Und dann kam Paulette (German Edition)
die sich bis jetzt in ihr gerührt haben, bewegen sich fast nicht mehr, als wären sie in einen Schraubstock eingezwängt. Sie drücken ihr auf die Seite. Der Schmerz raubt ihr den Atem. Sie beginnt zu schnurren, um ihre Angst zu zähmen.
Um drei steht Muriel auf und geht zur Toilette. Wie immer in der Nacht unterlässt sie es, die Spülung zu ziehen. Eigentlich ist sie oben nicht zu hören, dennoch verzichtet sie darauf, man kann nie wissen. Und außerdem sollte man mit Wasser sparsam umgehen, findet sie. Es nicht ständig verschwenden, es unnötig laufen lassen, während man sich die Zähne putzt, die Hände wäscht oder den Abwasch macht. Wirklich unglaublich, was man da vergeudet, verrückt! Muriel achtet auf die Umwelt, das ist neu. Sie ist ganz einer Meinung mit Kim, dass man sich von außen nicht alles aufoktroyieren lassen sollte. Man soll die Dinge in Frage stellen, sich selbst helfen, sein Leben in die Hand nehmen, seine Ausscheidungen akzeptieren, echt wahr! Okay. Aber trotzdem ist sie noch nicht an dem Punkt angekommen, dass sie bereit wäre, eine Komposttoilette zu benutzen! Es ginge ihr eindeutig zu weit, in einen Eimer mit Einstreu zu pissen und zu kacken, wie eine, ja, wie eine Wohnungskatze! Dabei wendet er allerhand Energie auf, um sie zu überzeugen. Sie und die anderen Hausbewohner. Bisher hält sich die Begeisterung jedoch in Grenzen, nur Marceline hat angebissen, für sie ist es nicht neu. Kim will sie mit Leuten zusammenbringen, die Komposttoiletten verwenden, damit sie ihnen Fragen stellen können, eine Art Forum. Was sie vor allem zögern lässt, sind der Gestank und die Entsorgung der Toiletteneimer. Ist das nicht unbequem, eklig, archaisch? Ihr wird übel bei dem Gedanken. Und außerdem, mal ganz ehrlich, ist der Kompost, der auf der Grundlage menschlicher Ausscheidungen gewonnen wird, tatsächlich zur Düngung geeignet? Wie steht es mit Krankheitskeimen? Werden die während der Kompostierung gekillt? Kim wird ihnen Zugriff auf ein Blog verschaffen, damit sie sich mit Fachleuten austauschen können. Es wird witzig sein, die Alten im Netz chatten zu sehen.
Als sie aus dem Badezimmer kommt, zögert Muriel. Sie hat keine Lust, gleich wieder ins Bett zu kriechen, daher geht sie zum Kühlschrank und sieht nach, ob sie dort nichts Interessantes findet. Er ist leer. Etwas auf dem Tisch zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. Na, so was, eine Zeitschrift und eine Tafel Schokolade! Wo kommt die denn her? Sie fragt nicht lange, setzt sich auf die Bank, bricht ein paar Rippchen ab und isst genüsslich, während sie in der Zeitschrift blättert. Plötzlich hört sie oben Schritte. Sie bewegen sich zur Treppe, kommen die Stufen herunter. Muriel blickt auf, sieht nackte Füße, dann Beine, ein langes weißes T-Shirt, ein weibliches Gesicht. Die junge Frau ist neu, die hat sie noch nie gesehen.
«Hallo.»
«Hallo.»
Sie steckt die Nase wieder in die Zeitschrift.
«Die Toilette ist da vorne.»
«Danke.»
«Nachts ziehe ich nie die Spülung, du könntest vielleicht …»
«Ach, gibt’s hier keine Trockentoilette?»
«Nein, so weit sind wir noch nicht.»
Die junge Frau sieht Muriel missbilligend an. Als sie zurückkommt, setzt sie sich dicht an den Ofen und wärmt sich die Füße.
«Ich heiße Suzanne. Und du?»
«Muriel.»
In die Stille hinein ist ein herzzerreißendes Miauen zu hören. Es geht durch Mark und Bein. Sie sehen sich an, beugen sich über den Ofen und schauen dahinter.
«Lollita, was machst du denn da?»
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64
Eine lange Nacht (Teil 2)
Muriel und Suzanne setzten sich zu Lollita auf den Boden.
Den Rest der Nacht streichelten sie das Kätzchen, hielten ihm die Pfote, flüsterten ihm ins Ohr … Mach dir keine Sorgen, kleines Kätzchen … alles wird gut … es ist zwar hart, aber das schaffst du schon … so, jetzt musst du pressen … ja, weiter … So ist’s gut, fast hast du’s geschafft … nein, was für ein süßes Baby, toll hast du das gemacht, Schnuckiputz … huch, es kommt noch eins …
Bei Tagesanbruch kam das letzte.
In einer Stunde müssten sie schon wieder aufstehen, um in die Schule zu gehen, es lohnte sich eigentlich nicht, noch mal ins Bett zu gehen. Darum kochten Muriel und Suzanne Kaffee, toasteten Brot und schwätzten miteinander. Anfangs über ihre Ausbildung: Graphikdesign bei Suzanne, Krankenschwesternschule bei Muriel … He, ist ja witzig, meine Tante ist Hebamme … Echt? Mein letztes Praktikum habe ich auf der
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