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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ich alle Symptome. Ich war schwach und hatte Schüttelfrost, und ich konnte nichts bei mir behalten. Jake brachte mir Blumen, die er am Straßenrand gepflückt hatte, und Skulpturen, die er während der Arbeit aus Draht und alten Coladosen gemacht hatte. »Du siehst furchtbar aus«, sagte er und beugte sich vor, um mich zu küssen.
    »Nicht«, warnte ich ihn. »Du wirst dich noch anstecken.«
    Jake lächelte. »Ich?«, erwiderte er. »Ich bin unverwundbar.«
    Am fünften Morgen, ich fühlte mich noch immer elend, stolperte ich ins Badezimmer, um mich zu übergeben, und ich hörte meinen Vater an der Tür vorbeigehen. Kurz blieb er stehen, dann ging er die Treppe hinunter. Zum ersten Mal seit Tagen schaute ich in den Spiegel, und ich sah das schmale, ausgemergelte Gesicht eines Geists: blasse Wangen, rote Augen und tiefe Falten um die Mundwinkel. Und in diesem Augenblick wusste ich, dass ich schwanger war.
    Da ich also nicht krank war, zwang ich mich in meine Schuluniform und ging in die Küche hinunter. Mein Vater aß Cornflakes und starrte die kahle Wand an, als sei dort etwas, das ich nicht sehen konnte. »Es geht mir schon wieder besser, Dad«, verkündete ich.
    Mein Vater hob den Blick, und ich sah etwas flackern – Erleichterung? –, als er auf den anderen Stuhl deutete. »Iss was«, forderte er mich auf, »sonst wehst du mir noch beim kleinsten Luftzug weg.«
    Ich lächelte, setzte mich und versuchte, den Geruch der Cornflakes auszublenden. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Stimme meines Vaters, die durchdrungen war von den Klängen seines Heimatlandes. Eines Tages, Paige , sagte er immer, nehmen wir dich nach Irland mit. Es ist der einzige Ort auf Gottes weiter Erde, wo die Luft rein wie Kristall ist und die Hügel wie ein grüner Zauberteppich und voller Flüsse, die wie blaue Juwelen funkeln. Ich griff nach den Cornflakes und aß ein paar direkt aus der Schachtel, und ich wusste, dass ich eine Lektion schon gelernt hatte, die mein Vater nie lernen würde: Es gibt kein Zurück – niemals!
    Die Cornflakes schmeckten wie Pappe, und ich starrte meinen Vater an und fragte mich, wie viel er wirklich wusste. Die Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich war seine größte Hoffnung gewesen … Er würde sich so schrecklich schämen.
    Ich ließ die Schule über mich ergehen, bewegte mich wie ein Roboter und machte mir im Unterricht Notizen zu Dingen, die ich gar nicht hörte. Dann schlich ich zu Jake in die Werkstatt. Jake hatte sich gerade über den Motorraum eines Toyotas gebeugt und tauschte die Zündkerzen aus. Als er mich sah, lächelte er und wischte sich die Hände an der Jeans ab. Ich sah mein weiteres Leben in seinen Augen. »Du scheinst dich ja schon wieder besser zu fühlen«, sagte er.
    »Das«, erwiderte ich, »ist so nicht ganz richtig.«
*
    Für eine Abtreibung brauchte ich zwar nicht mehr die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten – ich war ja schon achtzehn –, aber damit mein Vater in keinem Fall erfuhr, was ich getan hatte, beging ich die größte Sünde meines Lebens Hunderte von Meilen von meiner Heimat entfernt. Jake hatte von einer Klinik in Racine, Wisconsin gehört – weit genug weg von Chicago, sodass niemand uns erkennen und Gerüchte verbreiten würde. Wir wollten am frühen Morgen des 3. Juni dorthin fahren, es war ein Dienstag, der früheste Termin, den wir hatten bekommen können. Als Jake mir sagte, dass wir uns bis dahin würden gedulden müssen, hatte ich ihn ungläubig angestarrt. »Wie viele Leute«, flüsterte ich, »gehen denn dorthin?«
    Am härtesten war die Zeit zwischen dem Augenblick, da ich von meiner Schwangerschaft erfahren hatte, und der Fahrt nach Racine. Jake und ich liebten uns auch nicht mehr, so als wollten wir uns bestrafen. Wir gingen jedoch jeden Abend nach draußen, und ich setzte mich zwischen Jakes Beine, und er verschränkte die Hände auf meinem Bauch, als könne er dort wirklich etwas fühlen.
    Am ersten Abend waren Jake und ich mehrere Meilen weit gegangen. »Lass uns heiraten«, sagte er zu mir, nun schon zum zweiten Mal in meinem Leben.
    Aber ich wollte nicht wegen eines Kindes heiraten, selbst wenn Jake und ich womöglich auch so geheiratet hätten. Wir würden dem Kind später die Schuld daran geben, wenn wir uns einmal streiten sollten. Und außerdem wollte ich aufs College gehen. Ich wollte Künstlerin werden, und das sagte ich auch Jake. »Ich bin erst achtzehn«, sagte ich. »Ich kann noch nicht Mutter werden.« Was ich nicht

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