und der Geisterzug
suchen.« Er überlegte rasch und entschied sich, die Geschichte mit der Wachsfigur nicht zu erwähnen, bevor er mit Carl gesprochen hatte. »Bei unseren Ermittlungsarbeiten fanden wir die Fetzen eines Transparentes und sammelten sie ein, bis wir plötzlich feststellen mussten, dass der Zug sich ohne uns in Bewegung setzte. Peter lief dem Zug nach, konnte ihn aber nicht mehr erreichen. Daher entschlossen wir uns, dem Tunnelverlauf zu folgen. Durch ein Versehen verließen wir den Haupttunnel und –« Er hielt irritiert inne. Mr und Mrs Kingsley und Sam starrten ihn an, Fred grinste breit, und Sue musste sich deutlich beherrschen, um nicht loszukichern.
»Herrgott!« sagte Sam. »Redest du immer so geschwollen?«
»Ich gebe mir Mühe, mich präzise auszudrücken«, sagte Justus würdevoll. Er erzählte nun von der Wanderung durch den Chinesentunnel, von der Mauer, den unheimlichen Geräuschen und dem Nebel. Von dem Loch in der Mauer und den unheimlichen Augen dahinter sagte er jedoch kein Wort. Alle hörten aufmerksam zu, aber den drei ??? entging nicht, dass die anderen häufig Blicke wechselten, als verständigten sie sich wortlos über etwas, das nur ihnen bekannt war. So etwas hatte Justus schon immer geärgert, und daher legte er los, sobald er mit seiner Erzählung fertig war.
»Wir haben nun einige Fragen, deren Beantwortung unsere Ermittlungen erleichtern würden. Wer könnte ein Motiv haben, Fred niederzuschlagen und einzusperren? Was bedeutet das chinesische Schriftzeichen auf dem Transparent? Zumindest Mr Sheehan und vermutlich auch Mr Reilly –«
»Wer?«, sagte Sam. »Nenn mich bitte Sam, sonst muss ich mich jedes Mal umdrehen und nachsehen, wen du mit ›Mr Reilly‹ meinst.«
»– Sam scheint es ja bekannt zu sein. Welche Rolle spielen die Chinesen in der Stadt? Warum wurde das Eisenbahnmuseum planmäßig sabotiert und ruiniert? Genauer gesagt: was geht hier in Harrowville eigentlich vor?«
Die Erben der Eisenbahn
Danach herrschte erst einmal allgemeines Schweigen. Mr und Mrs Kingsley sahen verblüfft aus. Sam lehnte sich mit ausdruckslosem Gesicht zurück. Sue starrte Justus an. Fred dagegen grinste unverhohlen.
»Siehst du!« sagte er zu Sam. »Sie sind wirklich Detektive! Wie ich’s dir gesagt habe!«
Sam runzelte die Stirn und machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand, sagte aber nichts.
»Also gut«, sagte Mr Kingsley langsam. »Ich bin zwar der Meinung, dass das hier nichts für euch ist, aber es kann ja nicht schaden, wenn ich es euch erzähle. Was hier in Harrowville vorgeht, lässt sich ganz einfach sagen. Frank Campbell ist dabei, das gesamte Gelände rings um den Bahnhof aufzukaufen. Und er scheut dabei nicht vor schmutzigen Methoden zurück. Allerdings können wir ihm nichts nachweisen, da er natürlich nicht selbst herumschleicht und Brände legt, Leute bedroht oder dergleichen. Aber wenn die Betroffenen vom ständigen Kampf und von der Angst zermürbt sind, bietet er ihnen einen Preis für ihr Unternehmen. Und da der Preis meistens nicht einmal schlecht ist, gehen viele darauf ein. Sobald sie verkauft haben, hören die Bedrohungen schlagartig auf. Manche Leute, die von Campbell aus dem Geschäft gedrängt wurden, arbeiten nachher sogar für ihn, weil er gut bezahlt und auch recht gut für seine Angestellten sorgt.«
»Also eine ganz besondere Art von Schutzgelderpressung«, folgerte Justus.
Mr Kingsley nickte. »Auf diese Weise hat er fast alle Geschäfte rings um den Bahnhof in die Hand bekommen. Ab Dienstag hat er dann auch mein Museum.«
»Und ab Mittwoch arbeitest du für ihn«, sagte Susan so verächtlich, dass die drei ??? zusammenzuckten.
»Sue!«, sagte Mrs Kingsley scharf. »So redest du nicht mit deinem Vater!«
»Ist doch wahr! Der Kerl hat die ganze verdammte Stadt gekauft!«
Mr Kingsley sah nicht zornig aus. Er schaute seine Tochter an und sagte ruhig: »Geh nach oben. Wir unterhalten uns nachher darüber.«
Wütend stieß Sue den Stuhl zurück, stand auf und ging hinaus.
Als sei überhaupt nichts geschehen, sagte Mr Kingsley: »Wenn Campbell das Museum hat, wird er das ganze Gebiet rings um den Bahnhof planieren und einen riesigen Vergnügungspark bauen. Seit der Kupfertransport aufgegeben wurde, ist Harrowville ja praktisch tot. Wenn ihr euch in der Stadt umseht, werdet ihr jede Menge leerstehender Häuser und Geschäfte finden. Es gibt kaum Arbeit – es sei denn, man arbeitet für Campbell oder für die Chinesen drüben in der Chan Valley Road –,
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