und der Geisterzug
gefallen. Du konntest dich nicht abstützen und bist auf spitzen Steinen gelandet. Ich werde dir einen Verband anlegen, und du wirst dich in den nächsten Tagen nicht sportlich betätigen.«
»Ach, es tut schon gar nicht mehr weh«, sagte Peter und unterdrückte einen Aufschrei, als der Arzt die Kniescheibe abtastete.
Dr. Long schmierte vorsichtig eine Salbe auf das Knie und verband es. Dann schloss er den Koffer und stand auf.
Justus hatte ihn stumm beobachtet. Jetzt fragte er rasch: »Ich glaube, ich habe Sie schon einmal gesehen, Dr. Long. Waren Sie nicht heute im Zug?«
Dr. Long blickte ihn ohne merkliche Überraschung an. »Nein. Ich vertrage das Zugfahren nicht. Ich habe ein Auto.«
»Ach, dann war es sicher ein Irrtum«, sagte Justus. »Entschuldigen Sie, Sir.« Er wartete, bis Dr. Long sich zum Gehen wandte. »Darf ich Sie noch etwas fragen? Warum wird der Seitentunnel Chinesentunnel genannt?«
Der Arzt drehte sich um. Auch diese Frage schien ihn nicht zu überraschen. »Am 5.September 1904 gab es dort eine Explosion, und der Tunnel stürzte ein, gerade als ein Zug hindurchfuhr. Zwanzig chinesische Gleisarbeiter, die im Tunnel beschäftigt waren, kamen ums Leben, ebenso wie die Zugmannschaft und der einzige Fahrgast – der Sohn des Stadtgründers Reginald Harrow. Als Harrow vom Tod seines Sohnes erfuhr, erlitt er einen Schlaganfall und starb wenige Tage später. Ursprünglich wurde der Tunnel ›Harrows Ende‹ genannt, aber in den Fünfzigerjahren setzte sich der Name ›Chinesentunnel‹ durch.« Er wandte sich zur Tür. »Geht nicht noch einmal in diesen Tunnel, junge Detektive. Ihr seid dort in großer Gefahr.«
»Warten Sie!«, rief Justus. »Woher –«
Dr. Long ging hinaus und schloss sacht die Tür hinter sich.
Dinner für acht
Bob sprang auf und stellte sich ans Fenster. Nach einigen Sekunden sagte er: »Er geht weg – zum Bahnhof. Justus! Ist er das?«
»Möglich«, sagte Justus. »Den Mann am Zug habe ich ja nur kurz gesehen, und er trug eine Sonnenbrille. Aber wir können nicht ausschließen, dass es Dr. Long war – auch wenn er es leugnet.«
In diesem Moment hallte der Schlag eines Gongs durch das Haus.
»Ich vermute, das ist der Ruf zum Essen«, sagte Bob. »Los, Leute. Gönnen wir uns eine kleine Pause.«
Sie gingen nach unten, öffneten probeweise eine Tür und fanden ein gemütliches Esszimmer, in dem ein großer Tisch für neun Personen gedeckt war. Jasper, die braune Dogge, lag auf einem bunten Teppich vor dem Kamin. Er hob den Kopf, schob sich dann auf seine langen Beine und begrüßte die drei ??? schwanzwedelnd. Sie streichelten ihn und setzten sich an den Tisch.
»Neun Personen«, sagte Justus. »Drei Kingsleys, wir, und wer noch?«
»Ach nein«, sagte eine Mädchenstimme hinter ihnen. »Können die Meisterdetektive das nicht erraten?«
Sie drehten sich um. Das Mädchen stand an der Tür. Sie war etwa so alt wie die drei Jungen, trug ein weites kariertes Männerhemd und alte Jeans. Ihre braunen Haare waren glatt und schulterlang, und sie hatte ein nettes Gesicht, wirkte aber abweisend.
»Hallo«, begrüßte Bob sie. »Du bist Sue Kingsley, richtig?«
» Susan Kingsley.« Sie schnipste mit den Fingern, und Jasper trottete sofort zu ihr. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging hinaus. Jasper folgte ihr.
»Und herzlich willkommen in Harrowville, liebe Detektive, schön, dass ihr uns aus der Klemme helfen wollt«, intonierte Bob. »Menschenskind! Ich komme mir ja allmählich wie ein Aussätziger vor!«
»Ach, kümmere dich nicht darum«, sagte Justus. »Mit Fred kommen wir doch jetzt gut aus.«
»Ja, aber müssen die Leute hier alle erst niedergeschlagen und ins Klo gesperrt werden, bevor sie mal freundlich werden? Wir haben denen doch wirklich nichts getan!«
»Mir reicht’s auch«, sagte Peter. »Ich bin dafür, wir vergessen unseren Fall, besichtigen das Museum und fahren wieder nach Hause.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Justus. »Hier ist etwas Merkwürdiges im Gange, und wir werden herausfinden, was es ist!«
In diesem Moment kam Mr Kingsley mit einer Schüssel Kartoffeln herein und stellte sie auf den Tisch. »Alles in Ordnung mit euch? Das war ja nun nicht die Ankunft, die ihr euch vorgestellt hattet, oder?«
»Langweilig war es jedenfalls nicht, Sir«, gab Justus zurück.
»Ach, ihr braucht mich nicht Sir zu nennen. Wie geht es deinem Knie, Peter?«
»Ganz gut, Sir – Mr Kingsley, danke. Es tut schon nicht mehr weh.« Ganz überrascht
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