Und dennoch ist es Liebe
den Füßen, wand sich aus ihrer Hose, und bevor ich mich versah, waren beide nackt. Ich konnte nicht viel von Steven sehen, und das war auch gut so. Ich hätte ihm nie wieder in die Augen schauen können. Aber da waren seine runden Pobacken und die rosa Unterseite seiner Füße, und dieses Mädchen hatte ihm die Beine um den Rücken geschlungen. Mit einer Hand massierte Steven die Brust des Mädchens, die Brustwarze war steif und so rot wie eine Erdbeere, und mit der anderen kramte er im Nachttisch nach einem Kondom. Und dann begann er, sich auf ihr zu bewegen. Gleichzeitig wanderten die Beine des Mädchens immer höher, bis zu seinen Schultern hinauf, und schließlich begannen sie beide zu stöhnen. Das Geräusch floss förmlich um sie herum, akzentuiert vom Knarren des Bettes. Ich war nicht sicher, was ich da sah – die Sicht durch den Lamellenspalt war sehr eingeschränkt –, doch es wirkte wie eine Maschine oder eine mythische Bestie, die kreischte, während sie sich selbst auffraß.
*
Priscillas verrückte Tante aus Boise schickte ihr zum fünfzehnten Geburtstag ein Hexenbrett, und die erste Frage, die wir ihm stellten, war, wer Maikönigin werden würde. Der Mai war der Marienmonat, zumindest hatte man uns das in der Schule gelehrt, und jedes Jahr gab es am ersten Abend des Monats eine Parade. Die Schüler zogen in einer Prozession von der Schule nach Saint Christopher, allen voran die Schulkapelle mit großem Tamtam. Am Ende der Parade liefen die Maikönigin, ausgewählt von Vater Draher höchstpersönlich, und ihr Hofstaat. Die Maikönigin war immer das hübscheste Mädchen aus der achten Klasse, und alle gingen davon aus, dass es dieses Jahr Priscilla sein würde. Als wir also das Hexenbrett befragten, stieß ich es unauffällig in Richtung P , wohl wissend, dass es eh da gelandet wäre.
» P was?«, fragte Priscilla und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Zeiger.
»Lass das«, warnte ich sie. »Sonst funktioniert es nicht. Er muss die Wärme spüren.«
Priscilla rieb sich mit der Schulter die Nase und sagte, das Brett wolle die Frage nicht beantworten. Ich allerdings fragte mich, ob sie nicht eher Angst hatte, schließlich hätte der nächste Buchstabe auch kein R sein können. Dann sagte sie: »Lass uns das Brett fragen, mit wem du ausgehen wirst.«
Seit wir Steven ausspioniert hatten, war Priscilla mit einer wahren Flut von Jungs ausgegangen. Sie hatte sich von ihnen küssen lassen, hatte ihnen erlaubt, ihre Brüste zu berühren, und sie hatte mir gesagt, beim nächsten Mal würde es vielleicht bis zur dritten Stufe kommen. Ich hatte mir angehört, wie sie mir beschrieben hatte, dass Joe Salvatore ihr die Zunge förmlich in den Hals gerammt hatte, und ich fragte mich, warum sie sich immer wieder mit ihm einließ. Erste Stufe, zweite Stufe, dritte Stufe … Das erinnerte mich irgendwie an die Kreuzwegstationen. Jahrelang hatte ich den Kreuzweg jeden Freitag während der Fastenzeit gebetet, und es war jede Woche die gleiche Qual. Erste Station, zweite Station, dritte Station … Ich habe immer im Gebetbuch nach vorne geblättert, um zu sehen, wie lange ich das noch ertragen musste. Ich hatte den Eindruck, dass es für Priscilla im Augenblick genauso war.
» S-E-T-H «, buchstabierte Priscilla. »Du wirst mit Seth ausgehen.« Sie nahm die Finger vom Zeiger und runzelte die Stirn. »Wer zum Teufel ist denn Seth?«, fragte sie.
Es gab keinen Seth an unserer Schule, und weder Priscilla noch ich hatten einen Verwandten, der so hieß. Wir kannten keinen Seth. »Ach, egal«, sagte ich, und das meinte ich auch so.
Am nächsten Tag verkündete Vater Draher in der Schule, dass Paige O’Toole die diesjährige Maikönigin sein würde, und ich wäre fast gestorben. Ich lief knallrot an und fragte mich, warum zum Teufel er mich ausgesucht hatte, wo Priscilla doch so viel hübscher war. Tatsächlich spürte ich, wie sich ihr Blick von hinten in meinen Nacken bohrte, gefolgt von einem Stich mit dem Bleistift zwischen die Schultern. Und ich fragte mich auch, warum sie ausgerechnet jemanden zu Ehren der Muttergottes aussuchten, der selbst keine Mutter hatte.
Priscilla gehörte zum Hofstaat der Maikönigin, was bedeutete, dass sie mit einem blauen Auge davongekommen war. Ich hingegen musste jeden Tag nach dem Unterricht in der Schule bleiben, damit mir das weiße Spitzenkleid angepasst werden konnte, das ich während der Prozession tragen würde. Stundenlang musste ich Schwester Felicite und Schwester
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