und das Goldene Dreieck
Dutzend Soldaten der Feind. Dieser Gedanke erschreckte sie. Sie befand sich nun unter dem Gesetz des Berglands, in einem Gebiet, wo Soldaten der Sicherheit halber in Trupps Streife zogen; wo das Klicken von Mornajays Kamera ebensogut das Klicken des Sicherungsflügels eines verborgenen Gewehrs sein mochte; und wo Akhajungen und Teakschmuggler sich versteckten, wenn Uniformierte in die Nähe kamen, genau wie Wen Sas Männer sich verstecken - oder schießen würden. Bonchoo hatte in dieser Hinsicht recht: Nur wer sich außerhalb des Gesetzes bewegte, hatte eine Chance - und nicht einmal eine große -, Cyrus in diesen Quadratkilometern dicht bewaldeter Berge zu finden.
Als die Patrouille vorbei war, warteten sie noch eine Weile ab. Schließlich stand Anu auf, schob die Lianen zur Seite, und sie kehrten zum Pfad zurück. »Wir machen bald Rast«, sagte Bonchoo. »Wir sind bereits etwa zwei Stunden unterwegs.«
Mrs. Pollifax bemerkte, daß Mornajays Khakihose nun an beiden Knien Flecken hatte. Sie fand, daß es besser war, daran zu denken, als an das, was Cyrus vielleicht gerade zustieß. Zwanzig Minuten später rasteten sie zwischen hohem Bambus, ein sicheres Stück vom Pfad entfernt. Ein mächtiger Baum war hier gefallen und hatte ein Loch in das dichte Laubdach des Waldes gerissen, so daß nun Licht auf ihre winzige Raststätte fiel. Ohne einen Gedanken an Schlangen oder sonstiges kriechendes Getier ließ sich Mrs. Pollifax auf den Boden fallen und genoß es, ihre Füße ausruhen zu können. Bonchoo hatte sich mit Anu unterhalten, der ein bißchen Thai sprach, jetzt setzte er sich mit gekreuzten Beinen neben sie, während Mornajay auf dem liegenden Baumstamm thronte. Mrs. Pollifax ließ den Blick über die stammartigen dicken Halme der Bambusse wandern, bis hoch zu dem Fleckchen blauen Himmels über ihnen.
Mornajay, der ihrem Blick folgte, sagte: »Herrliche Exemplare von Dendrocalamus giganteus. Sie sind in Birma zu Hause, aber wir befinden uns ja schon fast in Birma. Faszinierend!«
Dieser Mann kann sich offenbar nicht wie ein normaler Sterblicher unterhalten, dachte sie verärgert. In ihrer Müdigkeit machte sie keinen Hehl aus ihrem Ärger. »Wenn man bedenkt, daß neun Zehntel der Erdbevölkerung Ihren Dendrocalamus giganteus Bambus nennen, verstehe ich nicht, weshalb Sie so geschwollen daherreden müssen!«
»Ich bitte um Verzeihung!« sagte er heftig.
»Das wird auch gut sein«, brummte sie und schwieg gereizt.
Anu hockte sich an den Rand ihres Kreises. Hin und wieder raschelten Blätter hoch über ihnen, aber ansonsten war es still im Wald. Die Sonnenstrahlen fielen auf Moospolster, verrottetes Laub und dürre Zweige. Ein Schmetterling flatterte über den Lianen, die sich am Rand dieser winzigen Lichtung gebildet hatten. »Ich erinnere mich nicht, daß wir gestern so viele Schlingpflanzen gesehen hatten«, sagte Mrs. Pollifax. »Ich komme mir fast wie in einem Tarzanfilm vor.«
»Tarzan?« fragte Bonchoo.
Sie erklärte ihm, wieder bei besserer Laune, wer Tarzan war. »Ah!« rief Bonchoo. »Wie unsere Pi Tong Luang, die Geister der gelben Blä tter!«
»Wie was?«
»Ja, ja«, er nickte. »Sie lebten hier, hier in diesen Wäldern, wie Schatten. Sie waren so gut wie unsichtbar, aber manchmal wurden sie doch von Waldleuten oder von Holzfällern gesehen, die Teak stahlen. Es gibt viele Geschichten über sie.« Mit einem Blick auf Mornajay sagte er trocken: »Wie über Ihr vergessenes Kloster, mai? Dann, kurz bevor ich geboren wurde, zur Zeit des großen Krieges, als die Japaner unser Land besetzten, wurden sie entdeckt.« Er zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, ob Hunger sie herausgetrieben hat, oder ob die vielen Soldaten daran schuld waren, die durch den Dschungel streiften.«
»Geister der gelben Blätter?« murmelte Mrs. Pollifax. »Wie waren sie? Sind sie...« Sie schaute in den Wald. »... sind sie noch hier?«
Bonchoo zuckte die Schultern. »Wer weiß? Angeblich gab es nur noch etwa fünfhundert von ihnen, als sie entdeckt wurden. Sie waren sehr scheu und sehr verängstigt, auch sehr klein, aber sie hatten hübsche Gesichter. Wenn sie so lange in diesem Wald lebten - wie Ihr Tarzan - sind sie vielleicht noch hier, warum auch nicht? Man nannte sie Geister, weil man sie kaum je zu Gesicht bekam.«
Mit nicht ganz fester Stimme fragte Mrs. Pollifax: »Ob sie uns wohl jetzt beobachten?«
Mornajay fragte argwöhnisch. »Woher wissen Sie soviel über den Regenwald?«
»Oh, ich weiß nicht viel darüber, ich bin
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