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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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bis er weg ist, und hoffen, dass ich die Überraschung auf meiner Seite habe und Astrid Prescott dazu bringen kann, mich mal das Baby halten zu lassen, und das wünsche ich mir mehr als alles andere. Ich sehe, wie Nicholas den Wagen startet. Astrid schließt die schwere Eingangstür. Ohne nachzudenken, lege ich den Gang ein und folge Nicholas.
    In dem Augenblick wird mir bewusst, dass ich so oder so nach Massachusetts zurückgekehrt wäre. Das hat nicht nur mit Max zu tun, nicht nur mit meiner Mutter und auch nicht nur mit Pflicht. Selbst wenn da kein Baby gewesen wäre, ich wäre wegen Nicholas wieder zurückgekommen. Wegen Nicholas. Ich liebe Nicholas. Trotz der Tatsache, dass er nicht länger der Mann ist, den ich geheiratet habe, trotz der Tatsache, dass er mehr Zeit mit seinen Patienten verbringt als mit mir, und trotz der Tatsache, dass ich nie die Frau war, die er verdient hat, und es auch nie sein werde. Vor langer Zeit hat er mich verzaubert. Er hat mich gerettet. Aus irgendeinem unverständlichen Grund hat Nicholas mich allen anderen Frauen auf der Welt vorgezogen. Auch wenn wir uns im Laufe der Jahre verändert haben, das ist die Art von Gefühl, das die Zeiten überdauert. Und ich weiß einfach, dass er dieses Gefühl noch immer in sich trägt … irgendwo. Vielleicht war der Teil seines Herzens, mit dem er mich jetzt hasst, ja früher einmal der, mit dem er geliebt hat.
    Plötzlich werde ich ungeduldig. Ich will Nicholas sofort finden und ihm sagen, was ich jetzt weiß. Ich will ihn am Kragen packen und ihm meine Erinnerungen in den Kreislauf küssen. Ich will ihm sagen, dass es mir leidtut. Ich will ihn sagen hören, dass er mich freilässt.
    Ich lasse den Arm beim Fahren aus dem Fenster hängen und lache laut über meine Erkenntnis: Ich bin ruhelos so weit gerannt, Meile um Meile, nur um am Ende zu erkennen, dass ich eigentlich nur hier sein will.
    Nicholas parkt in der Hochgarage des Mass General, auf der obersten Ebene, und ich parke vier Wagen von ihm entfernt. Ich denke an die ganzen Krimis, die ich im Fernsehen gesehen habe, und bleibe immer hinter einem Betonpfeiler für den Fall, dass Nicholas sich plötzlich umdrehen sollte. Ich fluche und frage mich, wie ich es vermeiden soll, im Aufzug von ihm bemerkt zu werden, doch Nicholas nimmt die Treppe. Nicholas geht eine Etage hinunter und durch einen Flur, auf dem es nicht im Mindesten nach Chirurgie aussieht. Es gibt hier einen blauen Teppichboden, und an den Türen hängen Messingschilder mit den Namen von Ärzten. Als Nicholas stehen bleibt, um eine Tür aufzuschließen, verstecke ich mich hinter einer anderen. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragt eine Stimme hinter der halb offenen Tür, und ich spüre, wie mir das Blut aus den Wangen weicht. Sofort husche ich in den Flur zurück.
    Nicholas hat die Tür hinter sich geschlossen. Ich gehe dorthin und lese, was auf der Messingtafel steht: DR. NICHOLAS J. PRESCOTT, AMTIERENDER CHEFARZT DER KARDIOLOGIE. Wann ist das denn passiert? Ich lehne mich gegen die blank polierte Tür und streiche über die eingravierten Buchstaben. Ich wäre gerne dabei gewesen, und gleichzeitig frage ich mich, wie es wohl dazu gekommen ist. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Alistair Fogerty in einer kompromittierenden Position mit einer Schwester in der Besenkammer. Aber vielleicht ist er auch krank oder gar tot. Was sonst sollte diesen aufgeblasenen, alten Ziegenbock dazu bringen, seinen Posten aufzugeben?
    Das Drehen des Türknaufs erschreckt mich. Ich springe zum Schwarzen Brett und tue so, als wäre ich in einen Artikel über Endorphine vertieft. Nicholas geht an mir vorbei, ohne mich zu bemerken. Er hat sein Jackett gegen einen weißen Kittel getauscht. Er bleibt an einem leeren, runden Tisch vor den Aufzügen stehen und blättert durch die Seiten auf einem Klemmbrett.
    Als er im Aufzug verschwindet, gerate ich in Panik. Das ist ein großes Krankenhaus, und die Chance, ihn hier wiederzufinden, tendiert gegen null. Aber es musste einen Grund gegeben haben, warum ich ihm hierher gefolgt bin – auch wenn ich selber nicht weiß, was das war –, aber so leicht würde ich nicht aufgeben. Ich reibe mir die Schläfen und suche wie Sherlock Holmes nach Hinweisen. Wie verbringt Nicholas den Tag? Wohin würde ein Arzt wahrscheinlich gehen? Ich versuche, mich an Gespräche zu erinnern, in denen er mal irgendwelche Orte im Krankenhaus erwähnt hat. Nicholas könnte zu den Krankenzimmern gegangen sein, ins Labor oder zu den

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