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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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hingegen sah aus, als ob er lediglich einen gemütlichen Spaziergang über den gepflegten Golf-platz plante. Als er um neun Uhr im Wintergarten erschien, trug er sein gewohntes Tweedjackett, ein kariertes Oberhemd und Cordhosen. Das einzige Zugeständnis war, dass er keinen Schlips trug.

    »Hast du nichts anderes zum Anziehen?«, fragte ich.
    »Du klingst wie mein Vater«, sagte er, während er ungeduldig von einem Bein auf das andere trat.
    »Dann solltest du auf deinen Vater hören. Aber ich spreche jetzt nicht über Geschmacksfragen, vielmehr liegt mir deine Sicherheit am Herzen.«
    Zweifelnd sah ich seine Lederschuhe mit den glat-ten Sohlen an. »Selbst in Turnschuhen hättest du einen besseren Halt als in diesen Dingern, und au-
    ßerdem wird dir in dem Jackett viel zu warm werden. Bist du denn in Afrika niemals auf einen Berg gestiegen?«
    »Ich hatte einen Landrover«, entgegnete Bill sachlich. »Außerdem sagte Emma doch, dass es einen Weg gibt.«
    »Es handelt sich um einen Trampelpfad, der ziemlich steil ansteigt.« Ich befühlte die dicke Segeltuchtasche, die er sich über die Schulter gehängt hatte. »Und was ist da drin?«
    »Ein paar Sachen, die man bei einem Vorhaben wie unserem benötigt. Lass mich sehen …« Er öffnete die Tasche und kramte darin. »Eine Flasche Wasser, ein Brot, etwas Käse, ein paar Tafeln Schokolade, die Notleuchte aus dem Auto, eine Decke, die kleine Schaufel aus dem Werkzeug-schuppen, ein Fotoapparat …«
    »Wir gehen doch nicht auf Safari«, wandte ich ein. »Glaub mir, Bill, diese Tasche wird auf deiner Schulter einen Zentner wiegen, lange ehe wir oben sind. Du wirst dir wünschen, dass du einiges von dem Inhalt nicht mitgenommen hättest.«
    »Das lass nur meine Sorge sein.« Damit stieß er die Tür des Wintergartens weit auf. »Was für ein herrlicher Tag!«
    Damit zumindest hatte er Recht. Es war so schön, draußen zu sein, und ich musste mich beherrschen, um nicht sofort loszurennen. Nach Westen hin breitete sich grün und malerisch eine Wiese aus, auf der Schafe weideten, im Osten war der Eichenhain, und vor uns lag Pouters Hill.
    Wir überquerten die abgesenkte Terrasse des Gartens, dann gingen wir auf der anderen Seite die Stufen hinauf und traten durch das Tor in der Feld-steinmauer auf die Wiese hinaus. Ein Kiesweg, der zwischen den Judasbäumen hindurchführte, die ich von meinem Balkon aus gesehen hatte, führte zu einem schattigen Bach, der am Fuße des Berges ent-langfloss. Die rustikale Brücke, die darüber führte, brachte uns fast geradewegs zu einer Öffnung zwischen den Bäumen. Nachdem wir uns auf der Karte vergewissert hatten, dass dies der Weg sein müsste, von dem Emma gesprochen hatte, machten wir uns an den Anstieg. Ich redete kaum, da mich das Berg-aufgehen genügend Luft kostete, dafür redete Bill für uns beide.

    »Farne, Veilchen und Vogelgesang«, schwärmte er. »Eine sanfte Brise, die uns umschmeichelt. Guter, ehrlich erworbener Schweiß, der berauschende Duft des Frühlings und ein lieblicher Weg, der sich vor uns dahinschlängelt.« Er blieb stehen, um sein Jackett auszuziehen und sich die Stirn abzutupfen.
    »Ach, Lori, das Leben ist doch schön.«
    »Stimmt«, sagte ich und ging weiter. Als jedoch der gute, ehrlich erworbene Schweiß ihm in immer stärkeren Bächen übers Gesicht lief, wurden seine poetischen Beiträge rarer, und die Pausen dazwischen wurden immer länger; und als wir den Weg etwa zur Hälfte zurückgelegt hatten, war er völlig verstummt und man hörte nur noch sein schweres Schnaufen. Und als schließlich die lieblichen Pflanzen, die den ersten Teil unseres Weges gesäumt hatten, starkem, dornigem Gestrüpp gewichen waren, murmelte er gar etwas von einer Kettensäge.
    Als wir drei Viertel des Weges hinter uns hatten, bekam ich Mitleid und nahm ihm die Umhängetasche ab. Doch bis Bill schließlich zerkratzt und mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht das letzte Stück des Weges bewältigt hatte, war er so ver-dreckt, verschwitzt und mürrisch, dass ich fürchtete, er würde mindestens eine Woche lang mit mir schmollen.
    Bis wir sahen, was vor uns lag.
    Der Weg hatte uns auf eine Lichtung geführt, von der man die gesamte Landschaft auf der anderen Seite des Berges überblickte. Vor uns öffnete sich ein weites Tal, ein wahrer Flickenteppich aus Gold-gelb, Hellgrün und tiefem Braun, aus grünenden Feldern und frisch gepflügter Erde, durchzogen von niedrigen Steinmauern und eingesäumt vom silbri-gen Band eines

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