und das Goldene Dreieck
dürfen!
Andererseits habe ich es bereits getan und bin hier. Und weil auch sie Kim gern mochte und weil gerade dieses Buch aussah, als würde es am meisten gelesen und wäre das Lieblingsbuch des heiligen Mannes, nahm sie es doch vom Wandbrett.
Es war eine Ausgabe für Kinder, illustriert von einem Künstler, der ihr aus ihrer eigenen Kindheit vertraut war. Und da sie noch nie eine Ausgabe von Kim mit Illustrationen gesehen hatte, blätterte sie lächelnd darin, bis sie zu der dem Titelblatt gegenüberliegenden Seite kam. Hier stand in Kindeshand mit Blockschrift: MEIN BUCH VON MAMA ZU MEINEM GEBURTSTAG JOHN LLOYD MATTHEWS
14
Sie floh auf den dunklen Korridor, kehrte den Weg zurück, den sie gekommen war und fing zu laufen an, als sie den Türbogen vor sich sah. Sie suchte Zuflucht im Schatten am Brunnen und atmete heftig. Sie versuchte sich vorzumachen, daß die Eintragung in dem Buch bedeutungslos war. Immerhin hatte John Lloyd Matthews vor seinem Verschwinden Jahre Jahrzehnte! - in Thailand gelebt, und es war nur natürlich, daß ein Teil seines Eigentums, nachdem er für tot erklärt worden war, im Land geblieben und auf dem Markt an irgendwelche Fremde verkauft worden war.
Ein Mann wie der Acharya würde ein antiquarisches Buch wie Kim zu schätzen wissen, wenn er in einer Buchhandlung oder im Basar darauf stieß. Weit war das Buch gar nicht gekommen, denn John Lloyd Matthews war in Chiang Mai verschwunden.
Sie erinnerte sich, daß er Cyrus' Freund gewesen war, und man hatte ihn ebenfalls entführt - zumindest wurde das angenommen. Nun wußte sie, wie leicht das hier war. Sie dachte: Vielleicht las Matthews das Buch, als er entführt wurde, und seine Mörder nahmen es in die Berge mit und irgend jemand brachte es dem Acharya. Oder vielleicht... Durch die Eintragung immer noch aufgewühlt, mahnte sie sich: Halt! Hör endlich auf und sieh die Dinge mit dem Verstand!
Aber die erstaunten Gedanken, die sie überschwemmten, ließen sich nicht so einfach ordnen. Der Acharya sah weder wie ein Thai, noch wie ein Chinese aus, ja überhaupt nicht asiatisch, und er sprach ein tadelloses Englisch. Er hatte zu Bonchoo gesagt, daß er ihnen nicht helfen konnte, weil er in Frieden mit seinen Nachbarn lebte. Als sie sich an ihn wandte, hatte er auch ihr ausdruckslos erklärt, daß er ihnen nicht helfen könne. Und dann - hatte sie gesagt: »Nicht Pollifax. Sein Name ist Cyrus Reed.« Abrupt hatte er sein Verhalten geändert. Er hatte sie erschrocken angeblickt und sich umgedreht. Und als er sich ihr wieder zuwandte, hatte er gesagt, daß einer der Mönchen ihnen den Weg zum SchanLager weisen würde. Sie erinnerte sich an Cyrus' Worte: »Ich kannte ihn gut aus unserer High-School-Zeit in Connecticut.« Und: »Damals war er für uns Joker Matthews.«
» Cyrus Reed?« hatte der Acharya wiederholt, und »Sie sagen, Sie sind Amerikanerin?«
Und Bishop hatte gesagt, daß es nie die geringste Spur gab. »Ich glaube, man nahm schließlich an, daß er Lösegelds wegen von Rebellen oder Drogenhändlern entführt wurde. .. er sich aber so gewehrt hat, daß er den Tod fand und man ihn im Regenwald verscharrt hat. «
Mein Buch. Von Mama zu meinem Geburtstag. John Lloyd Matthews. Unmöglich! sagte sie sich.
Bonchoo riß sie aus ihren verworrenen Gedanken. Er rief auf dem Außengang ihren Namen. »Ja?« rief sie zurück.
»Ich habe Nai Mornajay Reiswasser eingeflößt. Es ist ihm offenbar bekommen. Jetzt kriegen wir zu essen.«
»Gut!« Sie stand auf und verdrängte resolut die turbulenten Gedanken; damit konnte sie sich auch noch später beschäftigen. Wichtiger als ihre törichten Überlegungen, was den Acharya betraf, war, daß sie sic h, nachdem sie Reis gegessen hatten, auf den Weg zum SchanLager machen würden. Ihr Herz klopfte heftig. Nun gab es nur noch die schreckliche Frage, ob sie Cyrus dort auch finden würden.
Der heilige Mann aß nicht mit ihnen. »Wie sind Sie zu dem Acharya gekommen?« fragte Mrs. Pollifax Prasert, als sie sich zum Essen auf den Boden setzten. Ohne sonderlichen Begeisterung blickte sie auf die Schüsseln vor ihr: Da war der übliche klebrige Reis sowie Tee - doch auch eine Schüssel mit gebackenen Garnelen. Das war schon etwas anderes! Allerdings schmälerte es ihre Freude, als ihr bewußt wurde, daß sie diese bescheidene Portion mit fünf Mönchen und Bonchoo teilen mußte. »Und was hat Sie bewogen, Mönch zu werden?«
»Wir sind Novizen, keine Mönche«, erklärte Prasert ihr und übersetzte es
Weitere Kostenlose Bücher