… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
unter die Decke und kuschelte sich neben ihn. „Kannst du heute Nacht bei mir bleiben?“, fragte sie. „Oder hast du Pläne?“
„Keine Pläne.“ Er legte einen Arm um sie. „Aber wolltest du nicht schlafen?“
„Noch nicht. Ich würde gerne weiter mit dir reden.“ Und dich ansehen. Und dich spüren. Und deine Stimme hören. Und dir einfach nur nah sein.
Er rutsche in eine liegende Position und wandte sich ihr zu. Das gedämpfte Licht der Nachttischlampe sorgte für goldene Tupfen im smaragdgrünen See seiner Augen. Zärtlich kraulte er ihren Nacken. „Worüber willst du reden?“
„Erzähl mir von der Musik.“
Sie redeten die ganze Nacht. Genau genommen redete Daniel, denn Elizabeth gab lediglich Stichworte und hing ansonsten gebannt an seinen Lippen. Er erzählte von Fällen, bei denen er das Gefühl gehabt hatte, etwas Gutes bewirkt zu haben, aber auch von Fällen, bei denen er auf der Verliererseite gestanden hatte. Er berichtete von Streichen, die er seinen Freunden und Kollegen gespielt hatte, oder sie ihm. Er redete über Freundschaften, die verschiedenen Bands, in denen er gespielt hatte, und die besten Auftritte.
Natürlich war es Elizabeth wichtig, was er sagte, aber noch wichtiger war ihr, Daniel dabei zu beobachten. Seine lebhafte Mimik und Gestik, wenn er von etwas erzählte, das ihn begeisterte. Sein schiefes Grinsen, das es noch jedes Mal schaffte, ihr Herz hüpfen zu lassen. Seine tiefen, klaren Augen, die oft beredter waren als seine Worte. Auch sein unglaubliches Talent Leute zu imitieren, kam wiederholt zum Einsatz. Dadurch, dass er immer wieder seine Freunde und Kollegen nachahmte, wirkten seine Erzählungen noch lebendiger und fesselnder.
Sie achtete nicht auf die Zeit und zählte nicht die Minuten, die ihnen blieben, was gut war, denn so konnte sie sich ganz und gar auf Daniel konzentrieren. Doch gleichzeitig war das auch der Grund, warum es sie wie ein Knüppel traf, als er plötzlich sagte: „Jetzt haben wir tatsächlich bis Sonnenaufgang geredet. Hattest du gestern einen Energy Drink, von dem ich nichts mitbekommen habe?“
Entsetzt drehte sich Elizabeth zum Fenster um. Tatsächlich, der Himmel hatte bereits eine blasse graue Farbe. Ihr war die Zeit davon gelaufen, und nun blieben ihr nur noch wenige Minuten.
„Lass uns auf die Terrasse gehen“, sagte sie mit einer Stimme, die in ihren Ohren unnatürlich schrill klang. Hastig schälte sich aus dem Bett und warf den Morgenmantel über.
Sie trat zu Daniel, der bereits an der Balustrade stand und hinüber zur Royal Albert Hall blickte. „Danny?“
Als er sich lächelnd umwandte, hob sie die Hände und legte sie vorsichtig an sein Gesicht, ganz so, wie er es immer bei ihr tat. Ihr Herz, ihr kaum mehr funktionierendes und nur noch provisorisch zusammengehaltenes Herz, pochte bis zum Hals.
„Was?“, fragte Daniel. Er versuchte wieder in ihrem Gesicht zu lesen, doch es gelang ihm nicht, den Ausdruck darauf zu deuten.
Gott, wie verabschiedet man sich von der einen Person, ohne die man sich das Leben nicht mehr vorstellen kann , dachte Elizabeth verzweifelt. Zitternd atmete sie durch. „Danny“, sagte sie mit brechender Stimme. „Die letzten Wochen waren die besten meines Lebens. Ich wünschte …“ Sie rang nach Atem und konnte kaum weiter sprechen. Doch er musste wissen, was sie empfand. „Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit gehabt. Trotzdem bin ich dankbar für jeden einzelnen Augenblick, denn was wir hatten, war etwas ganz Besonderes, etwas, das nur sehr wenigen Menschen vergönnt ist, zu erleben. Wie viele Menschen können schon behaupten, ihre wahre Liebe, ihren Seelenpartner, gefunden zu haben?“
„Liz?“ Seine Augen weiteten sich, als er begriff, dass sie sich von ihm verabschiedete. Er spiegelte ihre Geste und umfasste mit seinen Händen ihr Gesicht. „Liz, um Himmels willen, was redest du da?“
„Ich liebe dich, Daniel Mason.“ Heiße Tränen rannen über Elizabeths Wangen. „Ich liebe dich so sehr, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass wir eine Zukunft haben. Aber dafür muss ich dich jetzt gehen lassen.“
„Was!?“, rief er. „Wieso? Nein! Liz, nein!“ Seine Stimme überschlug sich. In seinen Augen flackerte aufsteigende Panik. „Tu das nicht!“
Die ersten Sonnenstrahlen schlichen sich über den Horizont wie hinterhältige Assassinen und stießen ihre Dolche in Elizabeths Brust.
Daniel wurde solide und schlang die Arme um sie. „Bitte, Liz, bitte. Tu das nicht“,
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