Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atze Schröder
Vom Netzwerk:
sich für seine Dämlichkeit zu entschuldigen, ranzte dieser Gollum mich auch noch herrisch an: «Ey, du Paselacke, nimm die Pfoten von meinen Kugeln, sonst polier ich dir deine miese Fresse!»
    Ich entschuldigte mich artig und bemühte mich unter Schmerzen, die bekloppten Kugeln wieder ins überfüllte Gepäckfach zu stopfen. Bloß keinen Ärger auf den letzten Metern. Ich leg mich doch nicht mit einem kampfbereiten Stress-Opa aus dem Ruhrgebiet an. Nur Dummköpfe unterschätzen leichtfertig die knüppelharte Mentalität eines Rentners aus dem Pott. Da brauchst du nur mal die «Natter» zu fragen, wenigen bekannt unter seinem richtigen Namen Dieter Kuballa.

    1982 gab es in Essen-Kray den illegalen Boxclub «Teutonia Kray», Abkürzung BCT. Eine Vereinigung munterer Schläger, Luden, Malocher und anderer Eierköppe. Die Jungs waren ultrahart und staubtrocken. Falls einer den Film «Fight Club» mit Brad Pitt gesehen hat und jetzt glaubt, er hätte ’ne Ahnung, wie es gewesen sein könnte – der ist voll auf dem Holzweg. Präsident des Clubs war besagter Dieter Kuballa alias «die Natter». 2,02 Meter groß, 60er Oberarm, austrainierte 125 Kilo. Dieter war das mieseste und gefährlichste Stück DNA, das der liebe Gott für Essen im Programm hatte. Statt eines Gewissens hatte er im Hirn einen halben Quadratzentimeter verödetes Gewebe. Dafür war sein Testosteronspiegel so ausgeprägt, dass selbst die Polizei sich nicht traute, Kuballa in seiner Dodge Viper anzuhalten, um mal vorsichtig nach dem selbstverständlich nicht vorhandenen Führerschein zu fragen. Nur Nobby Schmiedeskamp, Hauptwachtmeister und dümmster Bulle der Welt, aus Bad Pyrmont der Liebe wegen ins Ruhrgebiet gezogen, hatte das Pech, an seinem ersten Arbeitstag in Essen ausgerechnet die «Natter» in seinem tiefergelegten Muschischlepper anzuhalten. Er fragte gutgelaunt, aber energisch nach den Papieren: «So, Sportsfreund, den Motor aus und Führerschein bitte!»
    Keine wirklich gute Idee. Kuballa hielt das Ganze für einen Streich seiner Kumpels und tobte vor Wut. Sein Pitbull «Tyson» riss in einem Anfall animalischer Raserei große Teile aus dem Wapitilederpolster des Beifahrersitzes. Der arme Hund war es einfach nicht gewohnt, dass sich ein Fremder dem Fahrzeug näherte. Höflich, aber schon nicht mehr ganz so gutgelaunt hakte unser braver Nobby nach: «So, Freundchen, wie sieht’s aus? Die Papiere, aber ein bisschen plötzlich, du Mongo!»
    Was dann passierte, kursiert seither als Legende in ungefähr hundert schauerlichen Versionen. Hier die Geschichte, wie sie in der Zeitung stand:
    Kuballa drehte der tobenden Töle mit einem Handgriff das Genick um. Mit der anderen Hand packte er den entsetzten Wachtmeister, zog ihn durch die Seitenscheibe und verprügelte ihn mit den sterblichen Überresten des Tieres. Beide am Bein hinter sich herschleifend, stiefelte der entfesselte Vollasi in die Kleingartenkolonie «Baldeney-Glück». Auf dem Weg dorthin riss er ein Stoppschild um und klemmte es sich unter den Arm. Die «Natter» marschierte zur erstbesten Laube, drückte dem verbeulten Nobby das verdengelte Stoppschild in die Hand und schrie ihn an: «Grab, du Arsch! Grab, du Arsch! Grab, du Arsch! Du sollst graben, du Arsch!» Der völlig ramponierte Polizist wollte gerade schlotternd vor Angst anfangen zu graben, als der Besitzer der Laube, Karl-Heinz Stallmeier, genannt Opa Stahl, mit einem missbilligenden «Wat gibt dat denn hier?!» den Lauf der Geschichte nachhaltig veränderte. Dem Reporter von BILD Essen gab er später nur lapidar zu Protokoll: «Ich hab dem Penner mal kurz die Hammelbeine langgezogen. Wo kommen wir denn da hin, wenn hier jeder die Mittagsruhe stört!» Das war allerdings stark untertrieben.
    Opa Stahl mit seinen 67 Jahren hatte fast 50 Jahre lang bei Thyssen am Hochofen Stahl gestochen, ein unmenschlich anstrengender Knochenjob. Stahlarbeiter sind die Härtesten. Die ziehen durch. Malocher wie Opa Stahl haben vor gar nichts Angst. Oft sehen sie nach nichts aus: klein, faltig, unscheinbar, und benehmen sich lammfromm. Aber wehe, du nervst sie! Meine Oma sagte über solche Typen immer: «Tun dir jeden Gefallen, darfste nur nicht ärgern.»
    Und genau das war passiert. Opa Stahl hatte in der Gartenhütte auf seinem alten Lieblingssessel namens «Mutti» gelegen und seinen heiligen Mittagsschlaf gehalten. Der Krach, den Kuballa und seine Opfer veranstalteten, hatte ihn geweckt. Als er sah, dass die beiden Clowns seinen

Weitere Kostenlose Bücher