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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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und wieder versuchen, bis es ihr fehlerfrei gelang und sie es nie wieder vergessen würde. »Nicholas«, sagte sie. »Ja … Ja, ich will dich heiraten.«

K APITEL 4
    P AIGE
    Ich hätte meine Ehe nicht mit einer Lüge beginnen dürfen, das hätte ich wissen müssen. Aber damals schien es so leicht. Dass jemand wie Nicholas mich wollte, war einfach überwältigend. Er hielt mich, wie ein Kind eine Schneeflocke hält, leicht, als wisse er irgendwie, dass ich in nur einem Augenblick verschwinden könnte. Er trug sein Selbstvertrauen wie einen Mantel. Ich habe ihn nicht nur geliebt, ich habe ihn angebetet. Ich hatte noch nie jemanden wie ihn kennengelernt, und da ich überrascht war, dass er ausgerechnet mich ausgesucht hatte, traf ich eine Entscheidung: Ich würde sein, was immer er wollte, und ihm bis ans Ende der Welt folgen.
    Er glaubte, ich sei noch Jungfrau, dass ich mich für jemanden wie ihn aufgespart hätte. In gewisser Hinsicht hatte er auch recht damit – in achtzehn Jahren hatte ich noch nie jemanden wie Nicholas getroffen. Doch das, was ich ihm nicht erzählt hatte, nagte bis zu unserer Hochzeit jeden Tag an mir. Es war wie ein stetes Summen im Ohr, das alles übertönte. Immer wieder dachte ich an Vater Draher, der uns stets gepredigt hatte, eine Unterlassungslüge sei auch eine Lüge. Also beschloss ich jeden Tag nach dem Aufwachen, heute sei der Tag, an dem ich Nicholas die Wahrheit sagen würde. Doch es gab eine Sache, die noch schlimmer war, als ihm zu gestehen, dass ich eine Lügnerin war: die Gefahr, ihn zu verlieren.
*
    Nicholas kam aus dem Badezimmer der kleinen Wohnung. Er hatte sich ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Das Handtuch war blau, und darauf waren Bilder von Fesselballons in den Primärfarben. Nicholas ging zum Fenster, ohne jegliche Scham, und zog die Jalousie herunter. »Tun wir einfach mal so«, sagte er, »als wäre es nicht mitten am Tag.«
    Er setzte sich auf die Bettkante. Ich lag unter der Decke. Obwohl es draußen warm war, hatte ich schon den ganzen Tag gezittert. Und ich wünschte auch, es wäre Nacht, doch nicht aus Sittsamkeit. Dieser Tag war so furchtbar und voller Anspannung gewesen, dass ich wünschte, es wäre schon morgen. Ich wollte aufwachen, Nicholas neben mir finden und einfach mit dem Rest des Lebens weitermachen – unseres Lebens.
    Nicholas beugte sich über mich und brachte den vertrauten Duft von Seife, Babyöl und frisch geschnittenem Gras mit. Ich liebte seinen Geruch, denn es war nicht, was ich erwartet hatte. Er küsste mich auf die Stirn, als wäre ich ein krankes Kind. »Hast du Angst?«, fragte er.
    Ich wollte ihm sagen: Nein. Vermutlich wird es dich überraschen, aber wenn es um Sex geht, komme ich ganz gut zurecht. Stattdessen nickte ich jedoch und wartete darauf, dass er mich beruhigte und mir sagte, er würde mir nicht wehtun, zumindest nicht mehr als nötig beim ersten Mal. Doch Nicholas streckte sich neben mir aus, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sagte: »Ich auch.«
*
    Ich habe Nicholas nicht sofort gesagt, dass ich ihn heiraten will. Ich gab ihm Zeit, noch einen Rückzieher zu machen. Er hat mich in jener Nacht im Mercy gefragt, nachdem er diese Hexe von Freundin mitgebracht hatte. Zuerst habe ich schreckliche Angst bekommen, denn ich glaubte, mich nun all den Geheimnissen stellen zu müssen, vor denen ich weggelaufen war. Gut einen Tag lang habe ich mich gegen die Vorstellung einer Ehe mit ihm auch gewehrt, aber wie sollte ich etwas verhindern, das offenkundig Schicksal war?
    Ich wusste die ganze Zeit über, dass Nicholas der Richtige war. Ich konnte mit ihm im Gleichschritt gehen, obwohl seine Beine viel länger waren als meine. Ich konnte am Klang der Türglocke hören, dass er den Raum betrat. Und wenn ich an ihn dachte, dann musste ich lächeln. Ich hätte Nicholas zwar auch geliebt, wenn er mir keinen Heiratsantrag gemacht hätte, aber ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich an schmucke Häuschen in von Bäumen gesäumten Straßen dachte, an spielende Kinder auf dem Fußballplatz und an Rezepte in einer selbst gebastelten Schachtel auf dem Regal. Ich stellte mir ein normales Leben vor, wie ich es nie gehabt hatte. Auch wenn ich dieses Leben erst jetzt leben würde, als Ehefrau, so sagte ich mir: besser spät als nie.
    Der Dekan von Harvard gab Nicholas eine Woche frei, in der er weder Seminare besuchen noch im Krankenhaus arbeiten musste. In der Zeit konnten wir dann in ein Studentenwohnheim für Ehepaare ziehen

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