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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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den Schusswechsel zweier Jugendgangs geraten war und einen Bauchschuss hatte. Und dann war Paige in seinem Apartment gewesen. Jeden Tag zu Paige nach Hause kommen zu können wäre eine große Erleichterung, ein Segen sogar.
    »Ich nehme an, du bist der Schokoladentyp«, sagte Nicholas.
    »Natürlich.«
    Nicholas nahm sie wieder in die Arme. »Du kannst nicht nur jederzeit die Hälfte meines Bechers haben«, sagte er. »Du kannst alles von mir haben.«
*
    Nicholas hatte einmal von einer kaum eine Meter fünfzig großen Frau gelesen, die einen umgestürzten Schulbus von ihrer siebenjährigen Tochter gehoben hatte. Und er hatte einmal eine Dokumentation über einen unverheirateten Soldaten gesehen, der sich auf eine Granate geworfen hatte, um einen Kameraden zu schützen, der daheim eine Familie gehabt hatte. Medizinisch konnte Nicholas das mit dem Adrenalinschub in Krisensituationen erklären. Praktisch gesehen wusste er, dass für solche Taten auch eine emotionale Bindung bestehen musste. Und zu seiner Überraschung erkannte er, dass er solche Dinge auch für Paige tun würde. Er würde für sie durch einen reißenden Fluss schwimmen, sich einer Kugel in den Weg werfen, sein Leben geben. Der Gedanke schockierte Nicholas, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Vielleicht war das ja nur das Produkt eines übertriebenen Beschützerinstinkts, aber immer mehr glaubte er, es war Liebe.
    Trotz seines überstürzten Heiratsantrags glaubte Nicholas nicht an die romantische Liebe. Er glaubte weder daran, aus den Socken gehauen zu werden, noch an Liebe auf den ersten Blick – auch wenn beides sein fast schon an Besessenheit grenzendes Interesse an Paige hätte erklären können. Als er letzte Nacht wachgelegen hatte, hatte er sich gefragt, ob Anziehung auch auf Mitleid beruhen konnte – er, der Junge, der mit allem aufgewachsen war und der nun glaubte, Licht in das Leben des Mädchens bringen zu können, das gar nichts hatte –; aber Nicholas hatte auch früher schon Frauen aus niederen sozialen Kreisen kennengelernt, und bei keiner von ihnen hatte es ihm die Sprache verschlagen. Diese Frauen – die, die Nicholas mit einer Flasche Hauswein und einem charmanten Lächeln für sich gewinnen konnte – schmückten sein Bett für gewöhnlich nicht länger als eine Woche, bis er entschied, es sei an der Zeit weiterzuziehen. Natürlich hätte er das auch mit Paige tun können – und er wusste, dass das nicht schwer gewesen wäre –, aber immer wenn er sie ansah, wollte er sie beschützen und mit seinem Leib vor der Welt abschirmen. Sie war viel zerbrechlicher, als sie nach außen hin zeigte.
    Paige hatte sich dort ausgestreckt, was dank ihr nun wirklich als Wohn zimmer durchgehen konnte, und sie las in dem Anatomielehrbuch, als wäre es ein Krimi. »Ich weiß nicht, wie du dir das alles merken kannst, Nicholas«, bemerkte sie. »Allein die Knochen sind mir ja schon zu viel.« Sie schaute ihn an. »Ich habe es versucht, weißt du? Ich dachte, wenn ich sie alle auswendig aufsagen könnte, würde dich das beeindrucken.«
    »Du beeindruckst mich auch so schon«, erwiderte er. »Die Knochen sind mir egal.«
    Paige zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht beeindruckend«, sagte sie.
    Nicholas, der auf der Couch lag, rollte sich auf die Seite, um Paige anzusehen. »Soll das ein Scherz sein?«, fragte er. »Du hast dein Zuhause verlassen, dir einen Job besorgt und in einer Stadt überlebt, über die du rein gar nichts gewusst hast. Himmel, ich hätte das mit achtzehn nicht gekonnt.« Er hielt kurz inne. »Ich weiß noch nicht einmal, ob ich heute dazu in der Lage wäre.«
    »Das musstest du auch nie«, entgegnete Paige leise.
    Nicholas öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, doch dann schwieg er. Er hatte das wirklich nie gemusst … aber er hatte es gewollt .
    Nicholas’ Eltern hatten beide in gewissem Sinne ihre Lebensumstände verändert. So hatte Astrid, die ihren Stammbaum bis zum Plymouth Rock zurückführen konnte, stets versucht, ihre Beziehungen zu den Brahmanen von Boston herunterzuspielen. »Ich weiß gar nicht, warum man immer so ein Aufhebens wegen der Mayflower macht«, hatte sie gesagt. »Himmel noch mal, die Puritaner waren Ausgestoßene , bevor sie hierhergekommen sind.« Sie wuchs inmitten von uraltem Geld auf. Dabei galten ihre Vorbehalte jedoch nicht einem Leben voller Privilegien, sondern den Einschränkungen, die damit verbunden waren. Sie hatte nicht die geringste Absicht, zu jener Art von Frau zu

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