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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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und einen Termin beim Friedensrichter machen. Flitterwochen würde es allerdings nicht geben, denn dafür fehlte das Geld.
*
    Nicholas zog die Decke von mir herunter. »Wo hast du das denn her?«, fragte er und ließ seine Hand über den weißen Satin gleiten. Dann schob er die Finger unter die Träger. Sein Atem strich über meinen Nacken, und ich spürte, wie wir uns an so vielen Stellen berührten – den Schultern, den Bäuchen, den Schenkeln. Nicholas bewegte den Kopf nach unten und leckte meine Brustwarzen. Ich fuhr ihm mit der Hand durchs Haar und schaute zu, wie das Sonnenlicht das Blau am Haaransatz zum Vorschein brachte.
*
    Marvela und Doris, die beiden einzigen Freundinnen, die ich in Cambridge hatte, gingen mit mir in einen kleinen Kleiderdiscount in Brighton, der sich ›Preis der Träume‹ nannte. Dort schien es alles an Frauenkleidung zu geben, was man sich vorstellen konnte: Unterwäsche, Accessoires, Kostüme, Hosen, Blusen und Sweatshirts. Ich hatte einhundert Dollar. Fünfundzwanzig kamen von Lionel als Hochzeitsbonus, und der Rest stammte von Nicholas. Am Tag zuvor waren wir in das neue Studentenwohnheim gezogen, und als Nicholas sah, dass ich mehr Zeichenutensilien in meinem Rucksack hatte als Kleider, da erklärte er, ich müsse mir unbedingt etwas kaufen. Obwohl wir es uns nicht leisten konnten, gab er mir Geld. »Du kannst ja wohl kaum in der pinkfarbenen Uniform des Mercy heiraten«, sagte er, und ich lachte und antwortete: »Na, dann warte mal ab.«
    Doris und Marvela flogen wie erfahrene Shopper durch den Laden. »Mädchen«, rief Marvela mir zu, »willst du was Formelles oder lieber was Abgefahrenes?«
    Doris nahm mehrere Strumpfhosen von einem Ständer. »Was meinst du mit ›abgefahren‹?«, murmelte sie. »Bei einer Hochzeit gibt es kein ›Abgefahren‹.«
    Weder Doris noch Marvela waren verheiratet. Marvela war es einmal gewesen, doch ihr Mann war in dem Schlachthof, wo er gearbeitet hatte, bei einem Unfall ums Leben gekommen, und sie sprach nicht gern darüber. Doris, die irgendwas zwischen vierzig und sechzig war und die das Geheimnis ihres Alters hütete wie die Queen die Kronjuwelen, sagte, sie möge keine Männer, aber ich fragte mich, ob es vielleicht nicht eher umgekehrt war.
    Die beiden ließen mich mit Leder abgesetzte Tageskleider anprobieren, Zweiteiler mit gepunktetem Revers und sogar einen paillettenbesetzten, eng anliegenden Anzug, in dem ich mich wie eine Presswurst fühlte. Zu guter Letzt bekam ich ein schlichtes weißes Satinnachthemd für die Hochzeitsnacht und ein einfaches blassrosa Kostüm für die Zeremonie. Es bestand aus einem glatten Rock und einer Schößchenjacke, und es schien wie für mich gemacht. Als ich es anprobierte, schnappte Doris nach Luft, und Marvela schüttelte den Kopf und sagte: »Und da heißt es immer, Rotschöpfe könnten kein Rosa tragen.« Ich stand vor einem dreiteiligen Spiegel und hielt die Hände vor den Körper, als würde ich ein riesiges Blumenbouquet vor mir her tragen. Und ich fragte mich, wie es wohl sein würde, ein schweres Brokatkleid auf der Schulter zu spüren, eine Schleppe hinter sich herzuziehen und in einen Schleier zu atmen, während der Hochzeitsmarsch aus Lohengrin durch die Kathedrale hallte. Aber das würde nicht geschehen, und es war auch nicht wichtig. Wen kümmerte schon ein einziger Tag, wenn man noch sein ganzes Leben Zeit hat, alles perfekt zu gestalten? Und als ich mich zu meinen Freundinnen umdrehte, da sah ich meine Zukunft in ihren Augen leuchten.
*
    Nicholas’ Lippen suchten sich einen Weg über meinen Körper und hinterließen eine heiße Linie, die mich an Lionels Narbe erinnerte. Ich bewegte mich unter ihm. Er hatte mich noch nie so berührt. Tatsächlich hatte er, nachdem die Entscheidung zu heiraten gefallen war, kaum mehr getan, als mich zu küssen und meine Brüste zu streicheln. Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, was Nicholas wohl denken mochte, ob er irgendwann auf den Gedanken kam, dass mein Körper – der einen eigenen Willen hatte – sich nicht so scheu und ängstlich verhielt, wie er es von einer Jungfrau erwartete. Doch Nicholas sagte kein Wort, und vielleicht war er diese Art von Reaktion ja auch gewöhnt.
    Er hatte mich so lange und so gut berührt, dass es einige Momente dauerte, bis ich bemerkte, dass er aufgehört hatte. Und ich merkte es nur, weil die Wärme seiner Hände einem kalten Luftzug wich. Ich zog ihn näher an mich heran wie eine warme, menschliche Decke. Ich

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