und der Hongkong-Buddha
hat während der letzten zwei Monate ganz bewußt verzerrte Berichte geschickt, mit der Absicht, Carstairs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und in der Hoffnung, Carstairs würde jemanden nach Hongkong schicken, der der Sache auf den Grund geht.«
»Du machst Scherze!« warf Robin dazwischen.
Sie schüttelte den Kopf. »Er wußte sofort, daß ich im Auftrag Carstairs' nach Hongkong gekommen war; zum einen, weil ich nach Sheng Ti fragte, und zum anderen, weil er Bishops Schrift erkannte.«
»Aber weshalb hat...?«
»Ich glaube, Detwiler steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten «, fuhr sie ohne sich unterbrechen zu lassen fort. »Ich konnte zunächst einfach nicht verstehen, weshalb ich nur am ersten Tag von dem Mann mit dem Diplomatenköfferchen beschattet wurde... Inzwischen bin ich überzeugt, Detwiler wollte nur herausfinden, in welchem Hotel ich wohne, und wagte nicht, mich direkt zu fragen - aus Angst, jemand könnte es hören. Der Mann mit dem Diplomatenköfferchen arbeitet für Detwiler. Detwiler war es auch, der den Mann beauftragt hat, gestern nacht in mein Zimmer einzudringen.«
»Aber aus welchem Grund denn?« fragte Robin immer noch ungläubig.
»Um den Buddha zu stehlen, natürlich«, erwiderte sie. »Ich habe viel zu lange gebraucht, bis ich das begriffen habe, denn ich bin immer davon ausgegangen, daß bei FengImports Detwiler die Zügel in der Hand hält. Er mußte den Buddha einfach wieder zurückhaben, und als der Einbruchsversuch mißglückte, blieb ihm nur mehr dieser Anruf heute morgen übrig. Nichts paßte zusammen - bis ich heute nacht anfing, die Teile des Puzzles herumzuschieben, mit ihnen zu jonglieren, sozusagen... Die Tatsache, daß Detwiler zwei Monate nicht zu Hause war, erschien mir unerklärlich..., und dann dieser seltsame Verlauf meines Besuchs bei FengImports ..., dieser dilettantische Einbruchsversuch..., der Umstand, daß er und Inspektor Wi befreundet gewesen waren... In dem Augenblick, als ich Detwiler nicht länger als Verräter betrachtete, paßte mit einem Mal alles zusammen, und ich begriff, in welchen Schwierigkeiten Detwiler steckt: Er wird gefangengehalten bei FengImports in der Dragon Alley.«
»Verdammt! Wollen Sie damit etwa sagen, daß...« setzte Marko an.
Sie nickte. »Wer sonst, als Mr. Feng? Ein kleiner Erpressungsversuch und etwas Druck auf Mr. Detwiler wegen seiner Spionagetätigkeit; dazu die Anwendung von Drogen, um seinen Willen zu schwächen und ihn gefügig zu machen - Sheng Ti war absolut sicher, was die Drogen anbelangt... Es war wichtig, daß Detwiler mir den Buddha ganz offen gegeben hat; quasi als einen Akt der Großzügigkeit getarnt. Aber ich glaube, daß er von Feng später unter Druck gesetzt und gezwungen wurde zuzugeben, was er getan hat. Nun verlangt man von ihm, den Buddha wieder herbeizuschaffen.«
»Du meinst, Mr. Feng verlangt das von ihm«, staunte Robin.
Sie nickte. »Ja... Was wissen wir eigentlich über Mr. Feng?«
»Was wissen Sie von Feng?« präzisierte Marko.
»Eine zwielichtige Figur«, antwortete sie. »Ein Geschäftsmann, dessen Laden als Deckadresse für Detwilers nachrichtendienstliche Aktivitäten benutzt wird. Ein Mann, der auf den ersten Blick den Anschein erweckt, vom Leben gezeichnet zu sein und der scheinbar nur mehr als passiver Zuschauer daran teilhat. Als ich FengImports verließ, hatte ich jedoch diesen Eindruck gründlich revidiert: Ich halte ihn für eiskalt, berechnend und gerissen, und die Art, wie er mich gemustert hat, verriet ungeschminkte Feindseligkeit.«
»Aber daß er mit Terroristen unter einer Decke steckt...«
Mrs. Pollifax zuckte die Achseln. »Wir können uns nur nicht vorstellen weshalb... Aber weshalb eigentlich nicht?«
Robin pfiff durch die Zähne. »Wir müssen unverzüglich alle verfügbaren Informationen über Feng einholen; eine relativ leichte Übung, jetzt, wo wir Kontakt mit dem Sonderdezernat haben... Aber wie paßt der Buddha in das Bild?«
»Sehr gut sogar«, sagte Mrs. Pollifax. »Wenn ich mich in bezug auf Detwiler nicht gewaltig irre, dann ist der Buddha der eigentliche Grund, weshalb er es wagte, sich mit Feng anzulegen und mich in das Hinterzimmer des Ladens zu bitten... Und wenn Feng tatsächlich sein Drogenlieferant ist und ihn unter Druck setzt, dann war dies ein äußerst bravouröser und mutiger Zug von Detwiler. Ich könnte mir vorstellen, daß Detwiler früher ehe er von Drogen abhängig gemacht wurde große Ambitionen hegte. Als ich in seinem Laden auftauchte, hatte er gerade
Weitere Kostenlose Bücher