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und der Herr der Loewen

und der Herr der Loewen

Titel: und der Herr der Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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sich zwischen die dicken, spröden Zweige. Stille folgte; eine schwere, drückende Stille, als wären alle Vögel im Wald verstummt, aber niemand kam den Pfad herbei, niemand. Plötzlich hörte sie Schritte, die durch das trockene Gebüsch hinter ihr krachten.
    Nicht auf dem Pfad, sondern hinter ihr. Sie drehte sich um und schrie gellend. Er stand nicht viel mehr als einen Meter von ihr entfernt, die mit erschreckend scharfen Krallen bewehrten Hände zum Töten erhoben, das Gesicht verborgen hinter einer riesigen, abstoßenden Maske aus gelbbraunem Webpelz mit zwei Augenschlitzen, und einer Mähne aus heller Wolle um den Löwenkopf-aber vor allem diese mörderischen Krallen, die ihr im nächsten Augenblick die Kehle zerreißen würden.
    Nicht im Gefängnis - nicht - nicht... überschlugen sich ihre Gedanken. Und dann: Schrei nicht, kämpfe! Kämpfe, verdammt, kämpfe!
    Mit zusammengekniffenen Augen wartete sie und konzentrierte sich nur auf diese
    schrecklichen Klauen. Der Mann trat nun so nahe vor sie, daß sie seinen schweren, keuchenden Atem hinter der Maske hören konnte. Zitternd wappnete sie sich. Die Nerven zum Zerreißen gespannt, sich jedoch völlig auf ihre Verteidigung konzentrierend, schlug sie gezielt nach einer dieser beiden Klauenhände und blockierte sie, während die andere auf ihre Schulter herabfiel und sowohl dort wie auch am Hals das Fleisch aufriß. Der Schmerz war fast unerträglich, aber sie verdrängte ihn und wappnete sich aufs neue jetzt ging es um Leben oder Tod für sie oder für ihn - und trat nach seinem Knie. Er schnappte nach Luft, und in dieser halben Sekunde seines Zögerns peitschte ihre Hand mit hartem Karateschlag in seine Magengrube. Stöhne nd fiel er zurück, stolperte und sackte auf den Boden, während seine linke Klaue auf seinen Magen drückte. Hinter der abscheulichen Maske war ein Würgen zu hören. Sie sah fasziniert zu, als er die Rechte zum Mund hob und mit den Zähnen heftig an dem Handschuh mit den Krallen zog, bis die Hand frei war und unter den tiefen Falten seines dunklen Umhangs fummelte. Mrs. Pollifax stand wie angewurzelt, benommen und blutend, gelähmt vom Anblick dieser einen braunen Hand mit fünf menschlichen Fingern, die aus dem Klauenhandschuh zum Vorschein gekommen war. Sie staunte, daß er sich nach einem solchen Schlag in die Magengrube überhaupt noch bewegen konnte. Nun sah sie, daß er eine Pistole unter dem Umhang hervorholte und zittrig auf sie zielte. Tu was, befahl sie sich, aber sie stand immer noch wie gelähmt. Der Knall eines Schusses riß sie aus ihrer schrecklichen Trance. Er hallte durch den Wald und scheuchte eine Schar Vögel auf, die kreischend davonflogen. Sie spürte nichts. Aber es war kein Wunder, denn jemand anders hatte dem Löwenmann die Pistole aus der Hand geschossen. Aber wer?
    Zwar erleichtert, aber noch immer verwirrt und völlig erschöpft, wandte sie sich um.
    »Moses?« stammelte sie.
    Moses bahnte sich seinen Weg durch das Unterholz und ging auf sie zu. Er blickte flüchtig auf ihre blutige Bluse, ging jedoch weiter zu dem auf dem Boden Liegenden, der sich jetzt verzweifelt abmühte davonzukriechen. Moses blickte flüchtig über die Schulter. »Sie wissen jetzt, wer er ist, nicht wahr?« fragte er sie.
    »Nein«, flüsterte sie. »Nein, wer ist er?«
    »Kommen Sie«, forderte Moses sie auf. »Nehmen sie meine Pistole und richten Sie sie auf ihn. Ich muß erst noch seine Waffe finden und ihm die Maske vom Gesicht reißen.«
    In ihrer Benommenheit wunderte es sie nicht sonderlich, daß es eine 9mm-Makarow war, die er ihr in die Hand drückte. Sie richtete sie auf den Maskierten und beobachtete Moses, der dessen Pistole fand und sie einsteckte. Aber als Moses sich über ihn beugte, schloß sie die Augen und hörte nur, wie er die schreckliche Maske wegriß. Erst dann, als Moses sich bereits aufrichtete, wagte sie einen Blick auf das Gesicht des Mannes, der versucht hatte, sie zu töten. Es war Joseph! »O Gott!« hauchte sie.
    Joseph wandte das schmerzverzerrte Gesicht von ihr ab.
    Moses zog eine Schnur aus der Tasche. »Helfen Sie mir«, forderte er Mrs. Pollifax auf.
    Sie nickte, und als er Joseph ein wenig anhob, konnte sie die Schnur unter ihm
    hindurchziehen. Blut fiel Tropfen um Tropfen von ihrer Schulter auf Josephs Gesicht. Das erschien ihr so wahnsinnig passend, daß sie nicht wußte, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie entschied sich, Moses stumm zuzusehen.
    Sobald Joseph fest verschnürt war, erhob Moses sich

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