...und der grüne See (German Edition)
Wenn
ihr wüsstet, was man alles damit anstellen kann.“
„Will ich aber nicht!“, erwiderte Rüstem und rutschte nase-
rümpfend auf der Bank ein Stück weiter.
„Vergiss nicht, Moana“, warnte ihre Schwester, „dass wir
keinerlei Rezepte preisgeben dürfen.“
„Ja, ja, ist ja gut!“ Enttäuscht schloss sie die Tüten wieder.
Rüstem schüttelte verständnislos den Kopf.
„Keine Panik, ich will das bestimmt nicht näher wissen.
Wo wollt ihr eigentlich das ganze Zeug aufbewahren? Doch
wohl nicht in eurem Zimmer?“
Die Zwillinge schauten sich nur grinsend an.
„Oh, nein!“ Panik kam in ihm auf. „Es wird stinken wie
im sibirischen Wanderzoo und der Gestank wird sich weiter
ausbreiten.“
Moana winkte ab. „Quatsch!“
„Denny und ich wohnen direkt neben euch. Könnt ihr euch
das nicht noch einmal überlegen?“
„Vielleicht hat Agatha noch ein wenig Platz dafür“, dachte
Mian laut nach.
Rüstems Gesichtszüge hellten langsam auf.
„Superidee! Ich werd` sie heute Abend für euch fragen, ja?“
Und wieder ging die Tür. Denny sah Mike Hesken langsam
hereinschleichen und sich umschauen.
Erleichtert entdeckte er seine Baumgenossen. Müde und
erschöpft bewegte er sich auf sie zu. Denny und die anderen
rückten schnell auf. Nur Waldemar und der Zwerg ließen
sich weiterhin durch nichts stören und führten gerade eine
Diskussion über den Bergbau mit Sgönaunkenwerkzeug und
-technik.
„Mann, Alter“, wunderte sich Rüstem, „du siehst ja total
abgegrätscht aus!“
Ausgelaugt ließ Mike sich neben Juli auf die Bank fallen.
„Hat jemand was zu essen für mich?“
Juli reichte ihm ihr halbes Schnitzel, das sie von ihrem
Essen zurückgelassen hatte. Wie ein gieriger Wolf, der seit
Tagen keine Beute mehr geschlagen hatte, verschlang er das
Fleischstück innerhalb kurzer Zeit. Alle, mit Ausnahme der
beiden Praxisanleiter, beobachteten stumm und mitfühlend ih-
ren Mitbewohner beim Verzehr seiner wahrscheinlich einzigen
warmen Mahlzeit der letzten drei Tage.
„Waff?“ Kauend und mit vollem Mund blickte Mike fragend
in die Runde, die ihn stumm beobachtete.
„Nun erzähl schon!“, drängte Rüstem. „Wie war`s bei dir?“
Denny gab seinem Freund einen leichten Rempler.
„Nun warte doch erst mal, bis er zu Ende gegessen hat.“
Denny fand wie seine Klassenkameraden, dass Mike doch sehr
mitgenommen aussah und entdeckte an seinem Anzug zerris-
sene Hosenbeine. Die dreckigen Fingernägel ließen Denny nur
erahnen, dass Mike wohl selten die Gelegenheit hatte, sich zu
waschen.
Mike verdrückte den letzten Bissen ohne viel zu kauen und
lehnte sich zurück. „Es war die schlimmste Zeit meines Lebens.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemals zu toppen wäre.
Der hat mich richtig fertiggemacht und die ganze Zeit nur
Blödsinn angestellt. Zum Beispiel hat er die Schweine und Kühe
von einigen Landwirten miteinander vertauscht, die ich dann
wieder zurückbringen durfte. Die Gullideckel hat er des Nachts
in Welling abgenommen. Das Taufwasser in der Kirche hatte er
mit Kohle und Asche vermischt. Und ich rate euch, demnächst
in Welling bloß kein Rosinenbrot zu kaufen. Da sind statt der
Rosinen Hasenköddel drin. Und das alles war nur ein Teil von
dem, was er während der letzten drei Tage angestellt hat.
Und was meint ihr wohl, wer das alles ausbaden und in Ordnung
bringen musste?“
„Du?“, fragte Denny.
„Genau!“ Mike wirkte verbittert und zugleich erschlagen.
„Und das Verrückteste ist, dass mir dieser Waldschrat nach der
Zeit im Kolleg eine Anstellung angeboten hat.“
„Und was hast du daraufhin gesagt?“, wollte Mian betroffen
wissen.
„Also ich musste mich ganz schön zusammenreißen, als ich
ihm sagte, dass ich mich sehr geehrt fühle, ich aber noch nicht
wirklich weiß, was ich werden möchte. Sein Angebot würde ich
dann zu gegebener Zeit genauestens prüfen. Schließlich hatte
der dann noch zu mir gesagt, dass er noch nie so viel Spaß mit
einem Praktikanten wie mir gehabt hätte und dass er ...“ Mike
stockte.„Und dass er was?“, bohrte Moana nach.
„… dass er mich mag“, sagte Mike kleinlaut, was ihm merk
-
lich peinlich war. „Ich habe ihm noch versprochen, dass ich
demnächst mal bei ihm reinschaue, um kurz Hallo zu sagen.“
Rüstem konnte sich das Lachen kaum verkneifen.
„Hast du ein Abschiedsgeschenk erhalten?“
„Ja, einen alten gebrauchten Badeschwamm!“
Denny und Rüstem prusteten los, während Juli und
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