Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
nicht runterschluckt. Das ist schon ein paarmal passiert. Sie hat einen schlechten Schluckreflex, es fällt ihr schwer, kleine Dinge wie Pillen hinunterzubekommen. Und bei flüssigen Medikamenten muss sie würgen, weil sie so scheußlich schmecken. Hätte ich sie doch bloß sterilisieren -« Sie sprach den Satz nicht zu Ende und wandte verlegen den Blick ab.
    »Ich weiß, dass viele von den Mädchen im Fordham Center sterilisiert sind. Ich verurteile Sie nicht, Ma'am.«
    »Danke.« Sie wischte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht. »Bitte nennen Sie mich Louise.«
    »Gerne. Setzen Sie sich doch bitte wieder, Louise.« Sie nickte und nahm erneut auf der Couch Platz.
    »Sie wissen also nicht, ob Sarah Sex hatte oder nicht.«
    »Es ist doch offensichtlich, dass sie Sex hatte.«
    Ich versuchte, es so vorsichtig wie möglich auszudrücken. »Mit ihrer Zustimmung, meine ich.«
    »O mein Gott!« Sie sprang wieder auf. »Sie ist vergewaltigt worden?«
    »Louise, lassen Sie uns bei den Fakten bleiben. Das war nur eine Frage. Aus dem Grund muss ich mit ihr sprechen. Und deswegen sollte sie auch möglichst schnell einen Arzt aufsuchen.«
    Sie seufzte, schon wieder ein wenig ruhiger. »Wollen Sie jetzt gleich mit ihr reden?« »Ja, aber nur ganz kurz. Das Wichtigste ist jetzt erst mal, dass sie ins Krankenhaus kommt. Ich kann Sie beide hinfahren, wenn Sie möchten.«
    »Sie sind so nett, Officer Decker.« Wieder traten ihr Tränen in die Augen. »Aber Sie brauchen sich nicht zu bemühen. Ich habe einen Wagen. Was werden sie mit ihr machen?«
    »Ich nehme an, sie werden sie gründlich untersuchen und ihr dann Blut abnehmen, um festzustellen, ob sie wirklich die Mutter ist. Eins nach dem anderen.« Ich zögerte einen Moment. »Louise, das Baby ist gemischtrassig.«
    Sie blinzelte ein paarmal. »Sie ist schwarz?«
    »Kaffeebraun.«
    Louise brauchte eine Weile, bis sie das verdaut hatte. »Danke, dass Sie es mir gesagt haben«, flüsterte sie schließlich. Sie bekam die Worte kaum heraus. »Ich werde sie jetzt holen. Bitte gehen Sie sanft mit ihr um. Auch wenn es vielleicht anders aussieht, aber ich liebe sie sehr.«
    »Daran habe ich keinen Moment gezweifelt, Louise.«
    »Und was das Baby für eine Hautfarbe hat, spielt ja im Grunde keine Rolle«, fügte sie hinzu. »Hauptsache, es ist gesund.«
    »Das ist es.«
    »Das ist das Einzige, was zählt.« Sie zögerte einen Moment. »Ich hole jetzt Sarah.«
    •
    Wie das junge Mädchen hereingeschlichen kam, hätte man meinen können, ihr Kinn wäre an der Brust festgewachsen. Obwohl sie die Augen fest geschlossen hatte, quollen zwischen ihren Wimpern Tränen hervor. Strähnen blonden Haars hingen ihr über die Wangen. Ihre Fingerknöchel waren weiß, die Hände zu Fäusten geballt. Ihr brauner Kittel spannte über den üppigen Brüsten. Louise legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Das wird schon wieder, Sarah. Du brauchst nur mit der netten Polizistin zu sprechen. Und du musst ehrlich sein.«
    Keine Reaktion von Sarah. »Tut dir der Bauch weh, Liebes?«, fragte ich sie.
    Ein leichtes Nicken.
    »Wir werden dich zu einem Doktor bringen, damit das wieder in Ordnung kommt, ja?« Schweigen.
    »Weißt du, warum dir der Bauch wehtut?«, fragte ich weiter. Sie gab mir keine Antwort, aber ich sah, dass sie die Knie zusammenpresste. Ihre rosigen Wangen glänzten tränennass. »Dem Baby geht es gut, Sarah«, sagte ich. »Es ist ein schönes, gesundes Mädchen. Und vielleicht wird dich deine Schwester Louise eines Tages zu ihr bringen.«
    Sie hob den Kopf und sah mich an. Dann ließ sie das Kinn wieder auf die Brust sinken. Louise mischte sich ein. »Sarah, wer hat dir das angetan?« Ich kniff Louise in den Arm. Sie atmete laut aus, schüttelte meine Hand ab und stürmte auf die anderen Seite des Raums. Obwohl ich Sarah auch gern nach ihrem sexuellen Erlebnis gefragt hätte, kannte ich meine Grenzen. Dieses Mädchen brauchte einen Spezialisten. Als Polizistin hatte mich nur eines zu interessieren: ob sie zum Sex gezwungen worden war oder nicht. Im Moment aber gab es Wichtigeres - ihre Gesundheit, die Bestätigung, dass sie die Mutter war, die gesetzlichen Folgen ihres Tuns. Ich beschloss, die Befragung zu verschieben, bis ich die entsprechenden Stellen informiert - und mit Dad gesprochen hatte.
    »Ich glaube, wir sollten sie jetzt ins Krankenhaus bringen. Ich werde meinen Sergeant anrufen, damit sie jemanden hinschicken, der uns dort in Empfang nimmt. Außerdem sollten wir wohl auch dafür

Weitere Kostenlose Bücher