… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
vollkommener Einheit und unumstößlicher Zusammengehörigkeit spülte über Elizabeth hinweg und wog mehr als alle Liebesbeteuerungen der Welt zusammengenommen. Worte konnten lügen, einlullen und in Sicherheit wiegen. Doch dieses Gefühl war nicht anzweifelbar. Es bedeutete Gewissheit. Verglichen damit waren alle Worte leer und bedeutungslos.
„Gott, Liz.“ Daniel klang tief bewegt. Für zwei Sekunden schlossen sich seine Arme noch einmal fest um sie, dann waren sie auch schon wieder ohne Substanz. „Das ist einfach unbeschreiblich.“
„Ja“, seufzte sie und lehnte sich zurück gegen den Spind. „Das ist es in der Tat.“
Erst jetzt nahm sie wahr, wie düster und stickig es in der Umkleidekabine eigentlich war. Der Raum stank fürchterlich nach Schweiß und Sportsocken und war mit Sicherheit alles andere als der romantische Ort, für den sie ihn gerade noch gehalten hatte. Von draußen drangen Jubel und Freudenschreie zu ihnen herein. Eine der Mannschaften hatte wohl gerade ein Tor erzielt.
„Lass uns zurückgehen“, schlug sie vor, woraufhin Daniel zur Seite trat, um sie vorbei zu lassen.
Hand in Hand gingen sie zu Wood, der wieder auf der regengeschützten Bank platzgenommen hatte und Elizabeth argwöhnisch entgegen sah. „Du strahlst ja förmlich“, sagte er, und als Elizabeth gerade zu einer Erklärung ansetzen wollte: „Bitte! Ich will es gar nicht wissen!“ Mit einem abwehrenden Kopfschütteln blickte er wieder auf das Spielfeld. „Das ist einzig und allein eure Angelegenheit.“
Daniel lachte laut auf. „Wie ich gesagt habe: neidisch!“
„Also ohne in die Details zu gehen“, sagte Elizabeth augenrollend und setzte sich neben Wood. „Bei Sonnenauf- und –untergang, für die wenigen Minuten, wenn die Sonne den Horizont berührt, hat Danny so etwas wie einen soliden Körper.“
„Tatsächlich?“ Das hatte nun doch Woods Interesse geweckt. „Heißt das, er wird sichtbar?“
„Nein, nur, äh … greifbar.“
„Man kann ihn anfassen? Kann er dann auch Gegenstände heben, sodass es aussieht, als würden sie in der Luft schweben?“
Elizabeth wechselte mit Daniel einen verblüfften Blick. „Um ehrlich zu sein, keine Ahnung. Er war bisher immer anderweitig beschäftig.“
„Verstehe“, brummte Wood. „Glaube ich.“
„Also, da meinem Partner das Thema offensichtlich unangenehm ist“, schaltete sich Daniel in das Gespräch ein, „was ist eigentlich mit der Spur, die er gestern angekündigt hat?“
„Ja genau, du hast gestern von einer neuen Spur gesprochen, Tony?“
„Richtig.“ Wood räusperte sich und schob seine Hände in die Jackentaschen. „Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es tatsächlich eine Spur ist, aber interessant ist es allemal.“
„Wir sind ganz Ohr“, sagte Daniel, sah dabei jedoch mit verschränkten Armen seiner Mannschaft bei einem Elfmeter zu.
„Wie ihr wisst“, begann Wood, und er klang dabei überaus amtlich, „bin ich die Polizeiakten auf der Suche nach ähnlichen Mordserien in Großbritannien durchgegangen. Und da diese zehn Bhowanee-Dolche 1955 aus dem British-Museum gestohlen wurden, habe ich die Aufzeichnungen bis zurück in dieses Jahr durchforstet.“ Elizabeth hörte ihm nickend zu und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. „Nun, im Jahr 1957 gab es eine Mordserie, bei der innerhalb von sieben Monaten neun junge Männer ermordet wurden.“
Daniel drehte sich zu seinem Freund um. „Wie wurden sie getötet?“
Ganz, als ob Wood ihn gehört hätte, fuhr dieser fort: „Auch ihnen wurde in die Brust gestochen, allerdings erst, nachdem sie bereits erdrosselt worden waren. Das Interessante ist, dass Art, Größe und Platzierung der Brustwunden mit denen der heutigen Mordserie übereinstimmen.“
„Aber sie waren nicht die Todesursache?“, vergewisserte sich Elizabeth.
„Nein. Todesursache war in allen neun Fällen Strangulation.“
Elizabeth blickte zu Daniel auf. Ihm war anzusehen, dass auch er sich keinen Reim darauf machen konnte. „Hat man damals jemanden festgenommen?“, fragte er.
Elizabeth gab die Frage weiter, und Wood antwortete: „Nein, keine Verhaftungen. Aber“, er machte eine gewichtige Pause. „Man hatte einen indischen Kult im Visier. Die Thuggees . Schon mal gehört?“ Elizabeth und Daniel schüttelten beide den Kopf. „Ich habe das mal nachgelesen. Bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts trieben die Thuggees, oder Thugs, ihr Unwesen in Indien, genauer gesagt in Bengalen. Sie waren dafür
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