Und dann gabs keines mehr
Nächste sein?»
Armstrong starrte ihn an. Fast mechanisch antwortete er: «Wir müssen sehr vorsichtig sein –» Abrupt hielt er inne.
Blore nickte. «Das hat er immer gesagt – und jetzt ist er tot!»
«Wie konnte das geschehen?», fragte Armstrong.
Lombard fluchte. «Ein verdammt cleverer Trick! Jemand hat Miss Claythornes Zimmer mit diesem Zeug präpariert, und es hat genauso funktioniert, wie es geplant war. Wir rennen alle nach oben, weil wir glauben, sie würde gerade umgebracht. Und – in dem ganzen Trubel – überrascht er den alten Knaben und legt ihn um.»
«Warum hat niemand den Schuss gehört?», fragte Blore.
Lombard schüttelte den Kopf.
«Miss Claythorne hat geschrien, der Wind heulte, wir rannten herum und haben laut nach ihr gerufen. Da konnte man einfach nichts hören.» Er hielt kurz inne. «Aber der Trick wird nicht noch einmal funktionieren. Beim nächsten Mal wird er sich etwas Neues einfallen lassen müssen.»
«Das wird er wohl.» Blores Stimme klang ungemütlich. Die beiden Männer beäugten sich.
«Noch vier von uns», stellte Armstrong fest. «Und wir wissen nicht, wer davon…»
«Ich weiß…», knurrte Blore.
«Ich habe nicht den geringsten Zweifel…», sagte Vera.
«Ich vermute, ich weiß jetzt wirklich…», sagte Armstrong langsam.
«Ich glaube», meldete sich Philip Lombard zu Wort. «Ich habe jetzt eine ziemlich gute Vorstellung davon…»
Wieder sahen sich alle an…
Vera stand mühsam auf. «Ich fühle mich scheußlich. Ich muss ins Bett… bin völlig fertig.»
«Ist vielleicht das Beste», meinte Lombard. «Es bringt nichts, hier herumzusitzen und aufeinander aufzupassen.»
«Nichts dagegen…», brummte Blore.
Der Doktor murmelte: «Wird wohl das Beste sein – obwohl ich bezweifle, dass jemand von uns schlafen wird.»
Sie gingen zur Tür. Blore sagte:
«Ich frage mich, wo dieser Revolver jetzt ist.»
II
Sie stiegen die Treppe hinauf.
Was dann geschah, erinnerte an eine Szene in einer Komödie.
Jeder der vier stand im Flur, eine Hand auf der Klinke seiner oder ihrer Zimmertür. Dann öffnete jeder wie auf Kommando die Tür, ging ins Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Danach hörte man das Zuschnappen von Riegeln und Schlössern, das Quietschen von Möbelstücken, die hin- und hergerückt wurden.
Vier verschreckte Menschen hatten sich bis zum Morgen in ihrem Zimmer verbarrikadiert.
III
Philip Lombard entfuhr ein Seufzer der Erleichterung, nachdem er erfolgreich einen Stuhl unter der Türklinke eingekeilt hatte.
Er schlenderte zur Frisierkommode.
Im flackernden Licht der Kerze studierte er neugierig sein Gesicht im Spiegel. Dann sprach er leise zu sich selbst:
«Diese Geschichte hat dich ja ganz schön nervös gemacht.»
Blitzartig tauchte das wölfische Grinsen wieder auf.
Er zog sich schnell aus, ging zum Bett und legte die Armbanduhr auf den Nachttisch.
Dann zog er die Schublade heraus.
Er stand da und starrte ungläubig auf den Revolver, der darin lag…
IV
Vera Claythorne lag im Bett.
Die Kerze neben ihr brannte noch, sie fand nicht den Mut, sie auszumachen. Sie hatte Angst vor der Dunkelheit…
Wieder und wieder sagte sie sich: «Bis morgen bist du in Sicherheit. Gestern Nacht ist nichts passiert, und heute Nacht wird auch nichts passieren. Es kann gar nichts passieren. Du hast alles verschlossen und verriegelt. Niemand kommt an dich heran…»
Und plötzlich dachte sie: «Natürlich! Ich kann hier bleiben! Kann einfach hier eingeschlossen bleiben! Essen ist nicht wichtig! Ich kann hier bleiben – in Sicherheit –, bis Hilfe kommt! Sogar wenn es ein, zwei Tage dauert…»
Hier bleiben. Ja, aber könnte sie wirklich hier bleiben? Stunde um Stunde, ohne mit jemandem zu reden, ohne etwas anderes zu tun als grübeln…
Sie würde wieder an Cornwall denken – an Hugo, an Cyril, an das, was sie zu ihm gesagt hatte.
Dieser grässliche, weinerliche kleine Junge, der sie ständig genervt hatte…
«Miss Claythorne, warum darf ich nicht zum Felsen rüberschwimmen? Ich kann’s. Ich weiß, dass ich’s kann.»
War das wirklich ihre Stimme, die geantwortet hatte?
Natürlich kannst du’s, Cyril. Das weiß ich doch.»
«Kann ich dann gehen, Miss Claythorne?»
«Cyril, du weißt doch, was deine Mutter sich für Sorgen um dich macht. Aber pass auf. Morgen darfst du zum Felsen hinausschwimmen. Ich werde mich am Strand mit deiner Mutter unterhalten und sie ein bisschen ablenken. Und dann, wenn sie nach dir
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