Und der Basilisk weinte (German Edition)
gezankt. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern?»
«Die Devils!»
«Genau hier sind die Fetzen geflogen. Vielleicht sollten wir die Strasse überqueren.»
Was solls, dachte Ferrari. Vielleicht ist es richtig, wenn wir uns zuerst einmal mit dem Anführer unterhalten. Du wirst alt, mein Lieber! Sonst hättest du nicht das Bedürfnis, dich auf den Besuch beim Arzt vorzubereiten. Früher warst du spontaner. Noch ein, zwei Jahre und Nadine übernimmt das Kommando und du läufst wie ein Dackel hinter ihr her.
«Na, was ist jetzt? Richter, Selm oder Stähli?»
«Stähli!», beschloss Ferrari und trottete hinter Nadine her.
8. Kapitel
Die Hitze war unerträglich, vor allem wenn man aus vollklimatisierten Büros kam. Nadine rannte wie eine Wahnsinnige durch die Steinenvorstadt, die warmen Temperaturen schienen ihr nichts auszumachen. Ferrari blickte voller Neid auf die flanierenden Menschen. Jetzt ein kühles Bier trinken oder eine Glace löffeln, Schokolade-Pistache war seine Lieblingskombination. Mmh, das wäre es.
«He, weshalb rennst du wie eine Wahnsinnige durch die Stadt. Ich bin total verschwitzt. Muss das sein? Das Wetter macht mich fix und fertig. Können wir nicht eine kleine Pause einlegen? Ich gebe einen aus.»
«Nun tu nicht so! Bringen wir es hinter uns, dann kannst du dich in deinem Wintergarten in Birsfelden auf die faule Haut legen. Mit Sonne ist wohl nicht mehr viel heute.»
Der Kommissär schaute zum Himmel hoch. Dichte, schwarze Wolken zogen auf. Er legte einen Zahn zu, um von Nadine nicht abgehängt zu werden. Gerbergasse, Rümelinsplatz, Spalenberg, Universität, Petersgraben. Gerade noch rechtzeitig erreichten sie das Spital, bevor sich ein heftiges Sommergewitter über der Stadt entlud.
Ferrari hasste Spitäler. Ein Gefühl von Ohnmacht, von Hilflosigkeit überkam ihn jedes Mal. Und dieser Geruch, unmöglich zu beschreiben. Ganz geschweige von den endlosen langen Gängen. Er hatte sich überwinden müssen, überhaupt mit ins Kantonsspital zu gehen. Philippe Stähli hatte darum gebeten, weil er nicht wollte, dass seine Familie mit der Befragung konfrontiert wurde. Zumindest waren dies Nadines Worte. Manchmal traute er ihr nicht so ganz. Das mit der spontanen Eingebung, zuerst Stähli aufzusuchen, nahm er ihr auch nicht ab. Wie sonst hätte sie vorab bereits einen Termin mit ihm absprechen können? Der Kommissär wich einer jungen Frau aus, die einen Gehwagen mit einer Infusionsflasche vor sich herschob. Es lief ihm kalt über den Rücken. Überall sah er Gebrechen, überall lauerten Krankheiten! Ferrari wischte sich den Schweiss von der Stirn und nahm sich vor, bei einer nächsten Unterhaltung Nadine alleine zu Stähli zu schicken. Oder noch besser, keine Rücksicht auf den Arzt zu nehmen und ihn ins Kommissariat zu zitieren.
«Du hättest die Frau beinahe umgerannt!»
«Quatsch! Sie hätte ja etwas zur Seite gehen können, anstatt provokativ den ganzen Gang für sich einzunehmen.»
In der obersten Etage wurden sie von einer Frau um die dreissig erwartet.
«Frau Kupfer und Herr Ferrari?»
«Ja.»
«Bitte folgen Sie mir. Der Herr Doktor erwartet Sie.»
Philippe Stähli stand am Fenster seines Büros und beobachtete die schwarzen Wolken. Als sie eintraten, drehte er sich um. Ferrari verstand sofort, weshalb Stähli bei den Frauen so gut ankam. Etwa einen Meter achtzig gross, ebenmässiges, leicht gebräuntes Gesicht. Unter seinem weissen Kittel gut sichtbar ein vom Training gestählter Körper.
«Danke, Frau Ebner. Willkommen, Frau Kupfer, Herr Ferrari. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?»
«Guten Tag, Herr Stähli. Ein Mineralwasser wäre nicht schlecht.»
«Und für Sie, Frau Kupfer?»
«Ich schliesse mich an.»
Stähli nickte seiner Mitarbeiterin zu.
«Mir bitte auch eins. Setzen Sie sich doch oder möchten Sie lieber auf den Balkon? Die Gefahr besteht aber, dass wir nass werden trotz des Vordachs.»
«Bleiben wir besser hier. Es ist sehr schwül draussen.»
«Todeswetter.»
«Todeswetter? Ein seltsamer Ausdruck, Herr Stähli.»
«Kein Wetter für alte Leute, Frau Kupfer. Bei solchen Temperaturen sterben ältere Menschen – entschuldigen Sie den Ausdruck – wie die Fliegen. Es gäbe einige Verhaltensregeln, die das verhindern würden. Aber viele Alte sind starrsinnig, schlagen jegliche Warnungen in den Wind und wissen alles besser. Die Quintessenz davon ist, dass sie Schlaganfälle erleiden, zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen und an Herz- und Kreislaufproblemen
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