Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
siehst du mich so an?«
    »Weil ich dich lange nicht mehr so wütend gesehen habe.«
    »Und?«
    Meg fuhr fort, mich durchdringend anzusehen.
    Sie machte den Mund auf, als ob sie etwas sagen wollte, dann machte sie ihn wieder zu und schüttelte den Kopf. »Nein. Diesmal nicht, Shepherd.

    Diesmal musst du allein drauf kommen.«
    Ehe ich etwas antworten konnte, flog die Veran-datür auf, und Doug kam heraus, umgeben von dem leckeren, knoblauchgeschwängerten Duft von Tomatensauce. »Entschuldigt die Störung«, sagte er, »aber ich kann die Käsereibe nicht finden.«
    »Hast du schon in der Garage nachgesehen?«, fragte Meg. »Na ja, ich sehe mal nach, ob ich sie finden kann. Bin gleich zurück, Shepherd.«
    Für Van Goghs Geschmack war das Gewitter wohl doch zu nahe gekommen, er flüchtete hinter ihnen ins Haus und ließ mich allein auf der Veranda zurück. Sowie die Tür zugefallen war, fielen die ersten dicken Tropfen aufs Dach. Dann fing es richtig an zu regnen, bis die Veranda wie von einem glitzernden, durchsichtigen Vorhang umgeben war.
    Ich stand auf und legte die Hände auf das Geländer, völlig gebannt von dem Schauspiel. Ich hörte nicht, wie die Tür sich ein zweites Mal öffnete.
    »Es tut mir Leid«, sagte Bill, und ich wachte aus meinen Träumen auf, verwundert, dass er neben mir stand.
    »Es tut mir Leid«, wiederholte er. »Was ich vorhin gesagt habe – es war nicht in Ordnung. Ich ha-be dich vor deinen Freunden in Verlegenheit gebracht, und das hätte ich nicht tun dürfen. Ich möchte mich entschuldigen.«
    Einen Augenblick – einen kurzen Augenblick lang

    – war mir, als ob ich Bill, den wirklichen Bill, zum ersten Mal sah. Er war gar kein schöner Märchenprinz. Er war weder jung noch besonders schneidig.
    Er hatte kein energisches Kinn, keine aristokrati-sche Nase, keine durchdringenden blauen Augen, und sein Haar war nicht im Entferntesten flachs-blond. Seine Nase würde auch nicht als Adlernase durchgehen, und sein Kinn – obwohl es durch den Bart etwas kaschiert war – schien eher etwas flie-hend zu sein. Die Farbe seiner sauber geschnittenen Haare konnte noch am ehesten als Grau bezeichnet werden, und die Augen hinter den Brillengläsern waren von einem warmen Braun. Er war nicht im klassischen Sinne schön; aber ich hatte klassischen Gesichtern sowieso nie getraut. In diesem kurzen Augenblick schien es mir, dass dies ein Gesicht war, dem ich vertrauen konnte. Und wenn jemand seinen Märchenprinzen schön findet, dann  ist  er auch schön, überlegte ich. In diesem Moment jedenfalls hatte ich keine Schwierigkeiten, mir Bill in einer glänzenden Rüstung vorzustellen. Dann schluckte ich und verjagte diese Vorstellung mit dem schärfs-ten Schwert, über das meine Fantasie verfügte.
    »Es ist schon in Ordnung«, sagte ich steif, indem ich das Geländer noch fester umklammerte.
    Seine Schultern senkten sich enttäuscht. Er seufzte leise und sah hinaus auf das verregnete Meer.
    »Wirklich, Bill, es ist schon gut.« Ich sah zu ihm auf und stieß ihn sanft mit dem Ellenbogen. »Ich weiß, wie schwer es sein kann, sich eine schlagferti-ge Antwort zu verkneifen.«
    »Das weißt du?« Er streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingerspitzen über meinen Handrü-
    cken. »Aber ich verspreche dir, es wird nicht wieder vorkommen.«
    Über dem Rauschen des Regens und meinem eigenen Herzklopfen hatte ich kaum Dougs Stimme an der Tür wahrgenommen. »Der Salat ist angerichtet«, sagte er. »Und Meg lässt sagen, wenn wir nicht schleunigst essen, dann nagt sie ein Bein vom Küchentisch an.«

    Während des ganzen Abends benahm sich Bill wie ein normaler Mensch. Er neckte sich mit Meg, unterhielt sich mit Doug über den Kunstmarkt, spielte Katzenspiele mit Van Gogh und behandelte mich nicht länger wie königlichen Besuch. Er ging sogar früh zu Bett, sodass ich mit meinen Freunden noch ein wenig allein sein konnte. Als wir am nächsten Tag abreisten, ließ er es geschehen, dass ich meine Tasche vergaß. In letzter Minute kam Meg damit zum Auto gekeucht.
    »Hör mal, Shepherd, ich weiß schon, dass du dir deine Prachtkutsche nicht mit diesem schäbigen Stück hier versauen willst, aber ich kann es in meinem makellosen Haus ebenfalls nicht dulden.« Sie warf die Tasche hinter Bill auf den Rücksitz, während Doug die Treppe heruntergerannt kam.
    »Du musst uns ganz bestimmt aus England schreiben«, sagte er.
    »Zeitverschwendung«, sagte Meg.
    Doug und ich sahen sie überrascht an.
    »Mit deinem

Weitere Kostenlose Bücher