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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Wie ein Engel glitt ich über den sich abkühlenden Bürgersteig. Ich betete, Heilige Jungfrau Maria, du bist gebenedeit unter den Frauen , und ich wiederholte das immer und immer wieder, als würde ich so wieder zu Sinnen kommen.
    Als wir die Kirche erreichten, stand Vater Draher an der großen Marmorstatue der Gottesmutter und wartete auf uns. Ich nahm den Blumenkranz, den Priscilla getragen hatte, und krönte Maria damit. Ich erwartete ein Wunder, und ich beobachtete die ganze Zeit über das Gesicht der Statue in der Hoffnung, die Züge meiner eigenen Mutter darin zu erkennen. Meine Finger streichelten Maria, als ich ihr den Kranz darbot, und ihre blassblaue Wange blieb so kalt und abweisend wie der Hass selbst.
    Calvin holte Priscilla und mich in einem roten Chevy-Cabrio an der Ecke Clinton und Madison ab. Auf dem Beifahrersitz saß eine weitere Person, ein Junge mit dichtem, glattem Haar in Haselnussbraun und lächelnden grünen Augen. Er sprang aus dem Wagen, hielt die Tür auf und verbeugte sich vor Priscilla und mir. »Euer Streitwagen«, sagte er, und das war wohl der Augenblick, in dem ich mich verliebt habe.
    Das Abendessen, zu dem wir eingeladen waren, gestaltete sich als ein Besuch bei Burger King, aber mehr noch als die Tatsache, dass die Jungs für uns bezahlen wollten, überraschte mich die Unmenge an Essen, das sie bestellten, weit mehr, als ich jemals hätte bewältigen können. Jake – so der Name meines Dates – hatte zwei Schokomilchshakes, drei Whopper, ein Chicken Sandwich und eine große Pommes. Calvin bestellte sich sogar noch mehr. Wir aßen im Wagen in einem Autokino, wo der Mond auf der Leinwand zu sitzen schien.
    Priscilla und ich gingen zusammen auf die Toilette. »Und?«, fragte sie. »Was denkst du?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich, und das war die Wahrheit. Jake schien ja ganz in Ordnung zu sein, aber er hatte kaum mehr gesagt als ›Hallo‹.
    »Da siehst du’s«, bemerkte Priscilla. »Das Hexenbrett weiß doch das ein oder andere.«
    »Es hat gesagt, ich würde mit einem Seth ausgehen«, erwiderte ich.
    »Jake, Seth«, sagte Priscilla. »Beide haben vier Buchstaben.«
    Als wir wieder zum Wagen zurückkehrten, war es bereits dunkel geworden. Calvin wartete, bis Priscilla und ich uns gesetzt hatten, dann drückte er den Knopf, der das Wagendach schloss. Calvin drehte sich zu Jake und mir auf dem Rücksitz um, und alles, was ich von ihm sehen konnte, war das Funkeln seiner weißen Zähne. »Macht nichts, was ich nicht auch tun würde«, sagte er und legte den Arm um Priscilla wie einen Schraubstock.
    Ich weiß nicht, welcher Film an jenem Abend lief. Ich klemmte die Hände zwischen die Knie und sah, wie meine Beine zitterten. Ich hörte die Geräusche von Calvin und Priscilla auf dem Vordersitz, Haut an Haut. Einmal spähte ich verstohlen nach vorne, und da war sie, klimperte mit den Augen und flüsterte atemlos, genau wie wir es geübt hatten.
    Jake hielt drei Zoll Abstand von mir. »So, Paige«, sagte er leise, »was machst du für gewöhnlich so?«
    »Nicht das«, platzte ich heraus, und er musste lauthals lachen. Ich rückte weiter von ihm weg und legte meine Wange an die feuchte Fensterscheibe. »Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein«, flüsterte ich.
    Jakes Hand bewegte sich über den Sitz, langsam, sodass ich sie kommen sehen konnte. Ich packte sie, und da erkannte ich, wie sehr ich Unterstützung brauchte.
    Dann begannen wir zu reden, und unsere Stimmen blendeten das Stöhnen und Keuchen auf dem Vordersitz aus. Ich erzählte ihm, ich sei erst vierzehn, dass wir auf eine kirchliche Schule gingen und dass ich erst vor wenigen Stunden die Maikönigin gewesen war. »Komm schon, Baby«, sagte Calvin vorne, und ich hörte einen Reißverschluss.
    »Wie bist du eigentlich an jemanden wie Priscilla geraten?«, fragte Jake, und ich antwortete, das wisse ich nicht. Dann versperrten mir Calvin und Priscilla plötzlich die Sicht auf die Leinwand. Jake rutschte näher ans Fenster heran. »Komm hier rüber«, sagte er und bot mir den Schutz seines Armes an. Er schaute mich an, während ich mich zurücksinken ließ wie ein Beutetier in eine sorgfältig präparierte Falle. »Ist schon okay«, sagte er.
    Ich legte den Kopf an seine Schulter und atmete den kräftigen Geruch von Benzin, Öl und Shampoo ein. Priscilla und Calvin waren laut, ihre verschwitzten Arme und Beine machten Geräusche wie Fürze auf dem Vinyl der Autositze. »Himmel«, sagte Jake schließlich und lehnte sich

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