Und der Basilisk weinte (German Edition)
ist Betriebsgeheimnis.»
«Toni von der Sitte?»
«Genau der.»
Wenn Noldi wüsste, mit wem seine Nadine verkehrt, während er einsam in den Bergen weilt und vor Kummer in seinem Chalet vergeht.
«Was grinst du so blöd, Francesco?»
«Wie … was … ich meine … willst du dich nicht setzen? Kaffee?»
«Kaffee schon, bloss nicht aus deiner Thermoskanne. Der ist sicher schon einige Tage alt.»
«Ganz frisch … ich schwörs.»
«Nein, danke. Ich hole mir einen am Automaten. Du kannst inzwischen einen Blick auf meine Notizen werfen, sofern du meine Kralle lesen kannst.»
Ferrari schenkte sich demonstrativ einen aus seinem Thermoskrug ein, trank einen Schluck und verzog das Gesicht. Gut war anders. Definitiv. Mit dem Vorsatz, sich nichts anmerken zu lassen, vertiefte er sich in Nadines Unterlagen.
«Hier, ich habe dir auch einen mitgebracht. Du kannst ja doch nicht zugeben, dass dein Kaffee eine kalte, ungeniessbare Brühe ist.»
«Danke. So schlecht ist er gar nicht.»
Nadine lachte. Irgendwie mochte sie Ferraris Sturheit.
«Also, beginnen wir mit dem Toten. Arnold Gissler war ziemlich intelligent gemäss den Zeugnissen, die wir bei ihm gefunden haben. Immer ganz vorne. Aber letztendlich hat er nichts daraus gemacht.»
«Hat sich Peter schon gemeldet?»
«Der Autopsiebericht liegt …», Nadine schob eine leere Tüte zur Seite, «… hier unter deinen Croissant-Krümeln. Der Tote ist Gissler. Peter konnte einen Vergleich mit seinen Zähnen machen.»
«Mit seinen Zähnen?»
«Ja! Hörst du schlecht oder spielst du jetzt wieder mein Echo? Zurück zu den Zähnen. Die Spurensicherung fand bei Gissler eine Zahnarztrechnung. Anscheinend hatte er ziemlichen Nachholbedarf. Peter liess beim Zahnarzt ein Gipsmodell holen. Das passt perfekt zum Toten, also einwandfrei Gissler.»
«Du meinst mit achtundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit.»
«So in etwa. Ganz klar mit vier Messerstichen umgebracht. Drei davon hätte er überlebt. Doch einer hat voll ins Herz getroffen.»
Der Kommissär blätterte die Unterlagen durch. Wirklich, Arnold Gissler hatte in jeder Schulstufe sehr gute Noten und ein abgeschlossenes Germanistikstudium.
«Lic. phil. Arnold Gissler!», sagte Ferrari anerkennend.
«Ja, nur gearbeitet hat er als Lagerist.»
«Eigenartig. Habt ihr irgendwelche privaten Aufzeichnungen gefunden? Ein Tagebuch vielleicht? Briefe? Ansichtskarten?»
«Nichts. Aber auch wirklich gar nichts. Nur diese Zeugnisse, einen Ordner mit Rechnungen und seine letzte Steuererklärung. Das lag fein säuberlich mit seinen amtlichen Dokumenten in einem Sideboard. Der hatte anscheinend überhaupt kein Privatleben. Keine Anzeichen von Freunden oder von einer Freundin.»
«Wie stehts mit seiner Familie? Eltern, Geschwister?»
«Kein Fotoalbum, keine Briefe, einfach nichts. Toni hat ein wenig nachgeforscht. Vater unbekannt, die Mutter ist vor zwei Jahren gestorben. Gissler war ein Einzelkind.»
«Das ist aber lieb von Toni.»
«Ha, ha! Toni ist eben charmant und hilfsbereit. Wäre da mehr, würde ich es dir zuletzt verraten.»
«So, so. Was ist mit den anderen Mietern?»
«Für die Nachbarn war er der ruhige Mitbewohner, der nie negativ auffiel, sich peinlich genau an die Hausordnung hielt. Zuvorkommend, höflich, fast schon die gute Seele des Hauses. Wenn es im Haus Streit gab, schlichtete er. Die anderen Mieter, bis jetzt konnten nur zwei der drei von den Kollegen befragt werden, dachten, dass er weggefahren sei. Der Mieter in der Dachwohnung, ein Spanier, macht zurzeit Ferien. Dieses Haus ist ein einziges Männerwohnheim!»
«Männerwohnheim?»
«Vier Etagen, vier berufstätige Männer und alle wohnen in Dreizimmerwohnungen. Schon ein wenig ungewöhnlich, dass keine einzige Frau im Haus wohnt.»
«Wem gehört es?»
«Dem Spanier. Er hat an der Güterstrasse einen Lebensmittelladen. Der ist wegen Betriebsferien geschlossen. Also stimmt das mit den Ferien.»
«Hast du auch in der Firma von Gissler nachgefragt?»
«Das gleiche Lied. Sein Chef war voll des Lobes. Er wollte ihn längst zu seinem Stellvertreter befördern. Gissler hatte dankend abgelehnt. Als der Chef sanft Druck ausübte, kündigte er.»
«Wann war das?»
«Vor zwei Jahren. Erst, als der Chef ihm hoch und heilig versprach, das Thema nie mehr auf den Tisch zu bringen, zog er die Kündigung zurück. Interessant ist, dass sein Boss danach den Gedanken verwarf, einen Stellvertreter einzusetzen. In der Folge übernahm Gissler diese Funktion
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