Und der Basilisk weinte (German Edition)
sterben. Ich hatte vor einigen Minuten ein Gespräch mit dem Leiter eines Altersheims. Deshalb bin ich auf das Thema gekommen.»
«Wie viel sollte man trinken?»
«Jeder Mensch braucht eine andere Menge Flüssigkeit. Wenn es warm ist, steigt der Flüssigkeitsbedarf. Generell wird empfohlen, zwei bis drei Liter Wasser am Tag zu trinken. Ich selbst trinke höchstens einen, ich brauche nicht mehr, um mich wohl zu fühlen. Aber Sie wollen sich mit mir bestimmt nicht über den Flüssigkeitshaushalt beim Menschen unterhalten, Herr Kommissär, oder?»
Ferrari schmunzelte. Stähli gefiel ihm.
«Nein, obwohl mich das Thema interessiert. Zuerst einmal besten Dank, dass Sie uns so spontan empfangen.»
«Ganz so spontan war es nicht. Frau Kupfer hat mir ja die Dringlichkeit der Angelegenheit geschildert. Es ist selbstverständlich … Ich nehme an, Ihr Besuch hängt mit dem Tod von Arnold zusammen, nicht wahr?»
«Sie wissen davon?»
«Morde sprechen sich unter Kollegen schnell herum.»
«Wurden Sie von Peter Strub informiert?»
«Nein. Peter ist ein guter, väterlicher Freund. Einer seiner Assistenten hat mit einer meiner Assistentinnen darüber gesprochen. Und die wiederum erzählte es mir, ohne zu wissen, dass ich Arnold kannte. Sozusagen eine Kettenreaktion.»
Basel ist ein Dorf, dachte der Kommissär. Man kann nichts geheim halten. Und das mit der spontanen Eingebung von Nadine werde ich unter vier Augen noch thematisieren.
«Hatten Sie noch Kontakt zu Arnold Gissler?»
«Nein. Nach diesem unseligen Fall sind wir getrennte Wege gegangen, Frau Kupfer. Wir sahen uns noch an der Uni. Aber wir haben uns … sagen wir gemieden, um nicht weiter mit Beat Fahrners Tod konfrontiert zu werden.»
«Darf ich Ihnen einige Fragen zum Fall Fahrner stellen?»
«Bitte, Herr Kommissär. Deswegen sind Sie ja hier. Noch ein Mineralwasser?»
«Nein danke. Sonst schwitze ich umso mehr.»
«Frau Kupfer?»
«Nein, besten Dank.»
«Ich nehme nicht an, dass Sie zugeben, mit Ihren drei Freunden Beat Fahrner …»
«… umgebracht zu haben?», brachte Stähli den Satz zu Ende. «Sie nehmen richtig an, Herr Kommissär. Wir waren damals gar nicht in der Stadt, sondern in Riehen im Wenkenpark – wie es in den Protokollen steht.»
«Eine andere Antwort habe ich nicht erwartet. Sie haben sich damals sicherlich Gedanken gemacht, wie es zu solch einem grässlichen Verbrechen kommen konnte.»
«Vielleicht ein Unfall?»
«Rein hypothetisch: Es ist Abend, vier junge Leute suchen ein Abenteuer. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch. Zufällig kommt ein anderer junger Mann des Weges, womöglich provoziert er. Es kommt zum Streit. Ein Unfall?»
«So könnte es gewesen sein. Ich glaube nicht, dass die Jungs bewusst darauf aus waren, jemandem an diesem Abend zu töten. Wahrscheinlich sind unglückliche Umstände hinzugekommen. Vielleicht war Alkohol mit im Spiel. Eine unselige Verkettung von Ereignissen. Rein hypothetisch, Frau Kupfer.»
«Was glauben Sie, wie sich die jungen Menschen danach fühlten? Wie konnten sie mit ihrer Tat leben?»
Der Arzt erhob sich und stellte sich ans Fenster.
«Der Regen bringt keine Abkühlung. Ich mag lauwarmen Regen nicht. Er verstärkt nur unnötig die drückende Schwüle. Wenn … wenn die jungen Männer keine Perversen gewesen sind, dann muss es bei ihnen einen Schock ausgelöst haben.»
«Ob sie damit klarkamen?»
«Das ist eine gute Frage. Solch eine Tat, auch wenn es ein Unfall gewesen ist, ein unglücklicher Umstand, der dazu geführt hat … so etwas verfolgt dich das ganze Leben.»
Er drehte sich ruckartig um.
«Die vier sind ohne Strafe davongekommen, wurden nie gefasst. Stimmt doch, Herr Kommissär?»
«Ist das so?»
«Ja, wenn ich richtig informiert bin. Aber vielleicht ist das viel schlimmer, als wenn die Justiz gegriffen hätte. So ist es jedem Einzelnen überlassen, sich selbst zu bestrafen, sich täglich damit auseinanderzusetzen, die Schuld am Tod eines Menschen zu tragen. Ein sinnloses Opfer. Ist ein Mensch stark genug, um daran nicht zu zerbrechen?»
Stähli schien in Gedanken weit entfernt zu sein. Er hatte sich an seinen kleinen Schreibtisch gesetzt. Ferrari hatte erwartet, dass ein Arzt über ein viel grösseres Büro und einen mächtigen Schreibtisch voller Akten verfügte. Hier wirkte alles sehr bescheiden.
«Wie finden diese Menschen in ein normales Leben zurück?»
«Eine … eine gute Frage. Sie können das Geschehene nicht rückgängig machen, Herr Kommissär. Sie können
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