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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atze Schröder
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Sparkassenvorstand immer noch nicht auf der Bühne stand, war die dank Freibier stark alkoholisierte Meute kurz davor, die Sparkasse auseinanderzunehmen. Zum Glück erschien in letzter Minute der Fanfarenzug des Sportschützenclubs Germania 1878 e.V., um mit einem beherzt geblasenen «Satisfaction»-Medley die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Bis heute behaupten Fans in zahlreichen Stones-Foren im Internet, auf einer frühen Demoversion des 73er-No.-1-Hits «Angie» hätte Mick «Helga» gesungen.
    Und jetzt stand ich hier auf Gran Canaria in Volkers nussbaumfurnierter Wirsinghölle, und dieser schmerbäuchige Spacko hielt mir generös seine schwitzige Hand hin. Ich sagte: «Enrico, sei mir nicht böse, aber ich hab mir an dem Auflauf wohl ’n bisschen den Magen verdorben. Ich muss mal zum Strand runter und ’ne frische Brise atmen!»
    Schwer in Gedanken versunken, setzte ich mich in den Sand. Mein Blick ging hinaus auf den Atlantik, in dem die glutrote Sonne langsam versank. Warum ging mir dieser Enrico eigentlich so spontan auf den Sack? Ossi hin, Ossi her – es gibt genauso viele bekloppte Wessis. Er musste schließlich nur Helga gefallen und nicht mir. Kann ja auch nicht jeder so gut aussehen wie ich. Auf einmal spürte ich, wie sich jemand neben mich setzte und meine Hand nahm.
    «Helga, ich …» – weiter kam ich nicht.
    «Brauchst nichts zu sagen, mein Junge. Ich weiß, dass das mit dem Heiraten keine gute Idee ist. Ich werd’s ihm nachher auch sagen. Ich war mir nur nicht ganz sicher. Deshalb wollte ich auch, dass du kommst. Weißt du eigentlich, warum ich dich so gerne hab? Du bist wie dein Vater. Derselbe Charme, das gute Herz, die schönen Augen … die bestechende Frisur. Jetzt lach nicht, ich mein es schon ernst. Ich hätte damals deinen Alten heiraten sollen, aber wir waren beide zu jung, um zu kapieren, dass die große Liebe nur einmal im Leben anklopft.»
    Ich tröstete meine liebe Freundin, die schluchzend in meinen Armen lag. Minutenlang kämpfte ich selbst gegen die Tränen an. Dann sagte ich leise: «Ich wollte es dir nicht sagen, aber mein Vater hat kurz vor seinem Tod dasselbe gesagt.» Dann heulten wir beide leise den dunklen Atlantik und seine ewig rauschenden Wellen an. Sie schnäuzte sich ausgiebig in mein Taschentuch und drückte mich innig. Dann nahm sie mein Gesicht in beide Hände und fragte mich besorgt:
    «Und du, mein Junge? Was ist mit dir? Wo ist deine große Liebe? Was läuft denn da eigentlich mit dir und dieser Ute, von der du andauernd erzählst?»
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Diese Frage kam so überraschend, dass ich anfing zu stammeln.
    «Ja wie, äh … was läuft da … da läuft gar nix, Helga! Die … die Ute, die ist äh … ja, äh … die ist okay … also ich mag die, klar, äh … aber nur so!»
    Helga schien sichtlich amüsiert über meine ungelenke Antwort.
    «Ach so! Du magst sie nur so, weil sie okay ist. Und warum höre ich dann bei jedem Telefonat immer nur ‹Ute hier, Ute da, Ute ist so klug, Ute hat dies gesagt, Ute hat das gesagt›? Neulich hast du mir sogar von ihrer Schönheit vorgeschwärmt, und das, obwohl sie keine hohen Hacken trägt! Junge, ich kenne dich jetzt seit vierzig Jahren. Du hast ganze Herden von Stöckelschuh-Antilopen an meiner Wohnungstür vorbeigeschleust. Aber ich habe dich noch nie so über eine Frau reden hören wie über diese Ute.»
    Entrüstet fiel ich ihr ins Wort: «Blödsinn, Helga, du …»
    Weiter kam ich nicht.
    «Halt die Klappe, Atze! Ich bin noch nicht fertig. Was immer du auch sagen willst, mein Junge – mach nicht den gleichen Fehler wie dein Vater und ich. Lauf nicht an deiner großen Liebe vorbei. Hör auf deine Gefühle, hör auf dein Herz. Vergiss den Verstand. Der Verstand hat deinem Vater und mir das Herz gebrochen.»
    Ich wollte gerade antworten, als ich merkte, dass sie schon wieder weinte. Also tröstete ich sie und schluckte meinen Wortsalat. Langsam versiegte Helgas Schluchzen und ging nahtlos in ein zärtliches Schnarchen über.
    Ich musste grinsen.
    Ute, meine große Liebe. Ja nee … is’ klar! Lächerlich.
    Ja, dann sieht sie eben auch ohne Knallpumps gut aus, na und? Sie ist ja auch schwanger, da kann sie nun mal keine anziehen. Als ob ich immer von ihr erzählen würde! Kokolores! Was soll ich denn sonst machen, wenn Helga bei jedem Telefonat nach ihr fragt! Nein, nein, Ute und ich, das passt so gut zusammen wie ein Diesel im 911. Alles Quatsch, was sich Helga da in ihrer

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