… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
ja. Hier gibt es nämlich keine Kranken, musst du wissen.“
Elizabeth starrte den Schatten auf ihrem Bett verständnislos an. Wo war sie? Und wie war sie hierher gekommen? Die trägen Geröllmassen in ihrem Kopf setzten sich wieder in Bewegung. Das letzte, an das sie sich erinnerte, war, dass ihr Retter sie zum Auto gebracht hatte …
Hatte sie etwa einen Autounfall gehabt? Sie wusste noch, dass sie Riley anrufen wollte, damit er Daniel Entwarnung geben konnte.
Daniel!
Oh nein, wie spät war es? Endlich begannen ihre Gehirnwindungen anzuspringen. Sie betaste ihr Handgelenk, doch ihre Uhr war nicht dort, wo sie sein sollte. Laut Riley war Daniel schon zuvor völlig außer sich vor Sorge gewesen. Sie wollte sich nicht ausmalen, wie es ihm nun erging. Sie brauchte ein Telefon. Sofort.
„Was machst du? Willst du aufstehen?“ Fergie hüpfte von der Bettkante.
„Ich muss dringend telefonieren“, ächzte Elizabeth, während sie ein Bein nach dem anderen auf dem Boden absetzte. Was hatte der Mistkerl ihr nur gespritzt?
Verdutzt hob sie den Kopf und griff an die Stelle, wo die Nadel sie gepikst hatte. Ja genau! Ihr Retter war gar kein Retter gewesen! Sein Handlanger hatte ihr irgendein Betäubungsmittel gespritzt und sie dann hierher gebracht. Aber warum?
„Fergie? Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, aber wir sind hier in einer Klapsmühle, oder?“
„Wir bevorzugen eigentlich den Begriff psychiatrische Klinik.“
„Oh mein Gott“, flüsterte Elizabeth. Wackelig erhob sie sich, verlor fast das Gleichgewicht, fing sich aber wieder und tastete sich bis zur Tür. Natürlich war die verriegelt, auf ihrer Seite gab es noch nicht einmal eine Klinke. Verzweifelt trommelte sie gegen die Tür und schrie: „Hallo? Hören Sie mich? Sie müssen mich raus lassen! Das ist alles nur ein Irrtum, ich gehöre hier überhaupt nicht her! Hallo?“
Vor der Tür ging ein Licht an, das durch eine kleine, vergitterte Scheibe in Elizabeths Zimmer fiel. Sie hörte das schnell näherkommende Quietschen von Gummisohlen.
„Was gibt es denn zu dieser nachtschlafenden Zeit?“, fragte eine gereizte Frauenstimme.
„Bitte, Madam, Sie müssen mich raus lassen“, flehte Elizabeth. „Ich gehöre hier nicht her. Das ist nur ein Missverständnis.“
„Na, das ist ja mal was ganz Neues. Ein Patient, der hier nicht hergehört.“ Das heisere Lachen zeugte von zu vielen Zigaretten. „Leg dich hin und schlaf, Schätzchen. Morgen kannst du dann Dr. Mortimer deine Geschichte erzählen.“
„Nein, bitte, hören Sie doch. Es ist wichtig, dass ich jemanden anrufe. Lebenswichtig!“
„Lass dir was Neues einfallen, Schätzchen, und wir können darüber reden.“
Elizabeth trommelte mit den Fäusten gegen die Tür. „Bitte!“ Ihr Schrei versiegte in einem Wimmern. „Nur ein Anruf. Bitte!“
„Morgen!“, herrschte die Frau sie an. „Und wenn du nicht gleich Ruhe gibst, komme ich mit meiner Freundin Sedativa wieder! Schluss jetzt. Gute Nacht.“
Schluchzend sank Elizabeth an der Tür entlang nach unten. Der Albtraum nahm einfach kein Ende. Im Gegenteil, er wurde immer schlimmer und schimmer.
„Sag mal, wer ist eigentlich Danny?“, wollte ihre Zimmergenossin wissen. Sie saß mit angezogenen Beinen auf ihrem Bett, knabberte an ihrem Daumennagel und wirkte etwas verstört. Das Licht vom Gang schien noch immer durch das kleine Fenster und beleuchtete ihr Gesicht. Fergie war Anfang dreißig und musste einmal sehr hübsch gewesen sein. Sie hatte ähnliche Augen wie Elizabeth, groß und dunkel, doch ihre aschblonden Haare sahen aus, als wären sie mit einem Küchenmesser geschnitten worden. Außerdem war sie sehr dünn, an der Grenze zur Unterernährung, sodass ihr Gesicht eingefallen wirkte und die Augen in tiefen Höhlen lagen.
„Was?“, fragte Elizabeth mit tränenerstickter Stimme.
„Danny? Du hast im Schlaf nach ihm gerufen.“
„Danny ist mein Freund. Und ich werde ihn wohl nie wiedersehen.“ In dem Moment, als sie es aussprach, traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht. Sie konnte niemanden Bescheid geben, und Daniel hatte keinen Schimmer, wo sie steckte. Selbst wenn er jedes einzelne Gebäude in London nach ihr absuchte … bis Sonnenaufgang konnten es nur noch wenige Stunden sein. Das war niemals genug Zeit …
„Warum wirst du ihn nie wiedersehen? Es gibt doch Besuchstage.“
„Er weiß doch nicht, wo ich bin. Aber er braucht mich. Wenn ich bei Sonnenaufgang nicht bei ihm bin und ihm helfe, dann … dann muss er
Weitere Kostenlose Bücher