Und dann kam Ute (German Edition)
aus? Ist es die Freude über unser Wiedersehen?»
Es sprudelte nur so aus ihr raus: «Ja, ich freu mich wirklich, dich wiederzusehen. Mir geht es saugut. Du wirst es nicht glauben, ich bin frisch verliebt!»
Mein Gehirn befahl meinem Gesicht, nicht zu entgleisen, und wie durch eine Käseglocke hörte ich mich sagen:
«Mensch, toll, Ute. Suuuper. Das freut mich aber für dich.» Ich fing mich innerhalb weniger Sekunden und strahlte mein berühmtes Bühnenlächeln: «Herzlichen Glückwunsch. Wer ist denn die Glückliche?»
Utes gute Laune war durch nichts zu erschüttern.
«Hihi», stupste sie mich in die Seite, «das hättest du wohl gerne. Waldorflesbe liebt Biotonne! Hihi. Von wegen, der ist echt ein Supertyp. Der wird dir gefallen, er war auch mal Musiker und hat in einer Essener Band getrommelt. Er sagt, er kennt dich noch von früher. Ach Mensch, wie hieß die Band noch mal … irgendwas mit Zwerchfell, ach … egal. Jedenfalls heißt er Heiko. Er hat die Apotheke am Markt. Heiko Müller.»
Es fühlte sich an, als würde aus einem fliegenden Hubschrauber auf mich geschossen. Und zwar aus allen Rohren. Heiko Müller! Das durfte doch nicht wahr sein. Von allen miesen Wichsern dieser Welt war Heiko mit Abstand der mieseste und das dümmste Stück DNA, das ich kannte: dreimal geschieden, ehemaliger Schützenkönig und bekennender Resthaar-Pferdeschwanzträger. Baggerte alles an, was nicht bei drei auf dem Baum saß, und anschließend den Baum selber. Wurde sogar neulich von Rolex-Frankie als leidenschaftlicher Swinger geoutet. Normalerweise bin ich nicht bereit, solche Verdächtigungen zu glauben, aber bei Heiko mach ich gern mal ’ne Ausnahme.
«Heiko Müller, der Heiko Müller? Da freu ich mich aber.»
Ute schaute mich etwas irritiert an.
«Dann erzähl das doch mal deinem Gesicht. Das sieht nämlich nicht so aus!»
In meinem Schädel gab es plötzlich einen Kurzschluss, und es platzte aus mir heraus.
«Um ehrlich zu sein, Ute: Ich kenn kein größeres Arschloch als Heiko!»
Ich war selbst erstaunt über meine heftigen Worte. Zu meiner Überraschung lächelte sie mich nur siegesgewiss an.
«Genau das hat Heiko vorausgesagt. Er hat gewusst, dass du so reagieren würdest. Er hat mir nämlich alles erzählt, was in seinem Leben so schiefgelaufen ist. Mir kannst du nichts erzählen. Der Arme hat einfach nur viel Pech gehabt.»
«Ja, klar, Ute. So kann man es auch ausdrücken. Man nennt das ja auch wirklich Pech, wenn die Ehefrau zufällig früher nach Hause kommt und ihren Mann mit zwei Apothekergehilfinnen im Bett vorfindet. Der Arme.»
«Ach Atze, das ist doch überhaupt nicht wahr. Die Geschichte ist uralt und außerdem erstunken und erlogen. Du bist doch einfach nur eifersüchtig, weil ‹Milzbrand› damals ihn als Trommler genommen haben und nicht dich.»
Wie sie so dastand, die Arme vor der Brust verschränkt und sich ihrer Sache so sicher, und dann noch den Mist von diesem Idioten wiederkäute – das machte mich rasend vor Wut.
«Ey Ute, hör auf, mir so einen Scheiß zu erzählen, sonst flipp ich aus! Mach, was du willst, aber sollte mir dieser Lappen hier übern Weg laufen, dann hau ich ihm so was von aufs Maul, dass ihn seine eigene Mutter nur noch an der Stimme erkennt.»
Sie bebte vor Zorn und Enttäuschung. Hochrot im Gesicht ging sie auf mich los.
«Du bist ja völlig verrückt! Du hast sie doch nicht mehr alle. Der tolle Herr Schröder, unser großer Star, kann es wohl nicht ertragen, wenn andere Leute auch mal glücklich sind und er mal nicht die erste Geige spielt. Das hätte ich nie von dir gedacht!»
Sie riss die Tür auf und schob mich in den Flur. Außer sich vor Wut, brüllte sie mich an: «Auf Wiedersehen, aber es eilt nicht. Du bist ein richtiges Arschloch, weißt du das? Ein Arschloch!»
In dem Moment ging unten die Haustür auf, und Utes Mutter kam mit Philipp auf dem Arm vom Spielplatz wieder.
«Was ist denn hier los? Atze, wie siehst du denn aus? Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?»
Ich schaute an ihr vorbei und murmelte: «Heiko Müller.» Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und stürmte die Treppe hoch zu meiner Wohnung.
Nachdem ich eine Stunde im Dunkeln auf dem Küchenboden gesessen hatte, ging ich rüber zu Gerd und klopfte. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich die Tür, und vor mir stand Essens Bauminister mit einer Riesentüte in der Hand. Ohne ein Wort zu sagen, nahm ich ihm den Jolly ab, schmiss mich auf sein indisches
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