage Ihnen: Er ist nicht hier. Er ist weg – abgehauen, verschwunden, hat sich in Luft aufgelöst…»
    «Ich glaub’s einfach nicht», wiederholte Vera verblüfft.
    «Es ist wahr, Vera», erwiderte Lombard.
    Er hielt kurz inne. Dann sagte er:
    «Da ist noch etwas. Im Esszimmer ist eine Fensterscheibe eingeschlagen worden – und jetzt stehen nur noch drei Porzellanfiguren auf dem Tisch.»

Fünfzehntes Kapitel

I
     
    D rei Menschen saßen in der Küche beim Frühstück.
    Draußen schien die Sonne. Es war ein herrlicher Tag. Das Unwetter gehörte der Vergangenheit an.
    Mit dem Wetterwechsel hatte sich auch die Stimmung der Gefangenen auf der Insel gewandelt. Sie fühlten sich wie gerade aus einem Albtraum erwacht. Die Gefahr war zwar noch da, aber es war eine Gefahr im hellen Tageslicht. Die lähmende Atmosphäre der Angst, die sie gestern, als der Wind draußen heulte, noch wie eine Decke eingehüllt hatte, war gewichen. Lombard sagte: «Wir können heute versuchen, mit einem Spiegel vom höchsten Punkt der Insel Blinksignale zu senden. Vielleicht läuft drüben ja ein aufgeweckter Kerl über die Klippen, der ein SOS-Signal erkennt, wenn er es sieht. Das hoffe ich jedenfalls. Am Abend könnten wir es mit einem Feuer versuchen – viel Holz gibt es zwar nicht – und natürlich könnten sie drüben denken, wir feiern hier nur eine Party mit Wein, Weib und Gesang.»
    «Irgendjemand kennt bestimmt die Morsezeichen», meinte Vera. «Und dann kommen sie und holen uns hier weg. Noch vor heute Abend.»
    «Das Wetter ist gut jetzt, ganz klar», antwortete Lombard. «Aber das Meer hat sich noch nicht beruhigt. Zu hoher Wellengang. Vor morgen wird kein Boot an die Insel herankommen.»
    «Noch eine Nacht hier!», stöhnte Vera auf.
    Lombard zuckte die Schultern.
    «Damit müssen wir rechnen. Vierundzwanzig Stunden müssten reichen. Wenn wir die überstehen, sind wir gerettet.»
    Blore räusperte sich. «Wir sollten uns noch über eins klar werden. Was geschah mit Armstrong?»
    «Einen konkreten Hinweis haben wir», sagte Lombard. «Auf dem Tisch stehen nur noch drei Figuren. Sieht so aus, als hätte Armstrong jetzt seine Ruhe.»
    «Warum haben Sie dann nicht seine Leiche gefunden?», fragte Vera.
    «Genau!», knurrte Blore.
    Lombard schüttelte den Kopf. «Es ist verdammt seltsam», gab er zu. «Schwer zu begreifen.»
    «Jemand könnte sie ins Meer geworfen haben», vermutete Blore.
    «Wer denn?», fragte Lombard ungehalten. «Sie? Ich? Sie haben doch gesehen,

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