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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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deshalb keine Sorgen machen.«
    Aber ich machte mir Sorgen. Ich war der festen Überzeugung gewesen, dass ich diese Geschichten in- und auswendig kannte, aber jetzt hatte ich das Gefühl, dass das nicht der Fall war. Ich war völlig verwirrt und verunsichert. Was hatte ich noch vergessen? Ich ging zum Anfang des Manuskripts und fing an zu lesen.

18
    Drei Tage lang waren wir von dichtem Nebel eingehüllt.
    Emma behauptete, so etwas habe sie noch nie erlebt. Sie kam vorbei, um mir zu sagen, dass Ruth und Louise Pym meine Einladung angenommen hätten und am Samstag zum Tee kämen. Außerdem wiederholte sie noch einmal ihre Warnung wegen Pouters Hill. »Er ist zwar nicht der Mount Eve-rest«, sagte sie, »aber ihn bei diesem Wetter zu besteigen kann genauso gefährlich sein.« Ich strafte Bills Prophezeiung Lügen, indem ich ihr Recht gab, und tat es gleich noch einmal, indem ich am Morgen des vierten Tages den Ausflug um weitere vier-undzwanzig Stunden verschob, obwohl endlich die Sonne schien. Ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn man den Weg erst ein wenig trocknen ließe –
    im tiefen Schlamm wäre der Anstieg bestimmt nicht leichter zu bewältigen als im dichten Nebel.
    Dennoch ließen wir unsere Zeit nicht ungenutzt.
    Bill hatte die gesamte Korrespondenz gelesen und überreichte mir eine vollständige Liste der Briefe, die auf die eine oder andere Art mit den Geschichten von Tante Dimity zusammenhingen. Ich war sprachlos ob der Geschwindigkeit, in der er alles gelesen hatte, aber er tat mein Lob mit einem Achselzucken ab, indem er sagte, verglichen mit dem Lesen von Vertragstexten sei dies ein Kinderspiel gewesen.
    Er hatte nicht einen einzigen Hinweis auf Dimitys
    »Problem« gefunden, doch nun machte er sich daran, eine Liste aller Personen zusammenzustellen, die in ihren Briefen erwähnt wurden, angefangen mit Leslie Gordon im Starling House bis hin zu Mrs Farnham, der Frau des Gemüsehändlers. Wenn Ruth und Louise Pym uns keine Erklärung geben konnten, würden wir die Liste durcharbeiten, so lautete unser Plan, bis wir jemanden gefunden hätten, der es konnte.
    Während sich Bill mit den Briefen beschäftigte, vertiefte ich mich in das Manuskript, um die Geschichten, wie sie mir im Gedächtnis geblieben waren, mit dem Text zu vergleichen, der hier stand.
    Dabei zeigte es sich, dass mein Gedächtnis mich nur allzu oft im Stich ließ, und die Diskrepanzen, die ich dabei feststellte, verunsicherten mich zusehends.
    Zum Beispiel erinnerte ich mich genau an den dicken Mann, der bei Harrod’s Tante Dimity auf den Fuß getreten war, aber was danach geschah, war seltsamerweise völlig aus meiner Erinnerung verschwunden.

    Mit überschwänglichen Entschuldigungen wandte sich der dicke Mann an Tante Dimity und bot ihr seinen starken Arm an. »Es tut mir außerordentlich Leid, gnädige Frau«, sagte er mit gewaltiger Stimme, »aber das Gedränge ist heute auch wirklich unmöglich. Möchten Sie nicht meinen Arm nehmen? Vielleicht kommen wir leichter voran, wenn wir dem Ansturm gemeinsam begegnen.«

    Und Tante Dimity hatte seinen Arm genommen, und gemeinsam waren sie dem Ansturm begegnet; schließlich hatte er sie zu ihrem Zug begleitet und sich freundlich verabschiedet. Und obwohl sie keine Taschenlampe gekauft hatte, war ihr Heimweg durch die Erinnerung an diesen netten Mann sehr angenehm gewesen.
    Das Einzige, was mir im Gedächtnis geblieben war, war ihr gequetschter Fuß. Fast schien es, als ob ich im Rückblick die Geschichte verzerrt hätte, damit sie in ein anderes Weltbild passte, ein härteres, grausameres Bild, und das war bei fast allen Geschichten in diesem Band der Fall. Ich war beun-ruhigt, sagte Bill aber nichts davon. Ich fragte mich lediglich, wann ich so bitter geworden war.
    Als ich alle Geschichten gelesen hatte, durchsuch-te ich das Haus nochmals sehr sorgfältig nach Hinweisen auf Dimitys Problem. Angefangen mit dem Abstellraum, sah ich in jeden Schrank, jedes Fach und jede Schublade, um irgendwo ein fehlende Foto, ein persönliches Tagebuch oder sonst irgendetwas zu finden. Ich ging sogar so weit, dass ich Wände und Fußböden nach möglichen Hohlräumen abklopfte, was Bill sehr erheiterte. Meine Suche indes blieb erfolglos.
    Mit Hilfe von Bills Liste suchte ich mir aus den Briefen jene heraus, die etwas mit den Geschichten zu tun hatten, und nahm sie dann als Vorwand, nach Bath zu fahren. Bill sagte ich, dass ich sie in einem Geschäft fotokopieren wolle, und er stimmte mir zu, dass es

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