und das geheimnisvolle Erbe
modische Ballerinas. Weiter oben standen Taschen aller Art, von winzigen bestickten Börsen bis zu sportlichen Umhängetaschen aus herrlich weichem Leder.
An den Kleiderstangen hingen Kleider in winzigen Blumenmustern, Seidenblusen, Bundfaltenho-sen in Gabardine, Blazer und Röcke aus Tweed – und alles in Größe acht.
Ich starrte die Sachen mit offenem Mund an, und mein Blutdruck stieg bedenklich. Fast konnte ich es hören, wie das Pfeifen eines Wasserkessels, der sich zu kochen anschickt. Das also war es, was Bill spielte! Jetzt verstand ich alles: die Schwertlilien, die Sternschnuppen-Show, die Bücher seines Vaters – alles passte zusammen. Der Märchenprinz überschüttet das kleine Bettelmädchen mit Geschenken und blendet sie mit seinem Märchenschloss, damit sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt und … Moment mal, hatte er etwa auch Unterwäsche gekauft?
Die Gefühle, die sich während der letzten vier-undzwanzig Stunden in mir angestaut hatten, ent-luden
sich jetzt in einem Wutanfall. Wer zum Teufel war er, dass er es wagte, mir vorzuschreiben, was ich anziehen sollte? Willis senior mochte jemand sein, der vom Anziehen etwas verstand, Bill hingegen sah aus, als ob er in seinen Klamotten schlief. Ich betrachtete mir diese schönen Kleidungsstücke und konnte nur Wut empfinden über die Frechheit, die Unverschämtheit, diese einfach unsägliche … Erwartete er etwa, dass ich mich dankbar zeigte?
Noch nie im Leben war mir etwas so peinlich gewesen, und ich war wütend über diese Demütigung.
An der Wohnzimmertür klopfte es leise, und als ich öffnete, stand der Urheber meines Zornes da – mit ausgefransten Manschetten und in verbeulten Hosen – und strahlte mich selbstzufrieden an, was alles noch schlimmer machte.
»Wie können Sie es wagen«, fuhr ich ihn an.
Der selbstzufriedene Ausdruck verschwand.
»Kommen Sie rein«, sagte ich, »und setzen Sie sich. Wir müssen über Verschiedenes reden.«
Bill setzte sich auf den Rand des Sofas und sah zu, wie ich erregt im Zimmer auf und ab ging.
Zaghaft fragte er: »Gefallen Ihnen die Sachen nicht?«
»Oh, sie sind wunderschön. Einfach toll. Jetzt kann ich endlich auch zum Präsidentenball gehen.«
Ich baute mich vor ihm auf. » Bill. Ich gehe zu keinem Präsidentenball. Wo soll ich das Zeug tragen?
Im Supermarkt? «
»Also, ich …« Aber er kam gar nicht dazu wei-terzureden. Mein verletzter Stolz ging mit mir durch.
»Aber natürlich haben Sie keine Ahnung von diesen Dingen«, sagte ich. » Sie haben ja Bedienstete.
Also, vielleicht darf ich kurz erklären. Der Supermarkt ist ein Ort, wo man hingeht, wenn man genug Geld hat, um vielleicht drei Dosen Tomatensuppe zu kaufen, verstanden? Es ist ein Ort, wo die Express-Kasse immer gerade in dem Moment schließt, wenn man an die Reihe käme, sodass man mit seiner Tomatensuppe in den anderen langen Schlangen landet, und zwar hinter der Analphabe-tin mit ihren Lebensmittelgutscheinen, die aber nicht exakt für das gültig sind, was sie in ihrem Einkaufswagen hat. Und wo man dann dasteht und mit seinen Dosen jongliert, während sie mit der Kassiererin über jedes Gramm und jeden Liter strei-tet; und natürlich möchte man nicht auch unhöflich sein, nur weil sie blau getöntes Haar hat und vielleicht selbst von Hundenahrung lebt, aber trotzdem möchte man schreien, weil man denkt, dass sie wenigstens einmal den richtigen Gutschein für ihre Sorte von Hundenahrung ausschneiden könnte. Ja, wahrhaftig, es ist sehr wichtig, dass man für solche Anlässe korrekt gekleidet ist. Das hübsche Kleid aus blauer Seide dort dürfte genau das richtige sein.« Als ich endlich Luft holte, machte Bill einen tapferen Versuch, sich zu verteidigen.
»Aber Lori, ich dachte nur, wenn Sie ausgehen, dass Sie dann …«
»Ausgehen? Meinen Sie etwa Verabredungen?
Wie kommen Sie darauf, dass ich Zeit für Verabredungen habe?« Ich holte tief Luft, dann sagte ich sehr ruhig: »Vielen Dank für Ihre aufmerksamen Geschenke, aber ich fürchte, sie sind nicht ganz mein Stil.« Ich ging zur Tür und drehte mich noch einmal um. »Ich habe jetzt eine Unterredung mit Ihrem Vater. Und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie dafür sorgten, dass diese Sachen inzwischen zurückgeschickt werden. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mr Willis, dann würde ich mir nämlich weiterhin meine Garderobe lieber selbst aussuchen.«
Als ich sein Büro betrat, lächelte Willis senior mir entgegen, aber das Lächeln verschwand, als er mein
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