Und dann kam Paulette (German Edition)
wirklich …»
«Mmmm.»
Gegen Mitternacht schnellten sie gleich beim ersten Piep wie zwei Sprungfedern hoch. Dieses Mal waren sie gewappnet. Das Fläschchen, ein Kinderspiel, das Wechseln der Windel, zehn Minuten, höchstens. Echte Profis. Anschließend ging Ferdinand zu Bett. Guy kam ins Schwitzen, als er alles zum ersten Mal allein bewältigen sollte. Aber es ging schnell vorbei. Er war froh, dass er eine mobile Wiege gebaut hatte, so konnte er das Kind in die Küche ziehen, mit der einen Hand das Fläschchen zubereiten und es mit der andren wiegen. Und dann kam der magische Augenblick. Als er sich in den Sessel setzte und sich bewusstmachte, dass es das erste Mal in seinem Leben war, dass er einem Baby von nur einem Tag das Fläschchen gab. Dass er es anschauen und mit ihm reden konnte, ohne dass jemand dabei war. Nur er und das Kind. Hallo, kleines Fräulein … ist dir klar, dass du schon deinen ersten Geburtstag feierst … einen Tag genau … ja, und du hörst alles … all die vielen Geräusche machen dich neugierig … was bist du goldig, weißt du … na klar … und was hast du für kleine Händchen … ganz zarte Fingerchen … Pianistenfinger … und die Füßchen, wie kann man nur so kleine Füßchen haben, so perfekt, so süß, wie ist das möglich, Prinzesschen …
[zur Inhaltsübersicht]
70
Montagmorgen etc.
Montagmorgen.
Noch etwas benommen ging Kim nach unten, um Kaffee zu kochen und zu duschen. Aber der Kaffee war schon fertig und die Dusche belegt. Er hatte noch zwanzig Minuten, bis er das Haus verlassen musste, das sollte reichen. Um Zeit zu gewinnen, ging er nach oben und holte seine Tasche und seine Klamotten, dann kam er wieder herunter. Im Badezimmer war alles ruhig, er nahm an, dass Muriel sich Zeit ließ, dass sie sich die Haare trocknete und sich dabei im Spiegel betrachtete oder Gesichtscreme auftrug. Während er geduldig wartete, schenkte er sich einen Kaffee ein, trank ihn neben dem Ofen. Zehn Minuten später kam Muriel angezogen, frisiert und geschminkt aus ihrem Zimmer. Kim war verdattert.
«Was machst du denn da?»
«Das sollte ich dich eher fragen. Hast du gesehen, wie spät es ist? Bist du noch nicht geduscht?»
«Ich dachte …»
«Beeil dich. Sonst kommst du zu spät.»
Nachdem er sich aufs Fahrrad geschwungen hatte, zögerte Kim. In der großen Küche brannte Licht. Muriel hatte schon einen kleinen Vorsprung. Er lehnte das Fahrrad an die Wand und ging hinein, um Bescheid zu sagen, dass sie zur Schule fuhren. Um sicherzustellen, dass sie es richtig verstanden hatten, fügte er hinzu: Wir fahren jetzt los, Muriel und ich! Dann machte er die Tür zu. Marceline und Simone verschlug es die Sprache.
Montagnachmittag.
Nach zwei Stunden Arbeit im Gemüsegarten kehrte Marceline zurück. Sie hatte Angst, Simone das Baby zu lange zu überlassen. Aber alles lief gut. Simone war bestens organisiert, man könnte meinen, sie hätte ein Leben lang nichts anderes getan. Fläschchen, Windeln, Schmusen, Kinderbetreuung, sie beherrschte es perfekt. Außerdem sah sie, wenn das Kind schlief, nicht mehr fern, was sie überhaupt nicht vermisste! Sie hatte zu tun, musste in allen Farben Babyschuhe, Mützchen, Jäckchen stricken. Sehr gut. Beruhigt ging Marceline in ihr Zimmer, sie wollte über die Situation nachdenken und sich über das weitere Vorgehen Gedanken machen. Und dann – einfach so –, weil es lange her war und sie bisher nicht die Zeit dafür gehabt hatte, zog sie ihr Cello aus der Hülle, um ihm etwas frische Luft zu gönnen. Das war bitter nötig. Auch musste sie es stimmen. Das tat sie sogleich. Prompt hatte sie Lust, ihre Finger zu lockern. Sie spielte ein paar Töne und dann spontan ein kleines Stück. Als sie fertig war, überrascht und auch ein wenig ergriffen, steckte Simone ihren Kopf durch den Türspalt. Sie wollte nur kurz durchgeben: Die Kleine liebte Musik! Sie hatte schon eine ganze Weile geweint und sich gewunden – hatte ganz sicher Koliken, das arme Kind –, und dann pling! Bei den ersten Tönen hatte sie aufgehört zu weinen! Es war wie Zauber! Dir ist klar, was da jetzt auf dich zukommt, Marceline, fügte sie scherzhaft hinzu.
Als Muriel von der Schule kam, ging sie zu den beiden. Sie hatte intensiv nachgedacht: Wenn die anderen das Baby behalten wollten, hatte sie nichts dagegen, sie selbst wollte es nicht haben. Ende der Diskussion. Das waren klare Worte, ihnen folgte eine kurze Pause. Die Alten hatten sich im Laufe des Tages
Weitere Kostenlose Bücher