… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
Elizabeth strich sich nachdenklich durch ihre dunklen Locken. Das alles schien einfach keinen Sinn zu ergeben, und doch hatte sie das sonderbare Gefühl, dass sie etwas Wichtiges übersahen, als ob die Verbindung zwischen den Morden genau vor ihrer Nase läge …
„Tony hatte einen sehr beunruhigenden Gedanken“, sagte Daniel nun. „Er meinte, wenn die Mörder einen Gegenstand mit einem hohen persönlichen Wert mitnehmen, dann deutet das darauf hin, dass sie die Opfer ziemlich gut kannten und somit aus deren näherem Umfeld stammen müssen. Was wiederum deine Theorie von den zufällig ausgewählten Opfern zunichtemachen würde.“
Elizabeth blinzelte verwirrt. „Da hat er nicht unrecht, aber … wann hat Tony das denn gesagt?“
„Wir hatten heute Nacht eine längere Unterredung“, erklärte Daniel wie beiläufig und besah sich dabei eingehend seine Fingernägel.
„Ihr hattet was?“
„Um genau zu sein, er hat geredet, und ich habe getippt.“ Mit einem ärgerlichen Blick sah er auf. „Und übrigens verbindlichsten Dank dafür, dass du die Überraschung verdorben hast.“
„Das … das ist ja fabelhaft“, stammelte Elizabeth, doch dann furchte sie die Stirn. „Habt ihr auch über mich gesprochen?“
Er grinste so breit, dass die Ohren Besuch bekamen „Aber nein, Dornröschen .“
„Super“, murmelte Elizabeth. Anscheinend war sie nun offiziell in die Reihe von Freundinnen eingereiht worden, die von Wood und Daniel mit einem Codenamen aus der Märchenwelt bedacht wurden. Sie erhob sich und riss mit mehr Schwung als nötig das Blatt mit der Zeichnung vom Block.
„Hey!“ Daniel stand ebenfalls auf. „Gleiches Recht für alle. Du redest ja schließlich auch mit deinen Freundinnen über mich.“
„Das ist ja nun wirklich nicht das Gleiche“, brummte sie und wollte die Küche verlassen, doch Daniel erschien vor ihr in der Tür und zwang sie dazu, abrupt stehen zu bleiben, wollte sie nicht einfach durch ihn hindurch marschieren.
„Und was genau ist daran anders?“, hakte er nach.
Ja, was? Dass sie eine Frau war, und Frauen sich nun mal gerne über ihr Liebesleben austauschten? Oder dass Wood sie kannte, Jennifer und Vivian hingegen Daniel nie begegnen würden? Nein, musste Elizabeth sich zu ihrer Schande eingestehen. Der einzige Grund, warum sie so verhalten auf die Neuigkeit reagierte, war der, dass sie, wenn es um Daniel ging, einen äußerst ungesunden Egoismus an den Tag legte. Er war ihr ganz persönliches Wunder, und die unliebsame Wahrheit war, dass sie ihn mit niemand teilen wollte. Noch nicht einmal mit seinem besten Freund.
Der Gedanke erschreckte sie. Seit wann war sie so selbstsüchtig? Sie erkannte sich ja kaum wieder. Natürlich hatte Daniel vollkommen recht. Mit ihren Freundinnen über ihn zu sprechen, war ihr ein echtes Bedürfnis gewesen. Vermutlich wäre sie irgendwann geplatzt, hätte sie ihrem Herzen nicht Luft machen können. Warum sollte das bei ihm anders sein? Und verlieh das ihrer absonderlichen Beziehung nicht einen Hauch von Normalität, wenn er neben ihr noch andere Kontakte pflegte? Sie wollten es doch besser machen als Eleonor und Dorian, deren Liebe ein so tragisches Ende genommen hatte.
Also rang sich Elizabeth ein etwas verkrampftes Lächeln ab. „Entschuldige, Danny. Ich freue mich wirklich, dass du einen Weg gefunden hast, mit Tony zu sprechen. Solange ihr nicht … in die Details geht.“
„Hattest du gestern etwa den Eindruck, Tony wäre an den Details interessiert?“
„Nicht wirklich, nein“, gestand sie ihm schulterzuckend zu. „Wie lange habt ihr denn geplaudert?“
„Bis kurz vor halb vier. Tony ist heute bestimmt nicht besonders fit.“
„Ich wette, ihr hattet euch viel zu erzählen.“
„Das darfst du annehmen“, bestätigte Daniel und trat endlich zur Seite, um sie vorbeizulassen.
Wenig später telefonierte Elizabeth mit Sandra Headway, Londons mächtigster Hexe, um sich vorzustellen und ihren Besuch anzukündigen, dann machten sie sich auf den Weg zu Mick.
In Elizabeths Vorstellung war der Hacker ein dicklicher, blasser Junge mit Augenringen und Pickeln gewesen, der in einem miefigen, mit Computern und Bildschirmen vollgestopften Loch lebte und so gut wie nie das Tageslicht zu sehen bekam.
Sie hätte nicht weiter daneben liegen können.
Micks geräumiges Loft war zwar nicht besonders geschmackvoll, dafür aber sehr teuer eingerichtet und mit sämtlichen technischen Spielereien ausgestattet, die man sich nur vorstellen konnte.
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